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Stadttauben in Findorff Füttern ja – aber richtig

Sollte man Tauben füttern? Mit dieser Frage haben sich nun Ortspolitiker in Findorff ausführlich beschäftigt. Denn dort kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen Tierschützern und genervten Anwohnern.
28.09.2023, 05:00 Uhr
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Füttern ja – aber richtig
Von Anne Gerling
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Die einen verabscheuen sie – die anderen wollen ihnen helfen: An Bremens Stadttauben scheiden sich die Geister. So auch in Findorff, wo sich immer wieder Anwohner beim Ortsamt über die Fütterung von Tauben an verschiedenen Orten im Stadtteil beschweren. Am Dienstag hat sich der Fachausschuss für Inneres mit dem Thema beschäftigt.

Welche Probleme können durch das Füttern von Tauben entstehen?

Ein großes Ärgernis ist der Taubenkot überall dort, wo sich die Tiere aufhalten. Der Findorffer Bürgerverein zum Beispiel ist genervt, weil die erst vor wenigen Jahren aufwändig sanierte Jan-Reiners-Lok mittlerweile durch die Hinterlassenschaften der Vögel stark verdreckt ist. Der Brunnen bei der Lok wurde deshalb in diesem Jahr gar nicht erst angestellt. Ein weiteres Problem: Bleibt ausgestreutes Futter liegen, so werden dadurch – wie grundsätzlich durch alle herumliegenden Essensreste – Ratten angelockt.  

Ist das Füttern von Tauben in Bremen verboten?

Anders als in Bremerhaven, wo das Füttern von Möwen und Tauben verboten ist, gibt es in Bremen bisher kein entsprechendes Verbot. Grundsätzlich müsse zwischen dem unsachgemäßen Füttern mit Brot oder Resten und dem artgerechten Füttern mit Spezialfutter unterschieden werden, sagt Brigitte Wohner-Mäurer, Vorsitzende des Bremer Tierschutzvereins, die das „Einfach-drauflos-Füttern“ gerne verbieten lassen würde: „Tauben sollten richtig gefüttert werden, sodass sie nicht krank werden. Da muss ein richtiges Management her, sodass die Tiere gezielt mit geeignetem Futter versorgt werden. Dann bleibt nichts liegen und die Tiere bekommen auch keinen Durchfall.“

Woher kommen Stadttauben überhaupt?

Wohner-Mäurer zufolge handelt es sich bei Stadttauben um verwilderte Haustiere, die von Brieftaubensportvereinen abstammen oder als „Hochzeitstauben“ gemietet wurden: „Tauben sind standorttreu und verhungern, wenn sie nicht zurückfinden. Denn sie finden alleine kein Futter.“ Die Folgen kennt Perdita Goltz vom Verein Bremer Taubenhaus: „Tauben können bis zu 15 Jahre alt werden, aber Stadttauben werden oft kaum zwei Jahre alt. Die meisten Menschen wissen nicht, dass sie vor unseren Augen verhungern.“ Tierheimleiterin Sina Fehr ergänzt: „Wir kriegen am Tag zehn Tauben, die geschwächt und ausgehungert sind.“ Nach dem Tierschutzgesetz ist es verboten, Tiere auszusetzen. „Wieso darf man Tauben zu Hochzeiten oder bei Wettkämpfen fliegen lassen?“ fragt sich vor diesem Hintergrund Linda Gregori vom Landestierschutz Bremen, die bedauert: „Die Notwendigkeit, dass ein entsprechendes Verbot ins Tierschutzgesetz aufgenommen wird, hat den Gesetzgeber noch nicht erreicht. Und am Ende ist niemand da, den man für das Aussetzen der Tiere zur Rechenschaft ziehen könnte.“

Wie kann die Situation verbessert werden?

Das richtige Futter, eine Behausung mit Nistmöglichkeit und der gezielte Austausch von Eiern gegen Gips-Attrappen: Mit diesen Maßnahmen könnte nach Ansicht von Tierschutzorganisationen Mensch und Tieren geholfen werden. Denn die Tiere würden auf diese Weise insgesamt gesünder und zögen weniger Küken auf, wodurch der Bestand abnähme. „Das ist nichts, was innerhalb von vier Wochen wirkt“, sagt Wohner-Mäurer, „da muss man einen langen Atem haben. Aber ich denke, das sind wir den Tieren schuldig.“

Was macht der Verein Bremer Taubenhaus?

Der Verein Bremer Taubenhaus ist 2018 angetreten, um in der Stadt betreute Taubenschläge einzurichten. Seit Längerem arbeitet er mit der Stadt an einem Pilotprojekt. „Das Haus ist schon gekauft, es soll auf das Parkhaus Am Brill. Von unserer Seite aus ist alles vorbereitet“, sagt die Vereinsvorsitzende Perdita Goltz. Ihr zufolge kostet das drei mal sechs Meter große Haus für 200 Tauben etwa 20.000 Euro; für die Betreuung werden zwei Mini-Jobs eingerichtet. Goltz verweist auf positive Erfahrungen zum Beispiel in Frankfurt, wo es in der Innenstadt zehn Taubenhäuser gebe: „2019 sind dort 8000 Eier ausgetauscht worden. Das bedeutet, dass 8000 Küken nicht ins Elend geboren wurden.“

Gibt es in Bremen weitere Taubenhäuser?

Ja: Der Bremer Tierschutzverein betreut auf seinem Gelände an der Hemmstraße ein Taubenhaus mit fast 100 Brutplätzen (Anschaffungskosten 10.000 Euro) und seit 2019 in Kooperation mit der SWB ein Taubenhotel beim Müllheizkraftwerk.

Wie geht es in Findorff weiter?

Am liebsten würde der Findorffer Beirat das Füttern von Tauben und Enten im Stadtteil verbieten lassen. Sina Fehr empfiehlt mehrsprachige Hinweisschilder oder Automaten mit Spezialfutter, um unsachgemäßes Füttern einzudämmen. Hinweisschilder wie am Weidedamm-Fleet sind nach Ansicht von Beatrix Eißen (Grüne) in der Ansprache nicht mehr zeitgemäß: „Wenn wir die Leute erreichen wollen, sollten wir eine Agentur beauftragen, das in der Kommunikation etwas griffiger zu machen. Bessere Informationsschilder würden dann auch diejenigen unterstützen, die andere Leute ansprechen, die Tauben oder Enten unsachgemäß füttern.“ Der Findorffer Beirat will sich nun um ein weiteres Taubenhaus in seinem Stadtteil bemühen.

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