Wo ursprünglich ein Ärztehaus entstehen sollte, klafft seit Monaten eine Baulücke – mitten in Blumenthal. Grund: Der Investor Günter Schlagowski ist vor einem Jahr gestorben. Seitdem versuchen die vier Kinder des Verstorbenen, das Bauvorhaben auf dem 900 Quadratmeter großen Grundstück im Sinne des Vaters zu vollenden. "Alleine schaffen wird das aber nicht, denn wir sind alle berufstätig und haben Familie“, erklärt Tochter Dina Lühring aus Stuhr. "Wir sind froh über alle Hinterlassenschaften, um die wir uns nicht mehr kümmern müssen." Daher sucht die Familie nach einem neuen Investor – bis jetzt aber ohne Erfolg.
Ein Manko bei der Vermarktung des Grundstücks sind fehlende Parkplätze. „Die Suche nach einem neuen Investor scheitert vor allem daran„, sagt Dina Lühring. Zwar habe die Familie aktuell keinen Investor in petto, aber: “Wir wissen aus Gesprächen, dass es zu 90 Prozent an den Parkplätzen liegt, denn vor dem Haus sind nur vier und in der Tiefgarage noch mal zehn Parkplätze vorgesehen“, erklärt die 50-Jährige. Zu wenig für ein Ärztehaus. Das sei auch ihrem Vater klar gewesen. Der Bauherr habe daher anfangs Parkplätze auf dem Gelände des alten Blumenthaler Bahnhofs erwogen. Daraus sei aber nichts geworden.
Günter Schlagowski war Diplom-Ingenieur und besaß in Bremen mehrere Bürogebäude. Sein Steckenpferd sei die Energiespartechnik gewesen, sagt seine Tochter, die Versicherungskauffrau ist. In Danzig, von wo er stammte, habe er sogar ein Passiv-Haus-Institut gegründet. Entsprechende Erkenntnisse seien auch in die Planung des Ärztehauses in Blumenthal eingeflossen. Zum Stadtteil habe der verstorbene Bauherr keine besondere Verbindung gehabt.
„Mein Vater hat aus Leidenschaft gebaut, er wollte einfach immer etwas Neues machen.“ Dabei habe er nie auf den Gewinn geschielt, sagt Dina Lühring. Ursprünglich habe Schlagowski für Blumenthal ein Ärzte- und Bürohaus geplant, sei aber dann aufgrund der enormen Resonanz seitens der Ärzte und Therapeuten, eines Apothekers und eines Hörgeräteakustikers auf ein reines Ärztehaus umgeschwenkt.
„Die Bodenplatte und die Rohre für die energiesparende Heizung liegen bereits“ sagt Lühring. Zudem seien sämtliche Planungen bis ins Detail vollendet und die Aufträge bereits vergeben gewesen. Aber statt den Startschuss für den Baubeginn zu geben, müssen die Nachkommen des Investors jetzt zurückrudern. Die Familie überlege deshalb, den Bau des Ärztehauses aufzugeben und nur das Grundstück zu verkaufen.
Die bereits abgeschlossenen Mietverträge hätten einige Ärzte und Therapeuten nur vorbehaltlich gekündigt; in der Hoffnung, dass das Projekt doch noch realisiert werde. Finde sich ein Finanzier, könne das Bauvorhaben auch tatsächlich binnen kürzester Zeit umgesetzt werden, betont die Tochter des verstorbenen Projektentwicklers.
„Wir haben wegen der Stornierungen schon Ausgleichszahlungen tätigen müssen“, sagt Dina Lühring. Allein 5000 Euro habe die Familie zudem pro Monat für die Absperrungen und eine Ampelanlage am Rand des Grundstücks gezahlt. Trotzdem wollen die vier Kinder noch nicht komplett aufgeben. „In seinem Kopf und auf dem Papier stand das Gebäude schon“, betont Lühring. „Die Architekten haben bis zur vorletzten Stufe alles durchgeplant. Man könnte also sofort loslegen.“ Auch die Architekten und der Bauleiter seien noch im Boot und hielten selbst nach einem Investor Ausschau.
Problem mit Parkplätzen
Für den Ankauf des Grundstücks im jetzigen Zustand müsste ein potenzieller Investor 500 000 Euro an die Hinterbliebenen von Günter Schlagowski zahlen. Mögliche Geldgeber hätten bisher zwar den Nutzen des Gebäudes gesehen, aber nicht die gewünschten Erträge, bedauert Lühring. Hinzu komme das Problem mit den Parkplätzen. „Mein Vater hatte daher auch angedacht, die leere Fläche auf der anderen Straßenseite zu kaufen.“
Dabei handelt es sich um den ehemaligen Mitarbeiterparkplatz der Bremer Woll-Kämmerei, der der Stadt Bremen gehört und nur als Einheit verkauft werden sollte. Wegen der enormen Größe des Grundstücks habe Günter Schlagowski daher nicht nur Parkplätze, sondern auch den Bau eines Seniorenwohnanlage in Erwägung gezogen, so Lühring: „Die Stadt war wohl verhandlungsbereit.“
„Am schönsten wäre es natürlich, wenn das Ärztehaus so gebaut würde, wie es sich mein Vater vorgestellt hat. Die notwendigen Kontakte und Mieter hätten wir für den Investor“, sagt die Erbin. Wenn Bremen dann noch einen Teil des großen Grundstücks für Parkplätze veräußern würde, wäre das Projekt gerettet. Dina Lühring: „Dann wäre im Grunde alles klargemacht."
Auf Anfrage bestätigt Andrea Bischoff, Sprecherin der Wirtschaftsförderung, dass Günter Schlagowski in der Vergangenheit bereits Verhandlungen über den Ankauf der 4500 Quadratmeter großen Fläche auf dem früheren Woll-Kämmerei-Gelände geführt hat. „Er wollte dort ein weiteres Dienstleistungszentrum mit Fitness-Center, Schwimmhalle, Reha-Zentrum, Ärzte-Zentrum, Tagespflege, Seniorenhotel, Elektrotankstelle und Car-Sharing-Plätzen errichten – sowie die Parkplätze für das geplante Ärztehaus.“
Bischoff: „Sollte sich ein Investor für das geplante Ärztehaus finden, stehen wir gerne für Verhandlungen zur Verfügung.“ Da die Wirtschaftsförderung, die für die Vermarktung von Grundstücken zuständig ist, seitens der Erben aber noch keine belastbare Anfrage habe, gebe es auch noch keine endgültige Entscheidung über die Fläche.
Setzung Parkplätze und Zufahrten müssen geplant werden
Vorab müssten allerdings „Abstimmungsgespräche“ mit dem Investor, dem Bauamt und der Wirtschaftsförderung geführt werden. Darüber nämlich, wo Parkplätze und Zufahrten auf dem Grundstück des früheren Woll-Kämmerei-Geländes geschaffen werden können, ohne die Vermarktung des Restgrundstücks einzuschränken. Bedeutsam seien auch die Zuwegungen, also die Wegeverbindungen zum geplanten Ärztehaus sowie zu den Stellplätzen, so die Sprecherin der Wirtschaftsförderung. Elementar sind diese Aspekte ihr zufolge insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Planungen des Berufsschulcampus, der ebenfalls auf dieser Fläche gebaut werden soll.
„Ich kann leider keine Parkplätze aus dem Hut zaubern“, sagt Blumenthals Ortsamtsleiter Peter Nowack, der die Stagnation der Bauarbeiten für das Ärztehaus bedauert. Die Wirtschaftsförderung vermarkte den 4500 Quadratmeter großen ehemaligen Parkpatz der Woll-Kämmerei für die Stadt, habe jedoch an sich die Absicht, das Grundstück nur im Ganzen zu veräußern. Da das Ärztehaus mindestens 20 zusätzliche Parkplätze benötige, würden von dem gesamten Grundstück rund 500 Quadratmeter gebraucht, so Nowack. Das Projekt Ärztehaus daran scheitern zu lassen, sei sicher nicht sinnvoll.