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Fördergelder Klage gegen Werder Bremen: Vorwurf des Betrugs ist vom Tisch

Sie haben bei der Beantragung von Fördergeldern nicht betrogen: Der 1. Strafsenat hat das Verfahren gegen Werder-Präsident Hubertus Hess-Grunewald und Vereinsmitglied Philipp Mehrtens jetzt eingestellt.
17.03.2023, 18:09 Uhr
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Klage gegen Werder Bremen: Vorwurf des Betrugs ist vom Tisch
Von Frank Büter

Der SV Werder Bremen hat bei der Beantragung von Fördergeldern für seine Leichtathleten nicht betrogen. Nach Staatsanwaltschaft und Generalstaatsanwalt sah in der vergangenen Woche auch der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Bremen keinen Anfangsverdacht und hat den Antrag der Sportstiftung Bremen auf eine gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Die Strafverfahren gegen Philipp Mehrtens aus der Leichtathletik-Abteilung des SV Werder und gegen Werder-Präsident Hubertus Hess-Grunewald wegen Betrugs beziehungsweise wegen versuchten Betrugs sind vom Tisch. "Die Verfahren sind damit endgültig abgeschlossen", bestätigt Peter Lüttringhaus, Pressesprecher und Richter am OLG. Gegen diese Entscheidung sei auch kein Rechtsmittel mehr möglich.

Der Konflikt zwischen Sportstiftung und Werder schwelt seit mehr als vier Jahren. Ende 2018 war bekannt geworden, dass Fördergelder, die der SV Werder für diverse Leichtathleten bei der Sportstiftung beantragt hatte, nicht komplett an die Sportler ausgezahlt worden sind. 22 Anträge waren es insgesamt im Zeitraum von 2014 bis zur ersten Jahreshälfte 2018. In diesen 22 Fällen sind von der Sportstiftung insgesamt etwa 13.000 Euro an Werder Bremen ausgezahlt worden. Entgegen den Statuten der Sportstiftung hatte Werder indes 40 Prozent dieser Summe einbehalten und das Geld unter anderem für Trainerkosten verwendet. Darauf aufmerksam gemacht, fühlte sich die Sportstiftung getäuscht, reichte deshalb Klage ein und brachte den Sachverhalt zur Anzeige.

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Im Strafverfahren habe der für eine Anklageerhebung erforderliche „genügende Anlass“ (so der Gesetzeswortlaut) nicht vorgelegen, urteilten jetzt die drei Berufsrichter des 1. Strafsenats. Die Tatbestandsmerkmale eines Betruges seien nicht erfüllt. Es sei überdies fraglich, ob die Sportstiftung als juristische Person überhaupt getäuscht werden könne. Und schließlich, so der 1. Strafsenat weiter, lasse sich auch nicht feststellen, dass der Stiftung durch das Verhalten des Vereins überhaupt ein Vermögensschaden entstanden ist.

"Ich bin froh, dass der Betrugsvorwurf von einem Gericht endgültig abgewiesen wurde", sagt Philipp Mehrtens. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts bestätige die Rechtsauffassung des SV Werder, betont Hubertus Hess-Grunewald. "Für mich als Präsident ist das Vertrauen der Mitglieder in meine Integrität ein hohes Gut. Ich empfinde es als extrem wichtig, dass der zweifelhaft erhobene Betrugsvorwurf gegen mich und Philipp Mehrtens durch die gerichtlichen Instanzen vom Tisch ist." Auch aufseiten der Sportstiftung wurde die Entscheidung des Strafsenats positiv aufgenommen: "Mit dieser Entscheidung gibt es nur Gewinner", sagt Vorstandsmitglied Lars Figura. Strafrechtlich sei die Sache damit zur Zufriedenheit aller erledigt.

Zwischenzeitlich hatte das OLG noch in einer zweiten Sache entschieden: Es wies auch die Beschwerde der Sportstiftung gegen die Ablehnung einer von ihr beantragten Aussetzung des Zivilverfahrens gegen den SV Werder zurück. In dem Verfahren beim Landgericht Bremen fordert die Sportstiftung die Rückzahlung der eingangs erwähnten Fördersumme in kompletter Höhe. Werder hat bis dato 5.885 Euro an die Stiftung zurückgezahlt. Diese Summe entspricht genau dem Anteil, der die geförderten Leichtathleten nicht erreicht hat, sondern für Trainer ausgegeben wurde. 

Im Rahmen der Güteverhandlung waren auf Anregung des Gerichts Vergleichsmöglichkeiten diskutiert worden. Werder hatte angeboten, eine weitere Teilzahlung zu leisten. "Wir haben immer betont, dass wir zu Kompromissen bereit sind. Dies ist bislang an der starren Haltung der Sportstiftung gescheitert", sagt Präsident Hess-Grunewald. Auf einen solchen Vergleich habe sich die Sportstiftung nicht einlassen können, erklärt indes der Stiftungsvorstand, bestehend aus Peter Gagelmann, Anke Precht und Lars Figura. Der Vorstand habe eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber den Mitteln der Stiftung und müsse als Organ gegenüber dem Kuratorium, der Stiftungsaufsicht und dem Finanzamt Rechenschaft ablegen. „Wir können nicht leichtfertige Kompromisse zum Nachteil der Stiftungsgelder schließen“, heißt es dazu aus dem Vorstand der Sportstiftung. "Ob die bisherige Rückzahlung des SV Werder ausreicht oder nicht, sollen unabhängige Dritte entscheiden."

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Die Akte in diesem Zivilprozess befindet sich nun also wieder beim Landgericht, wo die zuständige Kammer um die Vorsitzende Richterin Annika Hogenkamp an diesem Freitag einen sogenannten Hinweisbeschluss verkündet hat. Dabei handelt es sich um eine Einschätzung der Rechtslage durch die Kammer, auf die beide Parteien noch reagieren können. In diesem zweiseitigen Beschluss hat die Kammer ausgeführt, dass sie aktuell nicht von einer arglistigen Täuschung durch die Beklagtenseite ausgeht. Voraussetzung hierfür wäre, dass der SV Werder vorsätzlich mit unrichtigen Angaben getäuscht hätte. Dies sei von der Klägerseite, also der Sportstiftung, indes nicht nachgewiesen worden, sodass allenfalls von bloßer  Fahrlässigkeit ausgegangen werden könnte. "Und Fahrlässigkeit ist nicht strafbar", sagt Jan Stegemann, Pressesprecher und Vorsitzender Richter am Landgericht. "Wir sehen uns abermals darin bestätigt, dass der Vorwurf der arglistigen Täuschung gegen uns zu Unrecht erhoben wurde", erklärt Hess-Grunewald.

Die Kammer hat in ihrem Beschluss aber auch darauf hingewiesen, dass aufseiten der Sportstiftung trotzdem ein Rückzahlungsanspruch bestehen könnte. Dies wäre dann der Fall, wenn die Fördermittel nicht zweckbestimmungsgemäß verwendet worden wären. Dies müsste von der Klägerseite aber noch näher dargelegt und bewiesen werden, erläutert Richter Stegemann. "Von unserer Seite haben wir alle Kontoauszüge und Zahlungsvorgänge dargelegt", betont Hess-Grunewald. Nun sei die Sportstiftung in der Pflicht zu belegen, dass die streitigen Beträge nicht ordnungsgemäß an die Athleten ausgezahlt wurden.

Beide Parteien haben jetzt noch einmal vier Wochen Zeit, auf die Hinweise der Kammer zu reagieren und gegebenenfalls weitere Unterlagen einzureichen. Und sollten sich beide Seiten einverstanden erklären, könnte nach Ablauf dieser Frist ohne einen weiteren Verhandlungstermin ein Urteil gefällt und das Verfahren abgeschlossen werden.

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