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Fahrradhändler und -werkstätten Neue Räder sind Mangelware

Bald beginnt die Fahrradsaison. Die hohe Nachfrage, auch bedingt durch die Corona-Pandemie, führt zu Lieferschwierigkeiten. Bei Händlern und Werkstätten kommt es zum Teil zu langen Wartezeiten.
10.04.2021, 06:00 Uhr
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Von Daniela Schilling

In Kürze, spätestens wenn das Wetter stabil frühlingshaft bleibt, startet die Fahrradsaison. Etwa 78 Millionen Fahrräder werden dann laut Bundesministerium für Verkehr bundesweit auf den Straßen unterwegs sein, Tendenz steigend. Durch die Corona-Pandemie ist das Fahrrad als Verkehrsmittel so beliebt wie zuletzt vor 20 Jahren, denn auf ihm lässt sich leicht Abstand wahren. Außerdem stärkt die Bewegung an der frischen Luft das Immunsystem. Allerdings führt die gestiegene Nachfrage auch zu Problemen, mit denen sich die Fahrradhändler und -werkstätten im Bremer Norden auseinandersetzen müssen.

„Schon letztes Jahr waren fast alle Räder weg“, erklärt Timo Paduch. Der Inhaber von Meyer A. & O. in Blumenthal hofft darauf, dass nach Ende des aktuellen Lockdown wieder Ware vorhanden ist. Wie seine Kollegen in ganz Bremen muss er die Verkaufsräume zurzeit geschlossen halten, die Arbeit in der Werkstatt geht jedoch weiter. Dort führt das Team Reparaturen und Inspektionen aus.

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Allen, die im Frühjahr und Sommer mit dem Rad unterwegs sein möchten, rät Paduch entweder das vorhandene Bike soweit in Schuss zu bringen, dass es die Saison übersteht oder auf die begrenzte Auswahl zurückgreifen, die zur Verfügung steht. „Wir haben noch einige Räder da, allerdings nur Einzelstücke und keine kompletten Kollektionen“, sagt Timo Paduch. Jetzt ein Rad zu bestellen, sei kein Garant dafür, dass man es noch in der Saison bekommt. „Unsere Lieferanten verschieben die Termine immer weiter nach hinten. Wir erwarten Ware bis Oktober. Nachbestellen ist fast unmöglich“. Das gilt laut Padurch für normale Räder wie auch für E-Bikes.

Unter anderem auf Pedelecs, Lastenräder und Sonderanfertigungen ist der Lembike Fahrradservice in Lemwerder spezialisiert. Auch dort kommt es zu Lieferverzögerungen. „Ein E-Bike, das sonst in drei bis vier Tagen da war, braucht jetzt 14 Tage. Teilweise kommen die Räder frühestens im Juni, weil die Lager leer sind“, berichtet Fabian Eilers. Bei den Ersatzteilen komme es darauf an, was gebraucht wird. Motoren und Akkus beispielsweise ließen länger auf sich warten.

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Dass sich die Wartezeiten bei Lembike dennoch in Grenzen halten, liegt unter anderem daran, dass die Radexperten versuchen, ihre Produkte möglichst aus der „Nähe“ zu beziehen. So stammen die Lastenräder aus den Niederlanden und die kenianischen Bambus-Bikes werden in Kiel montiert. Zudem versucht das Lembike-Team in der eigenen Werkstatt die gewohnten Wartezeiten aufrecht zu halten. Eine Woche bis 14 Tage müssen die Kunden laut Zweiradmechaniker Fabian Eilers in der Regel warten. „Ist ein Teil mal nicht lieferbar, kann es allerdings auch länger dauern.“

Kunden des Radstudios Vegesack müssen sich ebenfalls auf Wartezeiten einstellen. „Unsere Liefertermine gehen bis 2022. Teilweise wird sogar schon für 2023 bestellt, ohne dass wir wissen, wie die Räder aussehen“, erklärt Inhaber Jens Reeger. Wie alle Händler ist er auf Hersteller und Lieferanten angewiesen, die wiederum mit mangelndem Nachschub und steigenden Logistikkosten zu kämpfen haben. „Es heißt, die Lieferkette sei unterbrochen und mit einer Stabilisierung sei frühestens 2024 zu rechnen“, so Reeger.

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2020 konnte das Fachgeschäft an der Gerhard-Rohlfs-Straße den Fahrrad-Boom noch für sich nutzen, für die anstehende Saison sieht Jens Reeder jedoch schwarz: „Richtig knallen wird es, wenn es wärmer wird.“ Aus Übersee bestellte Ware kommt seinen Worten nach ohne feste Liefertermine, zum Teil sogar gar nicht. Die Preise gingen teilweise während der laufenden Bestellung in die Höhe. „In dieser Form habe ich das in 30 Jahren noch nicht erlebt“, so Reeger. Einzig bei den individuell in Deutschland gebauten Rädern sieht er noch Spielraum. „Die Hersteller hier sind etwas lieferfähiger als die aus Fernost.“

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Warum die hohe Nachfrage nicht mehr bedient werden kann

Das Fahrrad wird seit Jahren als Verkehrsmittel immer beliebter. 2020 machte der Absatz einen deutlichen Sprung, sodass erstmals seit 2000 wieder mehr als fünf Millionen Räder verkauft wurden. Während andere Branchen mit den durch die Corona-Pandemie bedingten wirtschaftlichen Einbrüchen zu kämpfen haben, profitierte der deutsche Fahrrad- und E-Bike-Markt bisher von der Situation. Durch die Suche nach einem Ausgleich für die eingeschränkten Reisemöglichkeiten und dem Wunsch nach einer infektionssicheren Alltagsmobilität rückten das Fahrrad in den Vordergrund – weit mehr als es Argumente bezüglich des Klimas oder der Gesundheitsförderung bislang konnten. Nun sieht es jedoch so aus, als ob die Krise auch die Fahrradbranche erreicht, denn die anhaltend hohe Nachfrage kann nur noch schwer bedient werden. Hersteller kommen mit der Produktion kaum hinterher, die Lager sind spärlich gefüllt. Schuld sind die unterbrochenen Lieferketten.

Die meisten Bauteile und viele Räder stammen aus Asien. Deren Bestellung und Lieferung wurde im ersten Lockdown von vielen Großhändlern und Herstellern storniert oder verschoben. Dadurch kommt es nun zu Lieferverzögerungen. Auch waren die Produzenten nicht auf eine dauerhaft hohe Nachfrage eingestellt und verfügen nicht über die notwendigen Kapazitäten, um schnell mehr Räder herzustellen. Während 2019 im Schnitt mit vier Monaten Beschaffungszeit kalkuliert wurde, rechnen die Händler inzwischen mit sechs bis zwölf Monaten. Außerdem führen die zu geringen Produktionskapazitäten in Kombination mit erhöhten Frachtkosten dazu, dass Fahrräder und Zubehör seit 2019 bis zu 15 Prozent teurer geworden sind.

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