Alles war Routine – bis Anfang vergangener Woche. Als aus einer Teilsperrung eine Vollsperrung wurde. Und aus einer Baumaßnahme eine Notmaßnahme: Die Arbeiter haben gewusst, dass der Kanal entlang der Weserstrandstraße bei der Bahrsplate kaputt ist. Aber nicht, dass er zwischenzeitlich an einer Stelle eingebrochen war. Mit der Folge, dass die Baustelle jetzt größer ist, länger dauert und mehr kostet als ursprünglich geplant. Und dass eine der Hauptrouten durch Blumenthal nun auf mehreren Hundert Metern zu den ruhigsten Straßen im Stadtteil gehört. Wären die Bagger nicht.
Sie sind an diesem Vormittag zu siebt hinter den Absperrschranken: Fünf Arbeiter kommen von der Tiefbaufirma, zwei von Hansewasser. Seit Wochen tauschen sie sich aus. Und seit Montag der Vorwoche noch häufiger als sonst. An diesem Tag hat Polier Kendy Tietjen den Entscheidern des Abwasserentsorgers mitgeteilt, dass der Schaden am Netz doch größer ist als angenommen – und dass sofort gehandelt werden muss. Busfahrpläne wurden geändert, Umleitungen für Autofahrer ausgeschildert und die Baustellenbaken, die erst die halbe Fahrbahn blockierten, auf voller Straßenbreite aufgestellt.

Die Baustelle bei der Bahrsplate: Mehrere Bagger bereiten den nächsten Abschnitt für die Kanalarbeiten vor.
Arne Schmüser und Bastian Habelmann haben bei der Koordination geholfen. Der eine ist Bereichsleiter bei Hansewasser, der andere Projektleiter. Und beide wollen an diesem Morgen mit Vorarbeiter Tietjen zeigen, wie weit das Tiefbauteam gekommen ist. Und über eine Kanalsanierung sprechen, die anders verläuft als geplant. Eigentlich sollten knapp 300 Meter des Mischwasserkanals so wie immer erneuert werden. Nun musste mehr ausgebaggert werden, weil eine Rohrverbindung beschädigter war, als die Kamerabilder der Kanalbauer bei einer vorangegangenen Kontrolle erahnen ließen.
Habelmann zeigt auf einem Foto, wie es im Inneren einer Leitung aussehen kann, wenn deren Wände so rissig geworden sind wie die 55 Jahre alten Rohre entlang der Weserstrandstraße: Es spritzt, es schäumt, es sprudelt. Das Grundwasser dringt von rechts, von oben und von links in den Kanal – und spült dabei die Erde mit, die eigentlich draußen bleiben soll. Wird sie nämlich weggeschwemmt, sackt der Boden ab. Und unter Umständen auch eine Fahrbahn, die über den Leitungen verläuft. Wie bei der Weserstrandstraße. Und wie in dieser Woche beim Admiral-Brommy-Weg in Burglesum.

Blick in den Kanal entlang des Admiral-Brommy-Weges: Die Hülle ist so rissig, dass Grundwasser eindringt.
Auch dort muss jetzt schnell gehandelt werden. Auch dort kommt der alte Kanal raus und ein neuer rein. Und auch dort ist Habelmann der Projektleiter. An der Weserstrandstraße in Blumenthal gibt es für ihn aber mehr zu tun. Und ist der Kanal streckenweise auch saniert worden, ohne ihn auszubaggern: In Höhe der Kapitän-Dallmann-Straße kamen auf einer Länge von 180 Metern quasi neue Rohre in alte Rohre. Inlinerverfahren nennt Bereichsleiter Schmüser das, der auch von einer Stützstrumpfmethode spricht. Ein Mix aus Synthesefasern und Kunstharz dichtet den Kanal von innen ab.
Bei den etwa 100 Metern, die jetzt gesperrt sind, ging das nicht. Zu viele Risse waren in den Leitungen. Schmüser und Habelmann haben das gewusst. Darum wurde statt der geschlossenen auch die offene Sanierungsmethode gewählt, eben das Ausbaggern. Was sie nicht wussten, war: Dass alles zusammen – Rohrschäden, Versackung und Verkehrsbelastung – ein Stück des Netzes überbelastet haben. Dieser Teil ist inzwischen erneuert. Wie auch der erste Kanalabschnitt im Baustellenbereich. Er wurde dreigeteilt. Ende dieser Woche soll der zweite drankommen.

Managt mehrere Baustellen bei Hansewasser: Bereichsleiter Arne Schmüser.
Vor drei Wochen haben die Arbeiten begonnen – und noch sieben bis acht werden sie dauern, inklusive Vollsperrung. Schätzt Vorarbeiter Tietjen. Er und sein Team sind inzwischen dabei, die ersten rund 30 Meter des ausgehobenen Schachtes mit Sand zu verfüllen. Ein Lastwagen bringt gerade eine weitere Ladung und ein anderer wird mit Erde beladen, die wegsoll. Mehrere Baufahrzeuge sind im Einsatz, um den nächsten Abschnitt vorzubereiten. Wo der Bürgersteig war, ist nur noch grauer Sand. Später muss auch ein Teil der Fahrbahndecke aufgemacht werden.
Bei einem anderen Vorhaben von Hansewasser an der Weserstrandstraße stehen die Arbeiten dagegen noch am Anfang. Wäre nicht der Innendeich bei der Bahrsplate könnten Tietjen und sein Team sie von ihrer Baustelle aus sehen. Auch zwischen dem Deichschart und dem Weserufer südöstlich der Fährstelle muss der Kanal ausgetauscht werden. Der Abwasserentsorger kommt momentan auf drei Projekte im Stadtteil. Und die nächsten sind in Planung. Wird die Weserstrandstraße im August wieder freigegeben, ist einen Monat später ein weiterer Abschnitt der Kreinsloger dran.

Koordiniert die Bauarbeiten an der Weserstrandstraße und am Admiral-Brommy-Weg: Projektleiter Bastian Habelmann.
Und 2026 voraussichtlich die Bürgermeister-Dehnkamp-Straße entlang des Weserufers. Die Arbeiten an einem ersten Abschnitt der Strecke direkt am Wasser sind vor einem Jahr abgeschlossen worden, nun soll es im nächsten an den zweiten gehen. So hat es jedenfalls zuletzt Bereichsleiter Schmüser in Aussicht gestellt. Das Projekt in Rönnebeck ist größer als das an der Bahrsplate. 750 Meter sind fertig, 1,5 Kilometer müssen noch. Bisher hat die dortige Kanalsanierung rund 4,4 Millionen Euro gekostet. Was elfmal so viel ist, wie die die jetzigen Kanalarbeiten an der Weserstrandstraße kosten werden.

Hat das Sagen auf der Baustelle an der Weserstrandstraße: Vorarbeiter Kendy Tietjen.