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Barrierefreiheit Hemelingen: Kein gutes Pflaster für Rollstuhlfahrer

Barrierefreiheit ist ein Ziel, aber längst noch nicht überall in Hemelingen hergestellt. Darum fordert der Beirat nun etwas Einzigartiges für Bremen.
23.01.2025, 05:00 Uhr
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Hemelingen: Kein gutes Pflaster für Rollstuhlfahrer
Von Christian Hasemann
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Hemelingen muss sich etwas leisten, was an anderer Stelle bereits überwunden ist: gleich zwei Bahnhöfe, die nicht barrierefrei sind. Aber es lauern im Stadtteil noch mehr Stellen, die das sichere Vorankommen für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen erschweren. Nun soll ein Kataster diese Stellen systematisch erfassen, danach sollen die schlimmsten Stellen angegangen werden. Ein Novum für Bremen.

Warum ist Barrierefreiheit wichtig?

Der Hemelinger Beirat hatte sich in seine jüngste Sitzung mit Arne Frankenstein den Landesbehindertenbeauftragten eingeladen. Dieser stellte klar: "Barrierefreiheit ist gesetzlich vorgeschrieben und nicht ein 'nice-to-have'". Gemeint ist damit, dass der Abbau von Barrieren nicht etwas ist, was nett wäre zu haben, sondern etwas, was zwingend vorgeschrieben ist. "Es ist die Voraussetzung, um an der Gesellschaft teilzuhaben", stellte Frankenstein heraus. Behördengänge, das Betreten von Geschäften und besonders die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs soll allen Menschen, egal ob sehbehindert oder auf den Rollstuhl angewiesen, möglich sein.

Wo sind in Hemelingen Stolperstellen?

Gerade beim Nahverkehr hapert es allerdings in Hemelingen. So sind die in die Jahre gekommenen Bahnhöfe Sebaldsbrück und Hemelingen nicht barrierefrei. Dazu kommen noch diverse Bushaltestellen im gesamten Stadtteil. Zu den Barrieren im Stadtteilbild zählen aber auch nicht abgesenkte Bordsteine. Sie machen das Vorankommen mit dem Rollator, dem Rollstuhl oder auch dem Kinderwagen beschwerlich.

Was für Vorschläge gibt es?

Arne Frankenstein plädierte in der Sitzung für ein überlegtes Vorgehen und warnte vor Aktionismus. "Ein erster Schritt könnte sein, ein Kataster zu erstellen und dann die Maßnahmen zu priorisieren, womit man konkret anfängt." Letztlich bleibe aber die Frage, wie man das Anlegen eines Katasters finanziere.

Was sagt der Beirat?

"Wir haben jahrelang auf ein Kataster gewartet, damit wir mal sehen, wo schlechte Straßen und Stellen sind, aber das ist nie gekommen", erinnerte Ralf Bohr (Grüne). Grundsätzlich begrüße er den Vorschlag. "Wir haben ja auch noch Mittel in unserem Stadtteilbudget", machte er außerdem einen Finanzierungsvorschlag.

Auch im übrigen Beirat stieß der Vorschlag von Frankenstein auf Zustimmung. "Ich finde die Idee eines Katasters gut, es ist unglaublich, dass wir 30 Jahre warten sollen, bis alle Haltestellen barrierefrei sind", sagte Jens Dennhardt. Zur Erklärung: Bis 2036 sollen laut Verkehrsentwicklungsplan (VEP) die Hälfte aller Bushaltestellen barrierefrei umgebaut werden.

Voraussetzung dafür sind allerdings ausreichende Finanzmittel. Sollten die Pläne des VEP so umgesetzt werden, dann könnten 2048 alle Haltestellen barrierefrei sein – also aktuell nach annähernd 24 Jahren, wenn es im selben Tempo weitergeht. Verzögerungen bei Verkehrsvorhaben sind allerdings keine Seltenheit, sondern eher die Regel.

"Wie stehen sie im Austausch mit den Ressorts? Das ist ja eine eklatante Benachteiligung von Menschen", wollte Bohr von Frankenstein wissen. "Ich teile die Einschätzung und habe sie mehrfach vorgetragen", so der Landesbehindertenbeauftragte. Er teile die Kritik am schleppenden Umbau des Nahverkehrs.

Längst nicht alle Umbaupläne, die auch Barrierefreiheit beinhalten sollen, stoßen aber auch auf Gegenliebe. Zuletzt gab es beispielsweise Kritik am geplanten Umbau der Domsheide, der aus Sicht der Kritiker nicht ausreichend barrierefrei sei.

Wo gibt es schon Pläne für einen Umbau?

Der Beirat hatte in der Vergangenheit einen Ortstermin mit dem Landesbehindertenbeauftragten. Dabei wurde unter anderem die Ampelanlage an der Ecke Malerstraße/Alter Postweg als Problemstelle ausgemacht. Das Amt für Straßen und Verkehr (ASV) wurde um eine Stellungnahme gebeten, wie die Situation verbessert werden kann.

Der Plan: Die Überquerung wird auf acht Meter verbreitert, sodass für Radfahrer und Fußgänger mehr Platz ist. Bisher kamen sich diese insbesondere in der Mitte an einem Zick-Zack-Gitter in die Quere. Im wörtlichen Sinne eine Barriere also.

Hier zeigte sich aber bereits das erste Problem bei der Umsetzung. "Unsere Mittel für Querungshilfen sind ausgeschöpft", sagte Lutz Schmauder-Fasel vom ASV. Das ASV könne aber die Planungen selbst machen und so die Kosten senken. Was dann noch überbleibt? Laut Schmauder-Fasel annähernd 100.000 bis 150.000 Euro Kosten inklusive einer neuen Ampelanlage. Derzeit zu viel für den Beirat, zu viel für das ASV.

Wie geht es weiter?

Der Beirat verabschiedete einen Beschluss, mit dem er die zuständigen Ressorts auffordert, ein Kataster für Barrieren in der Stadt einzurichten. Gleichzeitig geht der Beschluss an alle anderen Beiräte mit der Bitte um Unterstützung.

Für die Bahnhöfe deuten sich Lösungen an, denn die Deutsche Bahn plant an der Föhrenstraße mit zwei neuen Bahnsteigen: Föhrenstraße Oben und Föhrenstraße Unten. In der kommenden Beiratssitzung im Februar soll es voraussichtlich zu diesen Haltepunkten den aktuellen Sachstand geben.

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