Auf dem ehemaligen Tanklager-Gelände in Farge sind am Sonntag (9. März) um 14.17 Uhr vier britische 500-Kilo-Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg kontrolliert gesprengt worden. Mitgesprengt wurden auch der Kopf einer weiteren Bombe mit Sprengstoff sowie eine Granate, die bei vorbereitenden Erdarbeiten am Sonnabend entdeckt worden waren.
Aufgrund ihres speziellen Zündsystems und der Positionierung der Bomben war eine Entschärfung nicht möglich, hatte die Polizei im Vorfeld mitgeteilt. "Die Bomben liegen nur wenige Meter auseinander, außerdem waren die Zündsysteme zum Teil deformiert", erklärt Polizeisprecher Nils Matthiesen.
Kampfmittelräumdienst hatte Blindgänger freigelegt
Bereits am Sonnabend hatte der Kampfmittelräumdienst die Blindgänger freigelegt. Vier Gruben wurde laut Matthiesen mit jeweils 50.000-Liter-Wasserkissen und 100 Tonnen Sand präpariert, um die Schäden der Sprengung gering zu halten. Außerdem wurde an einem Loch eine Wand aus mehreren Seecontainern errichtet, um Trümmerteile und die Druckwelle der Explosion von einer benachbarten Wohnbebauung weg in Richtung eines Waldes zu lenken. Mit einer roten Leuchtrakete gab Sprengmeister Thomas Richter das Startsignal für die Sprengung. Vier kurze dumpfe Knaller, eine riesige Wolke aus Sand und Erde – das war's. Um 14.17 Uhr schoss Richter eine grüne Leuchtrakete in den Himmel, das Zeichen dafür, dass die kontrollierte Sprengung beendet war. Laut Polizei-Einsatzleiter Kennet Twachtmann war es "die größte Sprengung seit 1945 in Bremen". Seinen Angaben zufolge wurde über eine Tonne TNT zur Explosion gebracht. Deshalb seien auch umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Bevölkerung ergriffen worden.
Für die Sprengung wurde im Ortsteil Farge-Rekum in einem Radius von einem Kilometer um die Funde seit acht Uhr evakuiert. Rund 2000 Bürger mussten bis 12 Uhr ihre Wohnungen und Häuser verlassen. Die Polizei informierte mit Lautsprecher-Durchsagen. Wo vermutet wurde, dass sich in Häusern noch Bewohner aufhalten, klingelten die Beamten auch an Türen und forderten dazu auf, das Sperrgebiet zu verlassen. An den Ein- und Ausfallstraßen stehen Posten. Autos, die die Sperrzone einfahren wollen, werden angehalten. Rein durfte ab acht Uhr nur, wer Angehörige abholen wollte, und wurde dabei von Polizeistreifen auf Motorrädern begleitet.
An der Kreuzung Farger Straße/Wilhelmshavener Straße steht Marcus Grübner mit zwei Kollegen. "An dieser Kreuzung ist viel los", stellt er fest. "Die Leute kommen seit acht Uhr sukzessive raus." An der Betonstraße macht sich Familie Abt gegen 10.15 Uhr auf. Taschen mit Verpflegung werden im Kofferraum verstaut. Henning Abt, seine Frau und zwei Töchter nutzen die Evakuierung für einen Ausflug. Schon einmal hätten sie eine Räumung wegen einer Bombensprengung auf dem Tanklager-Gelände mitgemacht, erzählt Henning Abt. "Diesmal lief es besser als beim letzten Mal. Damals hieß es um Mitternacht, wir müssten schnell raus. Diesmal wurden wir einige Tage vorher durch Briefe von der Polizei informiert."
Frühzeitige Information der Bürger
Laut Polizeisprecher Niels Matthiesen hatten am Montag über 100 Studenten der Polizei-Hochschule Faltblätter an alle Haushalt verteilt und auch Bürger auf der Straße angesprochen. Außerdem informierte die Polizei über ihre Homepage, Zeitung und Radio sowie soziale Medien.
In der Wilhelm-Brandhorst-Straße steht Lydia Mögenburg gegen 10.30 Uhr im Vorgarten ihres Reihenhauses. Die 70-Jährige, die gehbehindert ist, wartet auf ihre Tochter, die sie abholen wird. Die Evakuierung nutzt sie für einen freudigen Anlass: "Wir fahren zu meinem Sohn nach Schwachhausen und werden dort seinen Geburtstag nachfeiern", erzählt die Seniorin.

Auf dem Foto ist einer der Bombenblindgänger zu sehen, die in Farge gesprengt worden sind.
Ein paar Häuser weiter ist Familie Rohdenburg-Milpacher mit zwei Töchtern und zwei Hunden startklar. "Eigentlich wollten wir erst um 11.30 Uhr losfahren. Doch schon um 8.30 Uhr hat die Polizei an der Tür geklingelt und uns aufgefordert, das Haus sofort zu verlassen", erzählt Tanja Rohdenburg. Ihre Pläne für diesen Tag: "Erst mal zu einem Bäcker in Blumenthal, dann in die Notunterkunft in den Sandwehen und anschließend entweder an die Weser oder mit den Hunden im Wald laufen", sagt Christian Milpacher. In der Oberschule In den Sandwehen ist für Bürger, die nicht bei Verwandten unterkommen können, eine Sammelstelle eingerichtet.
Waldgebiet durchkämmt
Ab 12 Uhr durfte keiner mehr rein in die Sperrzone. In der liegt auch ein Waldgebiet. Um sicherzustellen, dass sich dort keiner aufhält, durchkämmte die Polizei das Gebiet. Auch eine Drohne der Feuerwehr Bremen kam zum Einsatz.

Große Wasserkissen und jede Menge Sand dienten als Sprengschutz. Auch eine Containerwand wurde errichtet, um die Druckwelle und Trümmerteile von einer benachbarten Wohnbebauung wegzulenken.
Sofort nach der erfolgreich durchgeführten Sprengung hob die Polizei die Evakuierung auf, die betroffenen Bewohner konnten in ihre Häuser und Wohnungen zurückkehren. Auch die Buslinie 90 und die Region-S-Bahn, die wegen der Sprengung nicht durch das Sperrgebiet fahren durften, konnten ihren Betrieb wieder aufnehmen. "Die überwiegende Mehrheit der Bürger hat bei der Evakuierung gut mitgespielt", zog Polizeisprecher Matthiesen am Sonntagnachmittag Bilanz. Von eventuellen Schäden außerhalb des Sprengortes war ihm zu dem Zeitpunkt nichts bekannt.
Die Polizei war mit rund 200 Einsatzkräften vor Ort. Unterstützt wurde sie vom Technischen Hilfswerk, der Feuerwehr und dem DRK.