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Maßnahmen in Gröpelingen Wie viel kann Stadterneuerung bewirken?

Gröpelingen soll schöner werden. Doch wird die Umgestaltung des Spielplatzes auf dem Liegnitzplatz die Situation im Quartier wirklich verbessern?
30.06.2025, 05:00 Uhr
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Wie viel kann Stadterneuerung bewirken?
Von Anne Gerling

Gröpelingen soll schöner und lebenswerter werden, Bremens Senat hat deshalb vor gut zehn Jahren ein Paket mit rund 50 Einzelmaßnahmen geschnürt – das integrierte Entwicklungskonzept (IEK). Unter anderem werden darüber verschiedene Spielplätze in dem besonders kinderreichen Stadtteil neu hergerichtet. Nach den Spielplätzen am Greifswalder Platz, an der Adelenstraße und an der Gohgräfenstraße (Start ist in diesen Tagen) soll im kommenden Jahr auch der Spielplatz am Liegnitzplatz umgestaltet werden. Der intensiv genutzte Platz habe eine große Bedeutung für das stark verdichtete und kinderreiche Quartier, unterstreicht Juliane Hesse vom Referat Stadtumbau im Bauressort, wo die Fäden für Gröpelingens Stadterneuerungsprozess über das IEK zusammenlaufen.

Barrierefreie Zugänge, bessere Wege, verschiedene Spielzonen, neue Spielgeräte: Offener, freundlicher und besser einsehbar soll der Spielplatz auf dem Liegnitzplatz werden. Drei Jahre lang wurden Untersuchungen durchgeführt, ein „Leitbild“ mit „Raumkonzept“ und „Ausstattungsprogramm“ entwickelt, Kosten ermittelt, ein Terminplan aufgestellt und Informationsveranstaltungen einberufen. Anwohner und Kinder konnten dazu ihre Wünsche und Anregungen einbringen. Diese flossen in die Planungen ein, und so sollen nun zum Beispiel – anders als in den ersten Plänen – doch wieder Büsche angepflanzt werden, nachdem die aus Bauschutt geformten begrünten Hügel abgetragen wurden. Rund 1,4 Millionen Euro stehen für die Sanierung des Platzes bereit. Der Gröpelinger Beirat hat der Planung zugestimmt. Aber wird die Maßnahme tatsächlich auch den von den Planern beabsichtigten Effekt haben und die Situation im Liegnitzquartier spürbar verbessern?

Auch Suchtkranke nutzen Spielplatz

Anwohner Heiko Grein, der seit gut 35 Jahren am Liegnitzplatz wohnt, hat da durchaus seine Bedenken. Grund dafür ist, dass die Planer ein kleines dreieckiges Areal durch einen etwa einen Meter hohen Zaun vom Spielbereich abtrennen und Erwachsenen als Treffpunkt und Ruhebereich zur Verfügung stellen möchten. Rechtlich gehöre diese Fläche zum Spielplatz, grundsätzlich sei sie aber als Raum für alle gedacht, so Planerin Sabrina Werner vom Umweltbetrieb Bremen (UBB). „Eine Beschilderung wird dort selbstverständlich Rauchen, Grillen und so weiter verbieten.“

Der Platz könnte dadurch noch mehr als jetzt schon auch Menschen anziehen, für die ein Spielplatz ein eher ungeeigneter Ort ist, fürchtet allerdings Grein, der die Situation vor Ort täglich hautnah miterlebt: „Es gibt im Stadtteil eine hohe Anzahl Suchtkranker. Diese nutzen auch den Spielplatz Liegnitzplatz zum Aufenthalt, Konsumieren von Nikotin, Alkohol, Lachgas, Heroin, Crack und zum Ausruhen nach dem Konsum.“ Erst kürzlich hat Grein auf dem Spielplatz einen Mann vor den Augen eines Grundschulkindes kollabieren sehen. „Daraufhin hat jemand die Polizei gerufen, die hat einen Rettungswagen gerufen und der Mann wurde anschließend eine Stunde lang auf dem Platz reanimiert.“ Einmal habe ein aggressiv wirkender Mann sich im Sandkasten eine Schlafstatt hergerichtet, erzählt Grein weiter: „Fast direkt daneben spielte ein afrikanischer Mann mit seinen beiden kleinen Kindern. Und an einem anderen Nachmittag urinierte ein Volltrunkener auf dem Spielplatz an eine Sitzbank, während nur drei Meter weiter mehrere türkische Omis saßen.“

Anwohner müssen gestärkt werden

Grein ist einer, der solche Situationen durch klare Ansagen zu klären versucht und bei Problemen regelmäßig die Polizei kontaktiert. 20 betrunkene Erwachsene, zwei Hunde und laute Musik mitten in der Nacht draußen auf der Straße? Grein sucht sich in solchen Fällen Verbündete und wirkt freundlich darauf hin, dass die Musik ausgestellt wird – durchaus mit Erfolg. Er kennt aber auch Nachbarn, die ihre Kinder mittlerweile nicht mehr zum Spielen rausschicken, „weil sie Angst um sie haben.“

Seine Befürchtung: „Mit einer Teilung der Fläche und dem Schaffen von mehr Aufenthaltsbereichen wird die bereits bestehende Dynamik und Nutzung unterstützt.“ Eine Planung, die dazu führe, den „Schutzstatus Kinderspielplatz“ aufzuweichen, konterkariere den Bedarf von Kindern und Anwohnern und verschärfe potenziell die bestehende Lage, warnt Grein, und unterstreicht: „Die Interessen von Konsumenten und Suchtkranken müssen an einem anderen Platz und in einer für sie angemessenen Form Berücksichtigung finden und realisiert werden.“ Der Gröpelinger plädiert vor diesem Hintergrund dafür, über Schilder die Regeln auf dem Spielplatz klar zu kommunizieren – mehrsprachig und mit Piktogrammen – und gleichzeitig die Anwohner darin zu stärken und zu schulen, für ihre und die Rechte ihrer Kinder einzutreten.

Polizei sieht bisher keine auffällige Situation

Mit dem im Januar 2024 in einer ehemaligen Teestube an der Ecke Johann-Kühn-Straße eröffneten Quartierstreff und dem Klimaquartier im ehemaligen Mosaik-Treff an der Liegnitzstraße 26 gibt es unmittelbar am Platz mittlerweile zwei Treffpunkte, über die sich die Nachbarschaft besser vernetzen und zusammenrücken kann. Anwohner sollten bei Vorfällen die Polizei rufen, raten außerdem Kontaktpolizist Marc Niemann und Ralf Martens, der das Gröpelinger Revier leitet. Bislang deuten ihnen zufolge die Zahlen im polizeilichen Einsatzleitrechner auf keine auffällige Situation oder eine Häufung von Straftaten rund um den Liegnitzplatz hin. Somit werde es dort auch zunächst keine erhöhte Polizeipräsenz geben.

"Manche Nachbarn sind von der Polizei enttäuscht und sagen: Wozu soll ich sie rufen – die kommt sowieso nicht", weiß Heiko Grein. „Wer etwas beobachtet, sollte das melden. Dann passiert da auch was. Aber die offiziellen Stellen müssen es wissen“, unterstreicht dazu Ortsamtsleiterin Cornelia Wiedemeyer, die gleichzeitig findet: „Das Ziel muss aber sein, das Miteinander im Quartier so zu organisieren, dass wir eben nicht dauernd die Polizei brauchen.“

Klar ist: Allein durch die Sanierung werden sich die Probleme rund um den Liegnitzplatz nicht in Luft auflösen. Der Platz werde seit jeher auch von älteren Frauen und anderen Erwachsenen genutzt, weiß Stephanie Jaeger vom Fachdienst Spielraumförderung im Amt für Soziale Dienste. „Dieser Spielplatz ist eben auch ein Quartiersplatz, diese Konkurrenz werden wir immer haben.“ Juliane Hesse aus dem Bauressort ergänzt: „Wir können nur versuchen, Orte zu besetzen, um dort mehr Handhabe zu haben.“

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