Wer in St. Magnus unterwegs ist, sollte sich einmal die Siedlungsbauten aus den Dreißigern an der Straße Waldwinkel anschauen. Die Einfamilien- und Doppelhäuser in großzügigen Gärten fallen durch ihre weiß verputzten Fassaden, abgewalmten Dächer und Fledermausgauben auf. Ebenso sehenswert das benachbarte Quartier Birkenhof aus den Sechzigern mit seinen weißen Türen und Fenstern. Die Bremer Baudeputation und der Senat wollen die Wohnquartiere mit ihren zeittypischen Häusern jetzt unter Schutz stellen. Wie das funktioniert.
Was ist an den Häusern so besonders?
Die Siedlungen Waldwinkel und Birkenhof / Am Mammutbaum weisen den Fachleuten zufolge die jeweils zeittypischen Formen des Siedlungsbaus auf. Die Waldwinkel-Siedlung stammt aus dem Jahr 1937. Die 31 Einzel- und Doppelhäuser stehen auf großen Gartengrundstücken und wurden im Auftrag der Deutschen Schiffs- und Maschinenbau GmbH (Deschimag) gebaut. Es waren hauptsächlich Akschen-Mitarbeiter, die mit ihren Familien als Erste die neuen Häuser in St. Magnus bezogen. Der Architekten Albert Thölken hat 1938 auch in der Nachbarschaft – diesmal im Auftrag der AG Weser – Häuser entworfen, die ebenfalls unter Erhaltungsschutz stehen.
Die Birkenhof-Siedlung wurde in der Zeit von 1962 bis 1969 gebaut. Das als Parkwohnanlage bezeichnete Quartier ist in zwei Bauabschnitten von der Bremer Treuhandgesellschaft errichtet worden. Insgesamt wurden 49 Wohneinheiten in eingeschossigen Reihenhäusern, Einzelhäusern und einem Doppelhaus geschaffen. Die Gebäude sind nahezu durchgehend in weißen oder hellen Putzfassaden gehalten und mit rotbraunen Eindeckungen versehen. Typisch sind die weißen Fenster und Türen und "Stirnbänder".
Wozu braucht es ein Ortsgesetz?
Ohne entsprechende Regelungen zum Erhalt der Gebäude könnte der Abriss alter und der Neubau mehrgeschossiger Häuser nicht verhindert werden. Das 14. Ortsgesetz dient deshalb der Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebietes in Burglesum zwischen den Straßen Unter den Linden, Lesumer Heerstraße, Birkenhof, Neue Konsulnstraße, der Bundesautobahn A 270 und der Straße Waldwinkel.
Was bedeutet das Gesetz für Eigentümer?
Anwohner haben Bedenken geäußert, dass sie mit der Neuregelung künftig keine baulichen Veränderungen an den Gebäuden mehr vornehmen dürfen. Es bestehe Bestandsschutz, heißt es von der Baubehörde. Bedenken hinsichtlich einer Rückbauverpflichtung für bereits erfolgte Eingriffe sind damit vom Tisch. Allerdings wird mit dem Gesetz für den Rückbau, die Nutzungsänderung und die Errichtung von baulichen Anlagen in den beiden Wohngebieten ein zusätzlicher Genehmigungsvorbehalt eingeführt.
Die Sorge der Bewohner, dass sie künftig keine Fotovoltaik-Anlagen aufstellen dürfen, ist laut Behörde unbegründet. Der Beirat Burglesum hält die Zulässigkeit solcher Anlagen für notwendig. Allerdings ist die Anordnung und farbliche Ausführung der Anlagen mit den Erhaltungszielen abzustimmen. Ausdrücklich weist die Verwaltung darauf hin, dass ein Rückbau der charakteristischen Fledermausgauben zugunsten der Installation von Fotovoltaik-Anlagen nicht zulässig ist. Ebenso geschützt sind die zahlreichen großen Bäume innerhalb des Plangebietes. Sie gelten als ortsbildprägend und fallen unter die Vorschriften des Baumschutzes.
Wie ist der heutige Zustand?
Trotz der langen Nutzung der Gebäude in Einzeleigentum seien viele Elemente der ursprünglichen Gestaltung bewahrt geblieben. Wie es in den Papieren der Verwaltung heißt, zeichne sich die aufgelockerte Siedlung von 1937 und die an skandinavische Siedlungskonzepte der Nachkriegszeit angelehnte Bebauung aus den Sechzigern heute noch durch eine große Homogenität aus.
Warum sind die Quartiere erhaltenswert?
„Mit den Einfamilienhausbebauungen im Waldwinkel und am Birkenhof wurden in St. Magnus zwei unterschiedliche Quartiere zur Bildung von Gemeinschaften und Nachbarschaften des Eigenheimwohnungsbaus aus der ersten Hälfte und dem zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts verwirklicht“, heißt es in der Unterlage der Baubehörde. Die unmittelbare Nachbarschaft der beiden Quartiere zeige dabei die unterschiedlichen Ansätze der Wohnnutzungen am Rande von St. Magnus auf.
Der Werkswohnungsbau der Deutschen Schiffs- und Maschinenbau AG Bremen an der Straße Waldwinkel zeuge demnach von einer landschaftsbezogenen Siedlungsidee, der vor allem auch „das Leitbild der gärtnerischen Selbstversorgung“ zugrunde liege, heißt es vonseiten der Verwaltung. In der Siedlung Birkenhof rücke hingegen der „Erholungs- und Parkraumcharakter“ in den Vordergrund.
Was sagt die Politik?
Der Beirat Burglesum hat sich bereits ausdrücklich für eine Satzung zum Erhalt der Wohnsiedlungen ausgesprochen. Auch Bausenatorin Maike Schaefer sagt: „Es liegt mir am Herzen, die besondere städtebauliche Qualität der Wohnquartiere Waldwinkel und Birkenhof / Am Mammutbaum mit ihren jeweils zeittypischen Wohnbauformen des Siedlungsbaus aus den Jahren 1937 und 1962 bis 1969 langfristig zu erhalten. Das sind besonders attraktive Wohnorte, die damit geschützt werden.“
Als nächstes wird sich die Deputation für Mobilität, Bau und Stadtentwicklung nach den Worten von Ressortsprecher Jens Tittmann am Donnerstag, 12. Januar, ab 15 Uhr im Börsenhof A, Am Markt 20, mit dem Thema befassen. Danach ist eine Beschlussfassung im Senat vorgesehen.