Nach der Fusion von vier Kirchen werden Reformierte und Lutheraner in Bremen-Nord gemeinsam Gottesdienste feiern - mal in Bockhorn, mal in Farge, mal in Blumenthal. Jeden Sonntag werden jeweils zwei Pfarrer in zwei der vier Kirchen predigen - je nach Standort gemäß der lutherischen oder der reformierten Liturgie. Aber unabhängig davon, welche Konfession der jeweilige Pastor hat: "Beide Traditionen sollen gelebt werden, beide werden nebeneinander existieren und nicht vermischt", betont Wilfried Schröder, selbst Pastor der Martin-Luther-Gemeinde Blumenthal, die mit drei anderen fusioniert und dadurch zur "Evangelischen Kirchengemeinde Bremen-Blumenthal" wird. Begrüßt und genehmigt wurde die Fusion am 24. November von den Delegierten des Bremer Kirchentages.
Die neue Kirchengemeinde entsteht am 1. Januar 2022 durch den Zusammenschluss von zwei reformierten und zwei lutherischen Gemeinden und hat nach derzeitigem Stand rund 6600 Mitglieder. Damit zählt sie künftig zu den mitgliederstärksten Gemeinden Bremens. Die Mitglieder stammen aus der evangelisch-reformierten Gemeinde Blumenthal, der Martin-Luther-Gemeinde Blumenthal, der evangelisch-lutherischen Gemeinde Bockhorn und der evangelisch-reformierten Gemeinde Rönnebeck-Farge.
Zum Vergleich: Früher hatte allein die evangelisch-reformierte Gemeinde Blumenthal rund 7000 Mitglieder. Angesichts von Kirchenaustritten und sinkenden Steuereinnahmen hätten die Gemeinden schon lange auf eine Fusion hingearbeitet, erzählt Pastor Schröder und ergänzt: "Der aktuelle Name ist nicht in Stein gemeißelt, ist aber griffig und bisher nicht kritisiert worden." Die Delegierten des Kirchentages hätten nun einstimmig grünes Licht gegeben und "wertgeschätzt, dass die Gemeinden diesen Weg gehen".
Die vier Blumenthaler Gemeinden arbeiten seit Jahren an den Voraussetzungen für eine Fusion. Nach zahllosen Debatten haben sie sich nun auf eine gemeinsame Gemeindeordnung und den Zusammenschluss geeinigt. "Natürlich gab es Sorgen und Befürchtungen in den Gemeinden, aber wir haben mögliche Neuerungen auf Augenhöhe besprochen und je länger der Prozess andauerte, desto geringer wurden die Einwände", betont Wilfried Schröder. Und schließlich hätten die Gemeindeglieder der Fusion auf den Versammlungen zugestimmt. "Kein Kirchenrat hat den Fusionsvertrag ohne das Votum der Versammlung unterschrieben", betont der Pastor, räumt aber ein: "Es gab auch einzelne Kirchenaustritte."
Die Fusion tritt am 1. Januar 2022 in Kraft, der neue Kirchenvorstand wird aber erst Pfingsten 2022 gewählt. Daher wird es einen "Übergangs-Kirchenvorstand" geben. Die Verantwortlichen hoffen auf möglichst viele aktive Gemeindeglieder, die sich für den Neubeginn stark machen. Das Gemeindebüro befindet sich künftig in der der Martin-Luther-Gemeinde und perspektivisch wird es in der "Evangelische Kirchengemeinde Bremen-Blumenthal" nur noch zwei Pfarrstellen geben. "Wo die Theologen wohnen werden, ist allerdings noch offen", sagt Wilfried Schröder.
Trotz der Mehrheit der Lutheraner werde künftig alles paritätisch beschlossen, betont der 60-Jährige. "Die Reformierten sind gleichberechtigt mit den Lutheranern und alle können ihre Traditionen leben." Bereits jetzt hätten einige Gemeindeglieder die jeweils andere Liturgie als Bereicherung bezeichnet. Schröder: "Fremd ist, was man nicht kennt, aber es es ist bereichernd, andere Traditionen kennenzulernen."
Natürlich schwinge Melancholie bei allem mit. "Es ist ein Abschied vom Gewohnten, aber die Kirchen bleiben erhalten und es gibt Gottesdienste in allen vier Kirchen", so der Theologe. "Wir bleiben eine handlungsfähige Gemeinde und sind nicht wie die Maus vor der Schlange. Wir wissen jetzt, was wir anbieten können und hoffen auf ein lebendiges Gemeindeleben mit gemeinsamen zukunftsträchtigen Strukturen - auch inhaltlich. Diese Chancen überwiegen die Nachtteile. Das haben auch die Gemeindeglieder gesehen. Sie haben uns deshalb ermuntert, diesen Schritt zu gehen."
"Wir haben schon in den letzten Jahrzehnten eng zusammengearbeitet", ergänzt Ulrich Klein, Pastor der evangelisch-reformierten Gemeinde Blumenthal. "In dieser Zeit haben wie uns immer weiter aufeinander zubewegt und sind nun auch diesen Schritt vertrauensvoll gemeinsam gegangen." Notwendig sei er wegen der Veränderungen in der Gesellschaft. Die Kirche stehe aktuell vor besonderen Herausforderungen und sei als "lebendiger Organismus selber im stetigen Wandel". Dabei sei die Ökumene ein wesentlicher Bestandteil. Klein: "Wir bündeln jetzt unsere Kräfte, um gemeinsam für die Menschen tätig zu sein."