Noch im Januar will, wie berichtet, die Firma Alstom offenbar die notwendigen Unterlagen für ein Planfeststellungsverfahren einreichen, das Voraussetzung für den Bau einer Bahnwerkstatt auf der Fläche des sogenannten Russenfriedhofs an der Reitbrake ist.
Am Freitag, 20. Januar, beschäftigt die Reitbrake auch den Petitionsausschuss der Bremischen Bürgerschaft. Dort wird ab circa 15 Uhr in einer öffentlichen Sitzung über zwei Anträge aus dem Sommer 2021 verhandelt: die Petition S 20-203 mit dem Titel "Keine Bahnwerkstatt in Bremen-Oslebshausen", die von 341 Menschen unterzeichnet wurde, und die Petition S 20-205 (426 Unterstützer) für die "Einrichtung einer NS-Zwangsarbeiter:innen Gedenkstätte in Bremen-Oslebshausen“.
„Wir haben seinerzeit beschlossen, dass es erst sinnhaft ist, über diese Petitionen zu beraten, wenn wir wissen, was dort gefunden wurde“, erklärt dazu Claas Rohmeyer (CDU), Vorsitzender des Petitionsausschusses. Das ist mittlerweile der Fall; die Grabungen der Landesarchäologie wurden im November abgeschlossen. 66 vollständige Tote, mehr als 200 Erkennungsmarken und über 14.000 Knochen und Knochenteile haben sie zutage gefördert; weitere Funde menschlicher Überreste sind Landesarchäologin Uta Halle zufolge auf dem Areal nicht zu erwarten.
Die Bürgerinitiative (BI) "Oslebshausen und umzu" und das Bremer Friedensforum hingegen plädieren für eine Fortsetzung der Grabungen, da weiterhin etwa 300 Leichname vermisst würden, für deren Verbleib Landesarchiv, Landesarchäologie und Senat keine wissenschaftlich befriedigende Antwort hätten liefern können.
"Für die Abgeordneten sollte die Frage der Ansiedlung einer Bahnwerkstatt eine Frage des Gewissens sein. Niemand sollte ohne ausreichende Prüfung der Fakten dem Wunsch des Bürgermeisters folgen und auf diesem authentischen Ort von Naziverbrechen einer Ansiedlung ausgerechnet von einer Bahnwerkstatt zustimmen. Dies wäre mehr als geschichtsvergessen. Es würde die Würde der hier Bestatteten und ihrer Angehörigen zutiefst verletzten", sagt dazu Ekkehard Lentz vom Bremer Friedensforum.
Am Freitag haben die Petenten in Raum 2 der Bürgerschaft noch einmal die Gelegenheit, sich zu dem Thema zu äußern und Fragen zu stellen. Erwartet werden zu der Sitzung Vertreterinnen der Ressorts Kultur, Wissenschaft und Häfen sowie Bau und Umwelt sowie aus der Senatskanzlei. „Wir sind erstmal Anwalt der Petenten und haben Fragen an den Senat“, sagt Rohmeyer. Ein Beschluss wird ihm zufolge in dieser Sitzung nicht gefasst, es gehe zunächst um das weitere Vorgehen: „Ich glaube aber, es macht Sinn, dass der Ausschuss sich bemühen sollte, die Petition noch in dieser Legislaturperiode abschließend zu behandeln. Denn dieser Petitionsausschuss war auch vor Ort und wir wissen nicht, wer dem Ausschuss nach der Bürgerschaftswahl angehört.“
Das Bremer Friedensforum und die BI haben indes angekündigt, sich in das Planfeststellungsverfahren einbringen zu wollen.