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75. Geburtstag Warum der Findorffmarkt so beliebt ist

Blumen, Fleisch, Brot, Kaffee, Haushaltswaren - es gibt fast nichts, was es auf dem Findorffmarkt nicht gibt. Und ihn selbst gibt es schon seit 75 Jahren.
03.07.2023, 06:42 Uhr
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Von Anke Velten

Sonnabends gemütlich über den Markt schlendern, mit den Händlerinnen und Händlern schnacken, die Taschen mit den Zutaten für das Sonntagsessen füllen, einen Kaffee trinken, eine heiße Suppe essen oder einfach nur Bekannte treffen: Für viele Menschen ist das der Beginn eines entspannten Wochenendes. Für seine Vielfalt und seine Atmosphäre ist der Findorffmarkt weit über die Stadtgrenzen bekannt und beliebt. Am vergangenen Sonnabend wurde dort mit Live-Musik, Gewinnspiel und Schlemmermeile das 75-jährige Bestehen gefeiert. Eine Gelegenheit, sich bei all jenen zu bedanken, die dafür sorgen, dass der Jubilar gesund und munter bleibt: zu jeder Jahreszeit, bei Wind und Wetter, bei Sonnenschein und – wie bei der Jubiläumsfeier – auch bei Regen.

Manche Besucher kommen schon seit Jahrzehnten. „Ich bin schon als kleiner Junge mitgefahren“, erzählt Jürgen Fischer. Die Eltern Albert und Elisabeth hatten im Jahr 1967 damit begonnen, den Findorffmarkt mit Pflanzen aus ihrem Gartenbaubetrieb Möller in Dinklage zu beliefern. An jedem Sonnabend steht auch der 55-jährige Junior um 4 Uhr in der Frühe auf, damit an seinem Stammplatz an der Eickedorfer Straße rechtzeitig alles arrangiert ist für die Blumenkästen und Rabatten der Saison: von den ersten Primeln und Hornveilchen im Frühling bis zu den frostfesten Stauden für den Winter. Im Frühsommer gehen Geranien und Stiefmütterchen palettenweise über den Tisch.

Seit 45 Jahren dabei

Seit 45 Jahren steht auch Armin Schulz sonnabends mitten auf dem Findorffmarkt, angereist am Vorabend aus Münster, wo er seinen Hauptwohnsitz und seine Designagentur führt. Wenn er kurz vor 6 Uhr sein „Warenhaus Schulz“ aufgebaut hat, stehen oft schon die ersten Kundinnen und Kunden da, erzählt er – die Frühaufsteher und diejenigen, die auf dem Heimweg nach der Nachtschicht den Markt besuchen. Mit seinem Sortiment an Haushalts- und Kurzwaren von der Spülbürste bis zum japanischen Messer hätte man ihn früher als „billigen Jakob“ bezeichnet. „Mittlerweile bin ich eher ein teurer Jakob“, sagt Schulz. Doch in Findorff finde er das Publikum, das die Qualität seiner Produkte und sein Wissen wertschätzt.

Inflation, steigende Energiekosten, die Unsicherheit, wie sich die Lage entwickelt: Das alles hat zu einer gewissen Kaufzurückhaltung geführt, die auch die Marktleute spüren, weiß Lars Jansen, als Bereichsleiter Großmarkt unter dem Dach der M3B GmbH zuständig für die 38 Wochenmärkte der Stadt. Dann hält man das Geld zusammen, schaut, wo man sparen kann.

Durchhaltevermögen ist wichtig

Das Auf und Ab der Nachfrage beunruhige erfahrene Marktbeschicker nicht übermäßig. „Die kennen das“, sagt Jansen. Durchhaltevermögen: Das sei eine wichtige Voraussetzung für das Marktleben, bestätigt Björn True, den man auf dem Findorffmarkt sowieso nie wortkarg und mit schlechter Laune erwischt. Denn man weiß ja nie, was hinter der nächsten Ecke steht. Vater Horst habe am 1. Dezember 1988 zum ersten Mal seinen Stand auf dem Findorffmarkt aufgebaut. Die Wintermonate habe er mehr schlecht als recht überstanden, „nicht richtig viel Geld nach Hause gebracht“, erzählt der 52-Jährige. Doch dann: „Auf einmal waren alle ganz vergrällt auf die Holland-Tomaten.“ Die Trues sind stolz darauf, dass gut ein Drittel ihres Sortiments aus dem familieneigenen Hof in Stuhr stammt. „Geht doch nicht besser – vom Erzeuger zum Verbraucher“, sagt True, der das Geschäft mit Schwester Inga weiterführt und sich über die junge Kundengeneration freut, der die Herkunft ihrer Lebensmittel wichtig ist.

Jackett mit Großmarkt-Wappen

Zu den unverwechselbaren und vertrauten Gesichtern des Findorffmarkts zählt auch Henri Kwakye, der zum feierlichen Anlass ein historisches Jackett mit Großmarkt-Wappen trug. Seit 1997 ist er im Auftrag des Großmarkts zuständig für die Sauberkeit des Marktes, betreut die marktinterne Recyclingstation, die sanitäre Anlage und kümmert sich um Such- und Fundsachen. Für die Kundschaft und die Marktleute ist der Großmarkt-Mitarbeiter Ansprechpartner für alle Fälle. „Hier kennt mich jeder“ sagt der 61-jährige gebürtige Ghanaer und lacht.

Der vergangene Sonnabend war auch ein Tag des Abschieds und des Neuanfangs. Biohändler Kurt Richter und seine Tochter Marie König haben nach 42 Jahren ihren großen Marktstand und die Stammkundschaft in neue Hände übergeben. Übernommen hat die Familie Clausen, die in Findorff nun auch die Produkte aus dem eigenen Demeter-Hof in Riede anbietet. 37 Jahre lang hatte Vater Martin den kleinen Wochenmarkt in Horn-Lehe beschickt. „Kein Vergleich“, staunt Sohn Moritz. „Hier ist so viel Laufkundschaft!“

Vom Robotertechniker zum Olivenölhändler

Hakan Uzunkara ist ein Quereinsteiger. 2016 entschloss sich der Robotertechniker, seinen Beruf an den Nagel zu hängen und fortan sortenreines Olivenöl zu produzieren und zu vermarkten. Die Früchte stammen aus dem Landgut im Westen der Türkei, das sich seit Jahrhunderten im Besitz seiner Familie befindet. Im Mai 2017 stand er damit erstmals mit einem Stehtisch und einer Holzkiste auf dem Findorffmarkt. Mittlerweile hat der 46-Jährige seine Olivenkontor-Öle schon auf vielen anderen Wochen- und Sondermärkten feilgeboten. Der Findorffmarkt, so seine ehrliche Meinung, „ist der Schönste von allen.“

„Der Markt – das hat etwas Persönliches“, erklärt Björn True, „Es geht um viel mehr als Einkaufen. Es ist die Aufenthaltsqualität, das Erlebnis.“ Manche Kundinnen und Kunden kämen sogar aus Ritterhude, Delmenhorst, Osterholz-Scharmbeck, um den ganzen Vormittag auf dem Findorffmarkt zu genießen. Sie nehmen auch weite Wege auf sich, weil sie manches nirgendwo anders finden, ergänzt Peter Puls. Seit fast zehn Jahren beliefert der Fleischermeister Findorff dreimal pro Woche mit seinen ausgewählten Fleischspezialitäten. Er bedaure höchstens, dass er nicht schon zehn Jahre früher damit angefangen hat, so der 62-Jährige. „Die netten Menschen und die frische Luft: Für mich ist das der schönste Arbeitsplatz!“

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