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Nicht genehmigte Bauvorhaben Gröpelingen will Schwarzbauten den Kampf ansagen

Geht Bremen zu großzügig mit Bauherren um, die ohne Baugenehmigung loslegen? Definitiv ja, findet der Gröpelinger Beirat – und fordert ein konsequenteres Handeln.
08.09.2025, 05:00 Uhr
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Gröpelingen will Schwarzbauten den Kampf ansagen
Von Anne Gerling
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Ohne Baugenehmigung kein Bau – so sind die Spielregeln bei Neubauvorhaben und bei An- oder Umbauen. Loslegen dürfen Bauherren also erst, wenn sie das Papier haben, in dem die Behörde ihnen offiziell bestätigt, dass ihr Vorhaben den baurechtlichen Vorgaben und dem örtlichen Bebauungsplan entspricht. Wer ohne Genehmigung baut – also schwarz – macht sich strafbar.

Soweit die Theorie. Die Praxis sieht allerdings anders aus. Immer wieder nämlich bekommt der Gröpelinger Beirat Anträge auf den Tisch, bei denen es um die Genehmigung bereits fertiggestellter Gebäude beziehungsweise An- und Umbauten geht. In aller Regel würden solche Anträge quasi durchgewinkt, so das Empfinden der Beiratspolitiker. Dies sei unfair gegenüber denjenigen, die sich an Recht und Gesetz halten, und schwäche die Beteiligungsrechte des Beirats. Dadurch verlören Bürger das Vertrauen in Politik und Verwaltung. Das Gröpelinger Stadtteilparlament fordert deshalb vom Bauressort ein konsequenteres Vorgehen gegen nachträgliche Legalisierungen von Bauvorhaben.

Wie oft werden Bauanträge nachträglich eingereicht?

Laut Bauressort ging es bei mindestens 32 der im Zeitraum 2020 bis 2025 eingereichten 271 Bauanträge in Gröpelingen um die nachträgliche Legalisierung bereits erfolgter oder begonnener Bauvorhaben. Das entspricht einem prozentualen Anteil von 11,8 Prozent. Die Dunkelziffer könnte laut Ressortsprecher Aygün Kilincsoy sogar höher liegen, da das Stichwort „nachträglich“ möglicherweise nicht in jedem der für die Erhebung ausgewerteten Antragstexte enthalten sei.

Die Tendenz ist demnach seit 2022 steigend. So zielten 2020 drei von insgesamt 35 Anträgen (8,5 Prozent) auf eine nachträgliche Legalisierung ab und im Jahr 2021 war es einer von 43 Anträgen (2,3 Prozent). 2022 ging es bei drei von 39 Anträgen (7,7 Prozent) um bereits ausgeführte Bauvorhaben, im Jahr 2023 waren es sechs von 50 Anträgen (12 Prozent), 2024 elf von 62 Anträgen (17,7 Prozent) und im Jahr 2025 bislang acht von 42 Anträgen (19 Prozent). Das Thema betrifft dabei offenbar nicht nur Gröpelingen. Kilincsoy nennt die Gesamtzahl von 6600 Anträgen für Bremen in den vergangenen fünf Jahren, von denen rund 370 Anträge auf eine nachträgliche Legalisierung abzielten – ein Anteil von 5,6 Prozent.

Wieso steigen die Zahlen?

Der Bauressort-Sprecher erklärt die Zunahme insbesondere im Bezirk West mit einer Personalaufstockung in seiner Behörde – also mit mehr Kontrollen: „Zur Nachverfolgung von Beschwerden wurden in der Eingriffsverwaltung vor nicht allzu langer Zeit zwei Baukontrolleure eingestellt, die im Außendienst entsprechende Feststellungen machen. In diesen Fällen wird häufig die Einreichung von Bauanträgen zur nachträglichen Legalisierung gefordert.“ Im Laufe des Jahres 2022 sei außerdem im Bezirk West das Team der Bauordner um zwei Stellen von vier auf sechs verstärkt worden, „sodass auch von hier diesen Fällen vermehrt nachgegangen werden kann.“

Wie geht die Behörde bislang mit nachträglichen Legalisierungen um?

Geht Bremen zu großzügig mit Schwarzbauten um? Dieter Winge (Linke), stellvertretender Bauausschusssprecher im Gröpelinger Beirat, hat verglichen, wie nachträgliche Legalisierungen von Bauvorhaben in anderen Bundesländern gehandhabt werden. Demnach werden zum Beispiel in Berlin und Hamburg deutlich höhere Gebühren fällig, in Bayern wird sehr häufig der Abriss von Schwarzbauten verlangt und Nordrhein-Westfalen verhängt Bußgelder. Bremen hingegen genehmige fast jeden Antrag, erhebe die reguläre Gebühr und verhänge kaum Bußgelder, so Winge: "Hier herrscht da schon eher Laissez-faire."

Da eine Rückbauverfügung einen erheblichen Eingriff in die grundgesetzlich geschützten Eigentumsrechte darstelle, müsse die Bauaufsichtsbehörde ihr Ermessen sorgfältig ausüben und prüfen, ob ein rechtmäßiger Zustand auf anderem Wege, zum Beispiel durch nachträgliche Genehmigung, eine Nutzungsuntersagung oder einen Teilrückbau, erreicht werden könne, sagt dazu Bauressort-Sprecher Kilincsoy. Zwar könne eine höhere Gebühr erhoben werden, dafür müsse aber der Mehraufwand für die Behörde belegt werden. Dies sei oft schwierig, „sodass die einfache Gebühr erhoben wird und die ansonsten mit der erhöhten Gebühr verbundene Sanktionierung des Bauens ohne Baugenehmigung unterbleibt“.

Aufgrund von Personalmangel würden auch nur in herausragenden Fällen Ordnungswidrigkeitenverfahren zur Verhängung von Bußgeldern eingeleitet, so Kilincsoy: „In Gröpelingen wurde im letzten Jahr kein Bußgeld verhängt. In den vergangenen fünf Jahren wurden im Stadtteil vier Verfahren eingeleitet.“ Ob und wie oft in den vergangenen fünf Jahren der Abriss von Schwarzbauten in Gröpelingen angeordnet wurde, geht aus den Daten des Bauressorts nicht unmittelbar hervor.

Wie will der Beirat Schwarzbauten eindämmen?

Die Gröpelinger Ortspolitiker fordern von Bauressort und Bauaufsichtsbehörde, häufiger Bußgelder zu verhängen und außerdem die Gebühren für nachträgliche Genehmigungen mindestens zu verdoppeln. Sei ein Gebäude nicht genehmigungsfähig, solle außerdem ein Abriss angeordnet werden. Darüber hinaus verlangt der Beirat, zukünftig regelmäßig und transparent von der Bauaufsichtsbehörde über das Thema informiert zu werden.

„Grundsätzlich stimmen wir mit dem Beirat über die abschreckende Wirkung von Bußgeldern überein“, sagt dazu Bauressort-Sprecher Kilincsoy. Ihm zufolge wird die Erhöhung der Gebühr für nachträgliche Legalisierungen derzeit geprüft. „Die Änderung hätte zur Folge, dass die erhöhten Genehmigungsgebühren ohne Nachweis des Mehraufwands regelmäßig in Ansatz gebracht werden könnten.“

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