Seit der Entscheidung der Wirtschaftsbehörde, das beliebte Bayernzelt auf dem Freimarkt von seinem angestammten Platz zu verdrängen und durch den Umzug auf eine andere Fläche deutlich zu verkleinern, kocht es bei den Schaustellern. Sie sind strikt gegen diese Lösung, werden von der Behörde aber nicht gehört. Das ist anders als zu früheren Zeiten, als an den beiden Bremer Schaustellerverbänden niemand vorbeikam, wenn es um Marktfragen ging. Da hat sich offenbar die Macht verschoben, weg von den Verbänden und hin zu einem einzelnen Schausteller, der Familie Renoldi.
Die Renoldis sind es, die den aktuellen Konflikt ausgelöst haben. Sie wollen auf dem Platz des Bayernzeltes für den kommenden Freimarkt eine Festhalle errichten, die sogenannte Königsalm. Mit der Behörde hat es darüber bereits eine Einigung gegeben, der Bescheid ist am Freitag verschickt worden. Das Bayernzelt soll dorthin ausweichen, wo bislang die Almhütte stand. Mit der Folge, dass von den bisher rund 2200 Quadratmetern nur noch die Hälfte übrig bleibt.
In einem Schreiben der Arbeitsgemeinschaft Bremer Märkte, das dem WESER-KURIER vorliegt, wird Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) aufgefordert, seine Entscheidung zu überdenken. „Diese Planung können die Verbände nicht akzeptieren“, heißt es in dem Brief, der direkt an den Senator gerichtet ist, „wir plädieren für eine gerechte, sozial vertretbare und attraktivitätssteigernde Zulassung und Platzierung.“
Der Arbeitsgemeinschaft gehören der Verein der Schausteller und Marktkaufleute und der Bremer Schaustellerverband an. Unstrittig sei, wird in dem Schreiben erklärt, dass die Königsalm höchsten Ansprüchen genüge, das Zelt sollte deshalb zum Freimarkt zugelassen werden. Allerdings für einen anderen Platz, sodass das Bayernzelt dort bleiben könne, wo es seit Jahrzehnten steht. Andernfalls müsse mit weitreichenden Konsequenzen gerechnet werden: „Der neue Betreiber würde durch die Maßnahme in den Ruin getrieben, wenn er unter erheblicher Verkleinerung des Zeltes auf den Platz der Almhütte gestellt würde.“
Neuer Eigentümer ist entsetzt
Das Bayernzelt ist erst im vergangenen Jahr von der Bührmann-Gruppe und der Familie Traber für einen Millionenbetrag an den Bremer Unternehmer Jan Patrick Wolters verkauft worden. Wolters war entsetzt, als er im Mai das erste Mal von den Plänen hörte, sein Zelt umzusetzen und den Umfang drastisch zu reduzieren. „Bremen ist mein Hauptplatz; auf dem Freimarkt muss ich das Geld verdienen, um meine Kredite für den Kauf des Zeltes zu bedienen“, sagte der 36-Jährige dem WESER-KURIER.
Es hätte eine Alternative gegeben: Das Bayernzelt weicht der neuen Königsalm und wird dorthin gestellt, wo bisher das Hansezelt steht. Verhindert haben das die Renoldis. Ihnen gehört auch das Hansezelt, und sie wollen es sich auf dem Freimarkt nicht nehmen lassen. Sollte die Königsalm zugelassen werden, das Hansezelt aber nicht, würde die Bewerbung für die Königsalm zurückgezogen, hat die Familie Renoldi gegenüber der Wirtschaftsbehörde erklärt. Ganz oder gar nicht, heißt das übersetzt.
Nach Einschätzung der Behörde hat der Freimarkt mit der Königsalm einen großen Fang gemacht. Es sei mit Abstand das attraktivste Großzelt aus dem Kreis der Bewerber und auch bundesweit eines der besten Zeltbetriebe dieser Art. Zwar werde über die Zulassung jedes Jahr neu entschieden, die Renoldis hätten auf Befragen aber bereits erklärt, sich mit der Königsalm auch in den nächsten Jahren für den Freimarkt bewerben zu wollen.
Bayernzelt entspricht nicht den Qualitätsanforderungen
So sehr das Wirtschaftsressort von der Königsalm eingenommen ist, so wenig trifft das auf das Bayernzelt zu. Es habe im vergangenen Jahr nicht den Qualitätsanforderungen entsprochen, schreibt die Behörde als Begründung, warum das Zelt nicht am alten Standort und mit der gewohnten Größe zugelassen werden könne. Baulicher Zustand, das Mobiliar, alles sei nicht mehr so, wie es sein sollte. „Auch der Service ist immer schlechter geworden.“ Auf diese Mängel seien die Betreiber mehrfach hingewiesen worden, ohne dass dies zu Veränderungen geführt habe. Immerhin bestehe jetzt die Möglichkeit, das Bayernzelt in einem kleineren Format zuzulassen.
Der Freimarkt wird in jedem Jahr mit dem obligatorischen Fassanstich eröffnet. Bislang geschah das im Bayernzelt. Doch auch damit dürfte es vorbei sein. Nach Angaben der Wirtschaftsbehörde wird es höchstwahrscheinlich die Königssalm sein, die dieses Privileg bekommt.