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Rönnebecker Hafengrund schwer belastet Giftschlamm aus dem Rönnebecker Hafen gebaggert

Auf dem Grund des Rönnebecker Hafens wurde der giftige Stoff Tributylzinn entdeckt. Deshalb mussten jetzt rund 2500 Kubikmeter Schlick ausgebaggert und zur Kläranlage in Seehausen transportiert werden.
04.12.2020, 07:00 Uhr
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Von Klaus Grunewald

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählt Tributylzinn (TBT) zu den giftigsten Stoffen überhaupt, mit denen der Mensch die Umwelt belastet. Weil das von der Europäischen Union schon 2003 geächtete TBT unlängst auch auf dem Grund des Rönnebecker Hafens entdeckt wurde, mussten jetzt rund 2500 Kubikmeter Schlick ausgebaggert und mit Schuten zur Kläranlage in Seehausen transportiert werden. Die Kosten in Höhe von 200.000 Euro trägt der bremische Steuerzahler.

Im Sportboothafen Rönnebeck ist der Blumenthaler Wassersportverein zu Hause, der rund 200 Mitglieder hat. Die seit geraumer Zeit darüber klagten, bei Ebbe nicht mehr genug Wasser unter dem Kiel und deshalb Grundberührung zu haben. Anlass genug für den Vereinsvorsitzenden Jens Tydeks, sich mit dem Sportamt in Verbindung zu setzen. Es ist für die drei städtischen Sportboothäfen Hasenbüren, Grohn und Rönnebeck zuständig.

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Müssen diese allerdings ausgebaggert und ihr Schlick in der Weser verteilt werden, ist die Genehmigung des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes (WSA) Weser-Jade-Nordsee erforderlich. Im Fall des Rönnebecker Hafens kam jetzt der WSA-Außenbezirk Farge ins Spiel. Dessen Leiter Sven Wennekamp und seine Kollegen achten darauf, dass die Weser zwischen Lemwerder und Brake (rund 23 Kilometer), die Lesum (zehn Kilometer) und der 18,5 Kilometer lange Wümmeabschnitt zwischen Borgfeld und Wasserhorst als Schifffahrtsstraßen funktionieren. Das gilt auch für die Bootsliegeplätze in den drei städtischen Häfen.

Um sie funktionstüchtig zu halten, hat Bremen unter anderem ein sogenanntes Wasserinjektionsschiff angeschafft, das Schlick und Sedimente absaugt und anschließend in die Weser pumpt, deren Strömung für die Verteilung sorgt. Dabei darf allerdings nicht das Leben von Fischen und anderen Wasserbewohnern durch toxische Bestandteile gefährdet werden.

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Deshalb seien Schlickproben aus dem Rönnebecker Hafen von der Bundesanstalt für Gewässerkunde in Koblenz untersucht worden, erläutern Sven Wennekamp sowie Christoph Tarras. Der Diplom-Ingenieur ist bei Bremenports für die Sicherheit der Schiffsverkehre und damit für die erforderliche Wassertiefe in der Weser und in den bremischen Häfen verantwortlich. Die Koblenzer Experten warteten schließlich mit einem differenzierten Ergebnis auf. Danach, so Wennekamp und Tarras, sei das Flussbett in der Einfahrt des Rönnebecker Hafens unbelastet, der Schlick im weiteren Bereich der Liegeplätze habe allerdings hochgiftige Bestandteile aufgewiesen.

Christoph Tarras spricht von „Rückständen aus historischen Schiffbauzeiten“. Tatsächlich war Rönnebeck schon vor 300 Jahren ein wichtiger Schiffbauplatz. Und seitdem siedelten sich rund 20 Werften im Umfeld des heutigen Sportboothafens an. Nach dem Zweiten Weltkrieg hießen sie Oltmann, Sarstedt, Pape und Schiffswerft Blumenthal. Ob von ihnen beispielsweise das TBT im Schlick des benachbarten Sportboothafens stammt, lässt sich natürlich nicht nachweisen. Tatsache ist aber, dass die für die Umwelt gefährliche Chemikalie Tributylzinn jahrzehntelang bei der Herstellung von Farben für den Unterwasser-Schiffsanstrich verwendet wurde. Damit sollte der Bewuchs am Schiffsrumpf mit Muscheln, Seepocken und Algen verhindert werden. Mit anderen Worten: TBT war für diese Wasserbewohner tödlich.

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Mittlerweile gehöre TBT zu den Stoffen, deren Einsatz verboten sei, sagt Christoph Tarras. Und dennoch tauche das Umweltgift immer noch als Altlast auf. Vor allem auch in Bremerhavens Häfen. Nach Einschätzung des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz allerdings wohl nicht nur als Relikt aus vergangenen Zeiten. Untersuchungen zeigten, dass trotz Verbots noch immer TBT-haltige Antifoulingfarben bei Neuanstrichen von Sportbooten verwendet würden, heißt es in einer Pressemitteilung im Internet.

Im Rönnebecker Hafen waren jetzt fünf Tage lang ein Bagger und zwei Schuten im Einsatz. Insgesamt seien 2500 Kubikmeter Schlick zur Kläranlage in Seehausen transportiert worden, erläutert Christoph Harras. Dort unterhält die städtische Gesellschaft Bremenports ein Spezialbecken, in dem auch der TBT-verseuchte Abfall aus Rönnebeck landete. Und wenn die Kapazität der großen Giftkiste in Seehausen erschöpft ist, wird ihr Inhalt mit Erde abgedeckt. Eines Tages werde sich dann in Seehausen ein begrünter Hügel, wie auf der Blocklanddeponie an der Autobahn 27, präsentieren, erzählt Christoph Tarras.

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