Wer den Beruf des Erziehers ergreift, hat eine Jobgarantie und die freie Auswahl unter zahlreichen Stellenangeboten. Trotzdem entscheiden sich nach wie vor relativ wenige junge Menschen für diese Ausbildung. Die Folgen sind bekannt. Kitas suchen händeringend nach Fachkräften, Gruppen können nicht öffnen, Kinder nicht betreut werden. Doch woran liegt das und was muss sich ändern? Rita Haurenherm, Leiterin der beruflichen Schulen für Hauswirtschaft und Sozialpädagogik am Schulzentrum Blumenthal, ist der Überzeugung: Es liegt nicht an der Ausbildung, sondern an der Attraktivität des Berufs.
Und auch Judith Mahlmann, Leiterin der berufsbildenden Inge-Katz-Schule für Sozialpädagogik und Hauswirtschaft in der Neustadt, sagt: "Die Ausbildung ist attraktiv genug. Damit sich junge Menschen dazu entschließen, als Erzieherin oder Erzieher in eine Kindertagesstätte zu gehen und dort auch zu bleiben, müssen die Rahmenbedingungen stimmen." Insbesondere in den Kindertagesstätten fehle es an Berufsaufstiegsmöglichkeiten, die Arbeitsbelastung steige permanent durch fehlende Zweitkräfte und zusätzliche Aufgaben wie beispielsweise die Anleitung von Praktikanten, FSJ-lern und Auszubildenden, hauswirtschaftliche und pflegerische Tätigkeiten.
"Die Erzieher können sich immer weniger auf ihre Kernaufgaben – erziehen, bilden und betreuen – konzentrieren", sagt Haurenherm. Der Plan von Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD), Tageseltern zur Unterstützung in die Kitas zu holen, erhöht den Druck für die Erzieher nach Ansicht der Schulleiterinnen noch zusätzlich. "Denn auch sie müssen qualifiziert werden." Helfen würde es nach ihrer Ansicht, mehr Zweit- und zusätzlich Drittkräfte einzustellen, die den Erziehern bestimmte Aufgaben wie hauswirtschaftliche Tätigkeiten abnehmen.
Die Bezahlung und geringe Flexibilität der Arbeitszeiten in den Kindertagesstätten sei ein weiteres Problem. "Von dem Gehalt eines Erziehers oder einer Erzieherin ist es schwierig, eine Familie zu ernähren. Es gibt vor allem in den Kitas nur wenige Aufstiegsmöglichkeiten", so Mahlmann. Das ist nach Ansicht von Rita Haurenherm auch der Grund, warum viele Erzieherinnen und Erzieher nicht langfristig in dem Beruf oder zumindest nicht in einer Kita bleiben. Sie erläutert: "Das Arbeitsfeld für Erzieherinnen und Erzieher ist groß. Viele entscheiden sich auch von vornherein dafür, lieber mit älteren Kindern oder Jugendlichen zu arbeiten."
Zahlreiche Arbeitsfelder
Neben Kindertagesstätten stehen Erzieherinnen und Erzieher zahlreiche weitere Arbeitsfelder offen. So können sie beispielsweise in Horten, in Ganztagsschulen, in der offenen Kinder- und Jugendarbeit in Freizeitheimen oder auch stationären Einrichtungen wie Kinderdörfern, Kliniken und Wohngruppen tätig sein.
Sowohl die Schule in Blumenthal als auch die in der Neustadt bieten schulische Ausbildungen zum Erzieher – auch in Teilzeit – sowie zu sozialpädagogischen Assistenten an, die in Kitas häufig als Zweitkraft arbeiten. In der Neustadt werden zudem Kinderpfleger ausgebildet. Eine Konkurrenz durch die sogenannte praxisintegrierte Ausbildung (Pia), bei der die Auszubildenden von Anfang an in einer Einrichtung arbeiten und eine Ausbildungsvergütung erhalten, gibt es laut den Schulleiterinnen bedingt. "Als Pia vor fünf Jahren in Bremen eingeführt wurde, hatten wir zunächst weniger Schüler", sagt Rita Haurenherm. Inzwischen sei die Zahl aber wieder gestiegen.
Das liegt ihrer Ansicht nach auch daran, dass Erzieher in der Ausbildung im Zuge der bundesweiten Fachkräfteförderung für das erste und zweite Jahr Aufstiegs-Bafög in Höhe von mindestens 783 Euro monatlich beantragen können. Das Geld muss nicht zurückgezahlt werden – vorausgesetzt, die Schule wird regelmäßig besucht und die Ausbildung abgeschlossen. Die Regelung, dass das Geld ohne Rückzahlung bewilligt wird, gilt seit August 2020. Im dritten Ausbildungsjahr bekommen die Auszubildenden im Anerkennungsjahr ein Gehalt von circa 1600 Euro monatlich. Seit August dieses Jahres haben auch angehende Erzieher, die die Ausbildung in Teilzeit machen, für zwei Jahre Anspruch auf Aufstiegs-Bafög ohne Rückzahlung.
Eine weitere positive Entwicklung erhofft sich Haurenherm vom geplanten Umzug der Schule auf den Bildungscampus in Blumenthal. Die beruflichen Schulen für Hauswirtschaft und Sozialpädagogik werden in das ehemalige Sortiergebäude ziehen und später zusätzlich einen Anbau nutzen. Weil der erst später fertig wird, nutzt die Schule ihre Dependance an der Lüder-Clüver-Straße noch länger. "Unsere Schülerzahl steigt dann am neuen Standort von 600 auf 1000" sagt Haurenherm. Sie hofft, dass dann auch noch mehr angehende Erzieherinnen und Erzieher die Schule besuchen.