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Blumenthaler Landwirt Glückliche Rinder: Wie Biolandwirtschaft zum Geschäftsmodell wird

Der Blumenthaler Biolandwirt hält um die 100 Angusrinder. Ihr Fleisch vermarktet er direkt an den Kunden. Bei den Bremer Aktionstagen Ökolandbau stellt er nun seinen Betrieb vor.
04.09.2025, 17:45 Uhr
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Von Philipp Tappe

Ullrich Vey ruft mit lauter Stimme die Bullen. Während die Kühe mit ihren Kälbern, die der Landwirt auf einer anderen Weide zuvor gefüttert hatte, schnell gekommen waren, lassen sich die jungen Stiere Zeit. Doch schließlich laufen sie über die nasse Wiese nacheinander auf den Bauern zu. Mal traben sie, mal hüpfen sie. Dabei stoßen sie die für Bullen typischen Schreie aus. Vey hat seine Rinder wie den pawlowschen Hund trainiert. Sie wissen: Wenn er ruft, bekommen sie etwas zu fressen. Und dieses Mal sind es Äpfel.

Auch am kommenden Sonntag, 7. September, wird der Blumenthaler Biolandwirt die Bullen mit Äpfeln füttern. Dabei werden ihm aber Interessierte im Rahmen der 29. Bremer Aktionstage Ökolandbau über die Schulter schauen. Doch zuvor werden Josef Müller und Henrich Klugkist vom Naturwissenschaftlichen Verein zu Bremen von 1864 über die Pflanzen- beziehungsweise Tierwelt im Naturschutzgebiet Eispohl / Sandwehen informieren, wo die Weide der Bullen liegt. "Hier gibt es 214 verschiedene Pflanzenarten. Wenn man hier nicht beweiden würde, würde Wald entstehen – und die Pflanzen würden verschwinden", erklärt Vey.

Natürlich möchte Vey an jenem Tag auch über seinen Betrieb sprechen, den er mit seiner Frau, seinem Sohn und einem Angestellten führt. Er hat ungefähr 100 Angusrinder, die das ganze Jahr über auf verschiedenen Weiden mit einer Fläche von 140 Hektar im Bremer Norden stehen. "Die Kuh hat eine Lieblingstemperatur von fünf Grad Celsius. Dann gibt sie am meisten Milch und setzt das meiste Fleisch an. Sie friert nicht, hat eher ein Problem mit Hitze", sagt Vey. Im Sommer fressen die Tiere das Gras und die Kräuter auf der Wiese, im Winter füttert Vey sie mit Heu und Silage.

Die Mutterkühe kalben jedes Jahr zwischen dem 15. März und 15. April – auf der Weide. "Eigentlich müssen wir nicht helfen, die machen das von selbst", erläutert der Bauer. Die Kälber wachsen bei ihren Müttern auf – die männlichen auf den Hammersbecker Wiesen und die weiblichen in Blumenthal. Zum Ende des Jahres werden sie von ihren Müttern getrennt, damit sich bei den Kühen das Euter zurückbilden kann. Die jungen Bullen und Färsen bekommen dann jeweils eine eigene Weide.

Nach rund zwei bis zweieinhalb Jahren werden die Bullen und Färsen, die nicht für die Zucht bestimmt sind, zu einem Bioschlachter nach Sandstedt gebracht. Aber auch von den Mutterkühen verabschiedet sich Vey nach 13 bis 14 Jahren. "Wir hatten Glück, dass wir einen Schlachter gefunden haben", sagt Vey. Jährlich werden rund 30 Tiere zu 15 Terminen geschlachtet. Der Sandstedter Metzger erhält für seine Arbeit einen Lohn, die Vermarktung übernimmt Vey selbst. Direkt bei ihm können die Kunden Kisten mit Rouladen, Gulasch, Steaks, Hochrippe und Hackfleisch in verschiedenen Mengen vorbestellen. Jeder bekommt dasselbe Sortiment, nur wer möchte, kann noch Suppenfleisch- und knochen kaufen. Die Kunden können ihre Bestellung an einem Stand an Veys Wohnhaus abholen. "Der Kunde hat den Vorteil, dass er den Händler nicht bezahlen muss, und wir, dass wir mehr Wertschöpfung generieren", erklärt Vey. Der Biobauer beliefert aber unter anderem auch Kitas und Restaurants.

"Die Nachfrage ist gestiegen", sagt Vey und begründet das wie folgt: "Junge Familien achten nun darauf, dass die Kinder gesund aufwachsen. Und die Leute wollen regional einkaufen." Damit die Verbraucher Angusrindfleisch von seinem Biohof und nicht konventionelles aus Argentinien kaufen, bietet er Führungen an – auch für Kinder. Seit dem Bestehen nimmt er an den Bremer Aktionstagen Ökolandbau teil, bei denen es dieses Jahr um die regionale Wertschöpfung geht. Also darum, dass Lebensmittel regional erzeugt, verarbeitet und vermarktet werden – wie es bei Veys Biohof der Fall ist.

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Seit 1989 ist der fünf Jahre zuvor gegründete Betrieb zertifiziert biologisch. Damals war Vey einer von zwei Biobauern in Bremen. Das hat sich geändert: 36 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen werden ökologisch bewirtschaftet. Damit ist das kleinste Bundesland Spitze in Deutschland. Das hat Vey zufolge vor allem einen Grund. Die Bremer Bauern bewirtschaften viel Grünland, um zum Beispiel Milchkühe oder Schafe zu halten. Der Umstieg von konventioneller auf ökologische Grünlandwirtschaft sei einfacher als beim Ackerbau. Der Landwirt müsse bei letzterem mehr im Voraus planen, da sie nicht mehr Pflanzen- und Insektenschutzmittel einsetzen dürfen.

Biolandwirtschaft betreibt Vey aus Überzeugung, wie er sagt. Er sagt: "Mein Fleisch kann sich jeder leisten. Es ist eine Frage, wie viel Geld ich für Lebensmittel ausgeben möchte."

Info

Die Führung mit Ullrich Vey findet am Sonntag, 7. September, ab 11 Uhr statt. Treffpunkt ist der Parkplatz des Neurönnebecker TV an der Turnerstraße 111. Anmelden kann man sich per E-Mail an VeyQH@aol.com oder telefonisch, per SMS oder Whatsapp an 01 79 / 107 51 71. Mehr Informationen zu den weiteren Veranstaltungen finden sich auf der Website Bremer Aktionstage Ökolandbau – Verein Sozialökologie. Dort und per E-Mail an info@verein-sozialoekologie.de kann man sich anmelden.

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