„Bei uns ist es derzeit sehr ruhig, auch die Jahreshauptversammlung wird vertagt, aber es ist ja auch kein Wechsel im Vorstand geplant“, sagt Susanne Wagner, Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft Bremer Schweiz (AGBS). Die Zwangspause durch die Corona-Pandemie lähmt derzeit auch die Aktivitäten des Vereins, der sich den Naturschutz in der Bremer Schweiz auf die Fahnen geschrieben hat, und zwar in der Hügellandschaft zwischen Weser und Lesum, die im Norden von dem Waldgebiet Düngel und im Osten von der Langen Heide begrenzt wird.
Es gibt Dauerthemen, Höhepunkte und auch neue Projekte, mit denen sich die Aktionsgemeinschaft beschäftigt. Dem Verein gehören derzeit rund 220 Mitglieder an. Die größte und langwierigste Baustelle liegt wohl an der Schönebecker Aue, ein Gewässer, an dem sich die Aktionsgemeinschaft seit vielen Jahren um Renaturierung bemüht. „An diesem Geestbach gibt es noch Abschnitte, die naturfern sind, zum Beispiel den Bereich zwischen der Mündung im Vegesacker Hafen und dem Baumarkt Toom“, sagt Wagner.
Dort fließt die Schönebecker Aue über eine befestige Sohle, am Parkplatz des Baumarkts sogar durch einen Tunnel, und auch die Ufer sind festgelegt. „Die Aue ist in dem Bereich eher ein Kanal und weit entfernt von einem Gewässer in gutem ökologischem Zustand, wie es die EU-Wasserrahmenrichtlinie verlangt“, sagt Wagner. Die AGBS sieht dort jedoch auch die Chance, etwas zu tun: Die Gleise der Bahn, die dort verlaufen, werden nicht mehr benötigt, dort bestehe die Chance, Flächen zu erwerben und den Bachlauf naturnäher zu gestalten. Die Aktionsgemeinschaft hat deshalb am 12. Dezember 2019 in einem Brief an Vegesacks Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt appelliert, sich für eine zeitnahe Aufwertung der Schönebecker Aue im Ortsbereich von Vegesack einzusetzen.
„Schließlich gibt es keinen Platz in der Nähe, an dem Kinder am Wasser spielen können, und dieser Bereich wäre besonders für die Bewohner der Grohner Düne attraktiv“, sagt Wagner. Der Verein hat sich bereits erfolgreich dafür eingesetzt, andere Abschnitte der Schönebecker Aue zu renaturieren. Den gesamten Bachlauf wieder naturnah zu gestalten, hält Susanne Wagner allerdings für zu kostspielig: „Da müsste einfach zu viel Geld rein fließen, das derzeit nicht vorhanden ist“, sagt sie.
Handlungsbedarf bestehe derzeit auch, was die Wasserqualität der Schönebecker Aue betrifft „Immer noch fließt Niederschlagswasser, das von der Autobahn 270 kommt, ungereinigt in den Bach“, sagt Wagner und schlägt vor, die Straßenabwässer in die bestehenden großen Abwasserkanäle „In den Wellen“ und „An der Aue“ zu leiten. Mindestens aber müsse auf den gegebenen Freiflächen an der Straße „In den Wellen“ ein Rückhaltebecken mit Ölabscheider, Sandfang und Pflanzenkläranlage angelegt werden.
Auch wenn Gewässer einen wichtigen Fokus bei der Arbeit der AGBS bilden, der Verein nimmt sich ebenso anderer Lebensräume an, zum Beispiel einer Feuchtwiese mit einem Feuerlöschteich in Löhnhorst. „Dort wachsen inzwischen mehr als 100 Exemplare einer seltenen Orchideenart, des Gefleckten Knabenkrauts“, sagt Susanne Wagner – vor allem dank der naturschonenden, ein- bis zweischürigen Mahd durch den Biolandwirt Ullrich Vey, der das Grünland bewirtschaftet. Die AGBS hat in diesem Gebiet zum Beispiel den massiven Erlenaufwuchs am Teich stark eingedämmt – er nahm Fröschen und Molchen mehr und mehr das Sonnenlicht, das Amphibien für eine schnelle Entwicklung benötigen.
Einerseits seltene Arten zu fördern, andererseits unerwünschte Arten zu bekämpfen, gehört zu den Aufgaben der AGBS: Eine Streuobstwiese in Knoops Park droht derzeit vom Japanischen Staudenknöterich überwuchert zu werden, einer invasiven Art, die heimische Pflanzenarten verdrängen kann. „Wir haben den Umweltbetrieb Bremen gebeten, die Fläche mindestens zwei Mal pro Jahr zu mähen, um diesen Neueinwanderer einzudämmen“, sagt Wagner, „wenn zu selten gemäht wird, breitet sich die Art immer weiter aus.“ In Knoops Park liegt am Geesthang auch ein ehemaliger Eiskeller, den der Verein für Fledermäuse hergerichtet hat. „Die Stahltür am Gebäude wurde durch Vandalismus zerstört, wir haben sie im vergangenen Jahr erneuert“, berichtet Wagner.
Die AGBS setzt beim Einsatz für die Natur auch auf die Mitarbeit der Bevölkerung, was besonders beim Amphibienschutz am Holthorster Weg hervorragend gelinge, so Susanne Wagner: „Im Moment sind die Nächte noch zu kalt, aber wenn Kröten und Frösche zu wandern beginnen, sperren die Anwohner nachts die Straße, damit die wandernden Tiere nicht von Autos überfahren werden.“
Außer den vielen laufenden Projekten stehen in Zukunft für die Aktionsgemeinschaft neue Aufgaben an: „An der Schönebecker Aue haben wir eine Fläche vom Land Bremen als Schenkung erhalten“, sagt Wagner, „im Rahmen einer Ausgleichsmaßnahme besteht dort die Möglichkeit, Grünland und Wald im Sinne des Naturschutzes zu entwickeln.“ Neu im Blick hat die AGBS auch schützenswerte Alleen, die es auch noch in Bremen-Nord gibt. „Der Niedersächsische Heimatbund hat ein Projekt initiiert, bei dem Alleen in Niedersachsen erfasst und geschützt werden“, sagt Wagner. „Wir wollen uns daran beteiligen und suchen noch Alleen-Paten, die sich um die Bäume entlang von Straßen kümmern – denn Alleen verschönern nicht nur das Stadtbild und filtern Staub und Abgase, sie erfüllen auch eine wichtige Funktion für den Schutz von Insekten, Vögeln und Fledermäusen.“