Mehr als fünfzig Gäste besuchten am Donnerstag die Fachkonferenz „Wümmetag 2019“ beim Deichverband am rechten Weserufer in Borgfeld. Referentinnen und Referenten von Wasserbehörden, Unterhaltungs- und Naturschutzverbänden, aber auch Schülerinnen der Fridays-for-Future-Bewegung und die Bremer Umweltsenatorin Maike Schaefer tauschten sich über „Flusslandschaften im Klimawandel“ aus. Im Fokus stand dabei die Wümme-Region.
Die alljährliche stattfinde Veranstaltung verzeichnete in diesem Jahr einen Anmelderekord. Das lag vermutlich am Thema Klimawandel. „Die Wümme zwischen Dürre und Starkregen“ sollte dabei unter die Lupe genommen werden. Eine Diskussion, die polarisierte – das wurde gleich nach dem ersten Beitrag der Klimaaktivistinnen Inga Jost (14) vom Bremer Kippenberg-Gymnasium und Eva-Maria Hoops (13) von der Freien Waldorf-Schule in Ottersberg klar. „Meine Schule liegt direkt an der Wümme“, berichtete die Ottersberger Schülerin am Rande der Konferenz. „Da ist der Klimawandel jeden Tag sichtbar.“ Die Aktivistinnen riefen zum Handeln auf. Vertreter von Verbänden warnten indes vor Kurzschlusshandlungen. Klimawandel erfordere einen „vernünftigen Dialog“. Man könne den Schalter nicht einfach umlegen, sagten Vertreter von Unterhaltungsverbänden aus der Region.
„Der Sommer im vergangenen Jahr war extrem heiß. Es gab wenig Regen. Mit gravierenden Folgen für den Wasserhaushalt der Flussauen und Bachtäler“, erklärte Wümmetag-Veranstalter Gunnar Oertel von der Bremer Stiftung Nord-West-Natur in seiner Begrüßungsrede. Fließgewässer führten extrem wenig Wasser, zahlreiche Gräben in der Wümme-Region fielen trocken. Zugleich gab es in den vergangenen Jahren extreme Starkregen und ausgeprägte Hochwasserspitzen. „Dies macht deutlich: Der Klimawandel macht den Wasserhaushalt dynamischer und unberechenbarer – und dies hat Folgen insbesondere für Natur, Land- und Wasserwirtschaft“, ergänzte Co-Veranstalterin Irmtraut Lalk-Jürgens von der Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz.
Wümme als Sanierungsfall
Begrüßt wurden Fachleute und Gäste auch von der neuen Bremer Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau (SKUMS), Maike Schaefer. Für die promovierte Biologin war es eine der ersten Veranstaltungen zum Thema Klimaschutz in ihrem neuen Amt. Schaefer brachte gute Nachrichten mit: Während der Koalitionsverhandlungen habe es die Wümme sogar namentlich in den neuen Vertrag geschafft, berichtete die Senatorin. „Wir werden die Wasserrichtlinien konsequent umsetzen und dafür die nötigen Finanzmittel bereitstellen“, versprach sie. Dazu gehöre insbesondere die Wiederherstellung vielfältiger Strukturen entlang der Weser und eine Verbesserung der Fischpassierbarkeit des Weserwehres. Auch die Renaturierung der Unterweser, samt Seitenräumen und Nebenflüssen, mit dem Ziele „einer geringen Fließgeschwindigkeit“, stehe auf der Agenda. „Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf der Unteren Wümme liegen“, so Schaefer, „die wegen der wegbrechenden Ufer zu einem hydrologischen und biologischen Sanierungsfall zu werden droht.“ Dem wolle die Bremer Regierung mit dem Renaturierungsprojekt „Blaues Band“ aus Bundesfördermitteln entgegenwirken.
Weser, Wümme, Ochtum, Geeste, Hamme und Lesum sowie kleinere fließende Gewässer sollten unter Einbeziehung der Wassersportler ökologisch aufgewertet werden – immer vorausgesetzt, die Grünen könnten sich mit ihren Zielen im Haushaltsplan durchsetzen, schränkte Schaefer ein. Die Wümme sei eines der wenigen Gewässer, die nicht erheblich verändert wurden. Sie sei deshalb mit ihren Auen als grenzüberschreitendes Natur- und Vogelschutzgebiet ausgewiesen. Der durch die Weservertiefung stark zugenommene Tidenhub habe allerdings drastische Auswirkungen auf die Wümme. Damit verbunden sei ein zunehmender Verlust von Röhricht und Auwald. Die europäische Gesetzgebung verankere Wasserrahmenrichtlinien: die Gewässer sollen wieder in einen natürlichen Zustand zurück entwickelt werden. „Wir müssen dies aber auch umsetzen“, forderte die Senatorin. Sie sei auf die Ergebnisse der Fachtagung gespannt.
Diese wollen die Wümmetag-Veranstalterin Irmtraut Lalk-Jürgens und Gunnar Oertel in ein paar Tagen aufbereiten und in den kommenden Wochen präsentieren. „Denn Klimawandel ist nicht heute oder morgen, Klimawandel ist jetzt“, machte der Leiter der Bremer Stiftung Nord-West-Natur Gunnar Oertel klar. Der Wümmetag sei deshalb ein Forum für alle, die an der Umsetzung von Wasserrahmenrichtlinien beteiligt seien. Klimaaktivistin Eva-Maria Hoops spannt dazu noch mal den großen Bogen: „Was an der Wümme passiert, passiert überall!“
Am Wümmetag diskutieren Expertinnen und Experten die aktuelle Situation der Klimaveränderungen in Norddeutschland, die Auswirkungen auf die Auen- und Gewässervegetation und liefern Beispiele, Prognosen und Empfehlungen. Unter den Referenten sind unter anderem Uwe Petry vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) aus Hildesheim, Hans-Gerhard Kulp von der Biologischen Station Osterholz (BIOS), Mathias Scholz vom Helmholzzentrum für Umweltforschung (UFZ) aus Leipzig, Wilfried Döscher vom Bremischen Deichverband und Arno Schoppenhorst vom Bremer Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND).