Grambke. Fehlende Einkaufsmöglichkeiten, eine mangelhafte Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel und herumliegender Müll. Das sind einige der Themen, die die Menschen im Alwin-Lonke-Quartier beschäftigen. Insgesamt sind die Grambkerinnen und Grambker mit ihrem Umfeld aber ganz zufrieden, hat Maren Voß von der Hans-Wendt-Stiftung in den vergangenen Wochen festgestellt. Seit Anfang September ist die 49-Jährige hier 25 Stunden pro Woche als Quartiersmanagerin im Einsatz. Das Bild, das sie sich bisher vom Ortsteil und seinen Bewohnern gemacht hat, ist zwar noch längst nicht vollständig. Einen ziemlich umfangreichen ersten Eindruck konnte sie im vergangenen Vierteljahr aber schon gewinnen. Bei einem Spaziergang spricht sie über Probleme und Potenziale des Quartiers.
"Die Menschen sind nicht allgemein unzufrieden. Wenn sie etwas kritisieren, sind es meistens ganz konkrete Punkte", sagt Maren Voß. Das wertet sie positiv. Auch die "vielen schönen Ecken und attraktive Seen ganz in der Nähe" nennt sie als Vorteil. "Es ist doch wunderschön hier", sagt sie und macht an einem etwas versteckt liegenden Spielplatz Halt. "Leider funktioniert die Wasserpumpe nicht mehr und die Schaukeln hängen so hoch, dass kleinere Kinder nicht hinauf kommen." Der Spielplatz, der zwischen Wohnblöcken der Vonovia liegt, wirkt vernachlässigt. Das Unkraut in der Sandkiste deutet darauf hin, dass dort schon länger nicht gebuddelt wurde.
Der Spaziergang durch die Straßen des Quartiers führt an Mehrfamilienhäusern, aber auch Reihen- und Einfamilienhäusern vorbei. Am Fockengrund sind mehrere Blöcke eingerüstet. Die Häuser werden gerade gedämmt. Maren Voß erzählt, dass sie ein großes Potenzial im Zusammenhalt der Menschen sieht. "Es gibt hier wenig Nachbarschaftsstreit. Die Leute sprechen miteinander und es existiert bereits ein Netzwerk", zählt sie positive Seiten auf. "Die Leute kennen und unterstützen sich", ist ihr Eindruck. Grambke habe zum Teil einen geradezu "dörflichen Charakter".
Gleich in den ersten Tagen ihres neuen Jobs hat Maren Voß den Einsatz des Impftrucks am Schulzentrum Alwin-Lonke-Straße begleitet. Sie verteilte Flyer und stand auch an den Impftagen als Ansprechpartnerin zur Verfügung. "Dort vorne war mein Stand", sagt Voß und deutet auf einen Pavillon auf dem Schulgrundstück. Beim Fest im Sommerbad Grambker See knüpfte sie ebenfalls erste Kontakte.
Seither ist sie permanent unterwegs, führt Gespräche, tauscht sich mit Akteuren vor Ort aus: in Schulen und Kitas, in Spielhaus und Jugendclub, in der Senioren-Begegungsstätte. Mit denen in Gespräch zu kommen, die sich ohnehin engagieren, die selbst Angebote machen oder nutzen, ist allerdings nicht schwierig. Vor einer viel größeren Herausforderung steht sie, wenn sie Menschen erreichen möchte, die bisher wenig Kontakte haben, weiß Voß auch aus der Arbeit in anderen Quartieren. Um das zu schaffen, will sie weiterhin viel unterwegs sein, auf Spielplätzen und auf der Straße mit Leuten ins Gespräch kommen. Eine weitere Idee möchte sie von der Marßeler Quartiersmanagerin Katharina Fischer übernehmen. "Sie hat Frauenspaziergänge organisiert. Das kann ich mir hier auch gut vorstellen."
Viele Probleme ergeben sich aus der Lebenssituation der Bewohnerinnen und Bewohner. "Hier gibt es ein ziemlich starkes Gefälle", sagt Maren Voß. Damit meint sie die sozialen Unterschiede. Der Anteil an Hartz-IV-Empfängern ist hoch. Es gibt aber auch Eigenheimbesitzer mit sicherem Einkommen. Die vollständigen Zahlen zum Alwin-Lonke-Quartier, die das statistische Landesamt der Hans-Wendt-Stiftung zur Verfügung stellen will, liegen ihr zwar noch nicht vor. Aber sie weiß bereits, dass es 300 Kindergartenplätze für unter Dreijährige in Grambke gibt und dass der Anteil der über 60-Jährigen hier mit 30,85 Prozent (Stand 31. Dezember 2019) etwas höher ist, als in der Stadt Bremen. Dort waren 27,06 Prozent der Bürgerinnen und Bürger über 60 Jahre. "Das zeigt, dass der Ortsteil in Bewegung ist."
Vor allem für Menschen ohne Führerschein oder Auto ergeben sich Schwierigkeiten. "Ich habe mit einem älteren Ehepaar gesprochen. Die beiden haben mir erzählt, dass es für sie schwieriger geworden ist, seit sie nicht mehr Auto fahren. Jetzt stört es sie, dass es in der Nähe keinen Supermarkt gibt." Ein kleiner Bäcker und Lebensmittelhändler an der Ecke Fockengrund/An Smidts Park ist der einzige Nahversorger weit und breit.
Mangelnde Barrierefreiheit in den Wohnungen, die schlechte Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel mit weiten Wegen zu Bus und Bahn und herumliegender Müll: Maren Voß zählt auf, was immer wieder zur Sprache kommt. "Viele ärgern sich über das, was einige wenige falsch machen", sagt sie und deutet auf einen Haufen blauer Müllsäcke, den jemand an einem Parkplatz abgeladen hat.
In den kommenden zwei Jahren will sie Lösungsansätze, ein langfristiges Konzept und erste Projekte für das Quartier entwickeln. Wichtig ist ihr dabei die Zusammenarbeit mit den Bewohnerinnen und Bewohnern, lokalen Akteuren, Beirat und weiteren Kooperationspartner. "Die Menschen im Quartier sollen einbezogen werden." Beispielsweise bei der Gestaltung eines Gemeinschaftsgartens auf dem Grundstück des Jugendclubs Fockengrund. Die Idee für den Garten existiert schon lange. Die Umsetzung scheiterte bisher am fehlenden Geld. Das Projekt möchte sie nun erneut angehen.