Kateryna Rozhko, Anna Fedko und ihre Kinder haben sich in ihren Wohnungen schon gut eingelebt. Kuscheltiere sitzen auf einem kleinen Tisch im Wohnzimmer von Kateryna Rozhko. Sie gehören ihrer Tochter Mylana. Die Vierjährige geht seit einigen Wochen zum Kinderturnen; ab September besucht sie einen Kindergarten. Der 13-jährige Artem Fedko spielt in einem Handballteam und trägt Zeitungen aus. Er und seine Schwester Yevgejia sowie Polina Rozhko gehen zur Schule. Die Ukrainerinnen und ihre Kinder fühlen sich schon ein wenig heimisch, wünschen sich aber trotzdem nichts sehnlicher, als irgendwann in ihre eigentliche Heimat zurückkehren zu können.
Wie so häufig, sind auch an diesem Tag alle zusammen. Die beiden Familien verbringen viel Zeit miteinander, seit sie nach ihrer Flucht gemeinsam in Bremen-Nord angekommen sind. Für ihren Besuch hat Anna Fedko einen Apfelkuchen gebacken. Die Frauen wollen selbst nichts davon essen. Was übrig ist, sollen Stephan und Anneke Meyer von der Personalberatung Pensum mit in die Firma nehmen – als Dankeschön.
"Danke." Das sagen Kateryna Rozhko und Anna Fedko immer wieder. Die Ukrainerinnen und ihre Kinder sind glücklich über die große Hilfsbereitschaft, die sie und ihre Kinder seit ihrer Ankunft erfahren haben. Ihr Dank gilt nicht nur dem Pensum-Team, das die Ukrainerinnen im März in ihren Büroräumen aufgenommen hatte und sie bis heute unterstützt, sondern auch den zahlreichen Nordbremern, die großzügig Geld, Sachspenden und ehrenamtlich Deutschunterricht gegeben haben.
Von der Welle der Hilfsbereitschaft für die Ukrainerinnen sind auch die Pensum-Mitarbeiterinnen Anneke Meyer und Petra Zarrath beeindruckt. Sie stehen den Frauen noch immer mit Rat und Tat zur Seite, unterstützen sie bei Behördengängen, Arztbesuchen und sind auch in vielen anderen Situationen ihre Ansprechpartnerinnen. "Die Spendenbereitschaft war riesig", sagt Anneke Meyer. "Als es um die Einrichtung der Wohnungen für die Familien ging, kamen sogar so viele Angebote, dass wir gar nicht alle annehmen konnten."
Auch das Möbelhaus Meyerhoff zeigte sich großzügig und spendete an den Lions-Club Bremer Schweiz, der die Familien unterstützte, zwei Küchen. Das Pensum-Team half bei der Einrichtung der Wohnungen und organisierte den Umzug. Khrystyna Kopyl und ihre Tochter Diana, die im März ebenfalls in der Büroetage der Personalberatung untergekommen waren, sind inzwischen in die Ukraine zurückgekehrt.
Besuch aus der Heimat
Das steht für Kateryna Rozhko und Anna Fedko derzeit nicht zur Debatte. Dafür bekommt Familie Fedko demnächst Besuch aus der Heimat. "Meine Mutter kommt im September für zehn Tage", sagt Anna Fedko auf Englisch und strahlt dabei. Noch immer behelfen sich die Frauen in Unterhaltungen hauptsächlich mit einer Übersetzung-App, auch wenn sie mittlerweile schon ein wenig Deutsch verstehen. Sie hoffen, in Kürze einen Integrationskurs besuchen zu können – und dann vielleicht auch Arbeit zu finden. Kateryna Rozhko hat bereits einen Termin beim Jobcenter und freut sich darauf.
Allerdings liefen nicht alle Behördengänge so erfreulich ab, erzählt Petra Zarrath. "Beim Amt für Soziale Dienste hatten die Familien eine sehr gute Betreuung. Der Mitarbeiter war unglaublich hilfsbereit, schnell und zuverlässig", betont sie. Ganz andere Erfahrungen mit der deutschen Bürokratie machten die Ukrainerinnen im Bürger-Service-Center. "Ich werde heute noch wütend, wenn ich daran denke", sagt Zarrath, "dabei ging es nur um eine Meldebestätigung". Die brauchen die Familien für alle möglichen Gelegenheiten, zum Beispiel, wenn sie einen Job aufnehmen möchten.
Sie wähnte die Frauen gut vorbereitet, hatte gelesen, was sie mitbringen müssen und vorab Formulare für sie ausgefüllt. "Sie kamen ganz niedergeschlagen mit einem Zettel wieder. Auf dem stand, dass sie das nächste Mal eine Deutsch sprechende Person mitbringen sollen." Außerdem sollten sie ihre Geburts- und Heiratsurkunden im Original und in einer offiziell übersetzten und beglaubigten Version mitbringen. "Wer denkt denn daran, seine Heiratsurkunden einzustecken, wenn er vor Bomben flüchtet?", fragt Zarrath kopfschüttelnd. "Dabei hatten sie ein Dokument von der Ausländerbehörde dabei, das als Ausweisersatz gilt. Das reichte aber nicht." Die Familien hoffen nun, dass beim nächsten Termin im September alles klappt.
Neben ärgerlichen Erlebnissen gab es allerdings auch lustige. "Die Übersetzungs-App hat schon für viele Lacher gesorgt", erzählt Anneke Meyer. "Einmal stellte sich heraus, dass sie aus dem Satz: ,Dieses Antibiotikum darfst du nicht zusammen mit Milch einnehmen', den Satz: ,Dieses Antibiotikum darfst Du nicht zusammen mit Sparschäler einnehmen', gemacht hat. Wir brauchten eine Weile, bis wir verstanden haben, warum die Frauen so irritiert sind."
Die Familien sind angekommen und planen ihre nahe Zukunft in Bremen-Nord. Wünsche haben die Frauen nicht, "nur, dass der Krieg bald endet". Und die 15-jährige Polina möchte Schlagzeugspielen lernen.