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Geförderte Beschäftigung Museum in Burgdamm: Köksch un Qualm von Schließung bedroht

Die Bundesregierung hat das Budget für Langzeitarbeitlose gekürzt. Davon ist auch das Museumsprojekt Köksch un Qualm des Beschäftigungsträgers Bras betroffen. Warum es vielleicht geschlossen werden muss.
01.12.2023, 18:00 Uhr
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Museum in Burgdamm: Köksch un Qualm von Schließung bedroht
Von Julia Assmann
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Erst vor wenigen Tagen hat das Hauswirtschafts- und Mitmachmuseum Köksch un Qualm in Burgdamm sein 15-jähriges Bestehen gefeiert. Jetzt ist die Einrichtung von der Schließung bedroht. Hintergrund sind Sparmaßnahmen auf Bundesebene. Die Jobcenter in Deutschland haben für das kommende Jahr weniger Geld zur Finanzierung von geförderten Beschäftigungen zur Verfügung. Deshalb werden unter anderem Arbeitsgelegenheiten (AGH) für Langzeitarbeitslose, sogenannte Ein-Euro-Jobs, eingespart. Im schlimmsten Fall muss das Museum, das seinen Sitz im Mehrgenerationenhaus der Bremer Heimstiftung hat, bereits zum 1. Februar nächsten Jahres schließen.

Was ist im Köksch un Qualm zu sehen?

Das kleine Museum im Keller des Mehrgenerationenhauses in der Stader Landstraße 46 zeigt hauswirtschaftliches Leben um 1900. Der Raum ist mit Möbeln und Gegenständen aus der Zeit um die Jahrhundertwende ausgestattet. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter laden regelmäßig zu szenischen Führungen ein. Sie schlüpfen dabei in die Rollen von Tabakfabrikant Wilhelm Richtering und dessen Dienstpersonal. Richtering hat einst die Zigarrenfabrik in Burgdamm geleitet, in dessen Gebäude das Köksch un Qualm heute beheimatet ist. Deshalb gibt es auch einen kleinen Ausstellungsteil zum Thema Tabak.

Wie wird das Köksch un Qualm finanziert?

Das Museum wird vom Beschäftigungsträger Bras e.V. betrieben, der Arbeitssuchenden Jobgelegenheiten bietet. Die Gesamtfinanzierung des Projekts setzt sich aus verschiedenen Bausteinen zusammen, erläutert André van Waegeningh, Mitglied in der Geschäftsführung des Vereins Bras. Ein großer Baustein sind Mittel, die das Jobcenter bisher für insgesamt sieben sogenannte AGH-Stellen im Museum zur Verfügung stellte. Nicht allein die Stellen werden vom Jobcenter finanziert. Der Träger bekommt darüber hinaus eine Maßnahmenkostenpauschale für die Anleitung, sozialpädagogische Begleitung und Qualifizierung der Teilnehmer. Außerdem gehören Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Team, deren Stellen über das Beschäftigungsprogramm "Teilhabe am Arbeitsmarkt" nach Paragraf 16i im Sozialgesetzbuch II gefördert werden. Sie sind sozialversicherungspflichtig beim Verein Bras angestellt.

Was ist das Problem?

Das Budget für Langzeitarbeitlose wurde von der Bundesregierung gekürzt. Alle Jobcenter in Deutschland haben daher für das nächste Jahr weniger Geld für geförderte Beschäftigungen zur Verfügung. "Wir haben die Streichungen, die dadurch nötig sind, über alle Maßnahmen, die wir anbieten, möglichst gleichmäßig verteilt", sagt Katrin Demedts, Sprecherin des Jobcenters Bremen. Die sieben Stellen, die im Köksch un Qualm zur Verfügung stehen, waren in der Vergangenheit nicht immer alle besetzt und sind es auch momentan nicht. Unter anderem deshalb wird das Jobcenter das Projekt nicht so weiterfinanzieren wie bisher.

Wie ist der aktuelle Stand?

Betroffen sind vier Mitarbeiter mit AGH-Stellen und fünf weitere, die im Köksch un Qualm über sogenannte 16i-Stellen beschäftigt sind. Nach Angaben von Katrin Demedts können die vier AGH-Stellen-Inhaber künftig im Vegesacker Geschichtenhaus arbeiten – mit der Option tageweise im Köksch un Qualm tätig zu sein. Die Mitarbeiter, die mit 16i-Stellen beschäftigt sind, bekommen vom Verein Bras ebenfalls eine Alternative angeboten, betont van Waegeningh. "Naheliegend wäre eine Beschäftigung im Vegesacker oder Bremer Geschichtenhaus, weil die Tätigkeiten ähnlich sind."

Welchen Lösungsansatz könnte es für das Museum geben?

Der Verein Bras sucht derzeit nach Möglichkeiten, wie das Köksch un Qualm weiterbetrieben werden könnte. Eine Option könnte laut van Waegeningh sein, dass das Köksch un Qualm eine Dependance des Vegesacker Geschichtenhauses wird. Ob das realisiert werden kann, ist aber noch völlig offen. Van Waegeningh: "Unser Anliegen ist, das Museum weiterzuführen. Doch in erster Linie müssen wir arbeitsmarktpolitische Maßnahmen anbieten. Wenn das dort nicht mehr finanzierbar ist, macht es keinen Sinn und wir müssen das Köksch un Qualm schließen." Der Verein habe auch Gespräche mit der Bremer Heimstiftung geführt, "die sehr daran interessiert ist, dass wir bleiben". Doch ob ein Entgegenkommen des Vermieters Heimstiftung helfen würde, ist ebenfalls unklar. "Wir müssen jetzt alles durchrechnen." Eine Entscheidung soll noch vor Weihnachten fallen.

Was sagen Akteure aus dem Stadtteil?

Ortsamtsleiter Florian Boehlke betont, dass die Schließung des Museums, das er als "kleine, feine, sehr geschätzte Einrichtung" bezeichnet, ein sehr großer Verlust für den Stadtteil wäre. "Im Museum wird der historische Bezug Burgdamms zur Tabakindustrie aufgezeigt. Nicht nur die Erinnerungen an sie würden wegfallen, sondern auch die vielen Angebote, die von zahlreichen Schulklassen, von Senioren und anderen Gruppen gerne genutzt werden." Beiratssprecherin Maren Wolter (SPD) sagt: "Die Schließung wäre eine Katastrophe für den Stadtteil. Das Köksch un Qualm ist eine einzigartige Einrichtung, die über Bremen-Nord hinaus strahlt." Es werde am falschen Ende gespart, "denn die Förderung von Arbeitsgelegenheiten für Langzeitarbeitlose ist immens wichtig". Edith Ostendorff, Vorstandsmitglied im Heimatverein Lesum, der mit dem Köksch un Qualm kooperiert, betont: "Die kulturellen Angebote für einkommensschwache Bürger in Burglesum sind ohnehin nicht üppig. Das Museum wird besonders gern von Schulklassen und Rentnern besucht. Die Vorträge, Bastel- und Kochkurse sind auch deshalb beliebt, weil sie zu erschwinglichen Preisen angeboten werden." Der Heimatverein spreche sich vehement gegen die Schließung aus.  

Wer ist von den Sparmaßnahmen noch betroffen?

Die Einsparungen betreffen zahlreiche Träger in ganz Bremen und in Bremen-Nord beispielsweise auch das Arbeit- und Lernzentrum (ALZ) in Vegesack. Dort geht es nach Angaben von Susanne Hirsch aus der kaufmännischen Geschäftsführung um eine mittlere zweistellige Zahl an geförderten Stellen. Auch im ALZ wird momentan unter Hochdruck an Lösungen gearbeitet.

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