Auch wer sich kaum für Natur interessiert, kann es bemerkt haben: Es gibt viel weniger Insekten als noch vor wenigen Jahrzehnten. Jetzt beginnt die Jahreszeit, in der sich das an den Windschutzscheiben der Autos ablesen lässt – kaum noch eine Fliege lässt ihr Leben im Straßenverkehr.
Dem Insektensterben, das längst eingesetzt hat, wollen in Bremen der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der Verein Naturgarten gemeinsam Einhalt gebieten. Ein Insektenschaugarten soll am Weserwehr als „Lernort“ entstehen und schließlich Privatleuten Inspiration für die brummer- und summerfreundliche Gartengestaltung liefern. Am Donnerstag haben die Vereine ihren Plan vorgestellt.
Etwa 800 Quadratmeter misst die Fläche am Weserwehr in Hastedt, begrenzt von der Weserpromenade und den Gitterrostflächen des Fischaufstiegs. Die kleine, längliche Brachlandinsel soll spätestens 2022 „ein verwegen bunt blühendes“ Biotop sein, „an dem die Insekten ihre helle Freude haben“. So stellt sich der Biologe Michael Kinder von Naturgarten die nahe Zukunft vor. Ihm und der Biologin Heike Schumacher vom BUND ist klar, dass sich Bienen und Wespen, Tagfalter und Käfer wie viele Mücken- und Fliegenarten erst an das kleine Paradies gewöhnen müssen. Sobald es existiert.
Daran arbeiten Schumacher als Leiterin des Projekts „Stadtnatur beflügelt“ und Kinder schon länger. Und das nicht allein. Gegenwärtig, sagt die BUND-Expertin, befinde sich das Vorhaben in der Akquise-Phase: Es werde versucht, Fördergeld von Stiftungen zu erhalten. Insgesamt, schätzen die Initiatoren, könne die Anlage gut 40 000 Euro kosten. „Das ist die Größenordnung, die wir hoffentlich einwerben können.“ Und das ist nur noch etwa die Hälfte des Budgets, das erforderlich gewesen wäre, um alle Wünsche aus dem ersten Beteiligungsverfahren zu erfüllen.
Einmalig in der Stadt
Unter anderem hatten der Umweltbetrieb, die Stadtwerke als Pächterin der Fläche, der Recyclinghof, das Berufsbildungswerk, Insektenexperten der Quartierservice und schließlich der Chef des unmittelbar benachbarten Ausflugslokals ihre Vorstellungen in eine erste Skizze eingebracht.
Aus Kostengründen wird nun auf eine doppelwandige Trockenmauer verzichtet, und es gibt auch keine Wärme speichernde Sitz-Sandsteinreihe mit Sonnenhügel. Das schmälere den angepeilten Erfolg des Insektenschaugartens aber keineswegs, betonen die Macherinnen und Macher. Im urbanen Raum sei ein solches Insektenrefugium künftig einmalig in Bremen.
Auf kleinem Raum soll ein möglichst vielfältig gestaltetes Areal entstehen. Das Herz bilden heimische Pflanzen, über mehrere Eingänge lassen sich die Wege entlang des Bruchsteinwalls und des „langgestreckten Sandthymiansaums“ erreichen. Sie führen hin zu dem Lehm- und Wildbienenhügel, zu Findlingen, vorbei an Schicht- und Totholz, das von unterschiedlichsten Insekten und ihren Freunden und Fressfeinden bevölkert sein wird. Wenn alles klappt.
Später solle das Gelände ein Hort der Umweltbildung sein, Einsatzort für Workshops, Ideenlieferant für Heimgärtner. Dabei solle keinesfalls ein fix und fertiger Miniaturpark entstehen, stellt Schumacher klar: „Der Insektenschaugarten soll sich immer wieder verwandeln.“ Als Basis, auf der weiter gestaltet werden kann, sollen zunächst die Grundstrukturen gelegt werden, durch Geländemodellierung und durch Baum- und Strauchpflanzungen. Wildpflanzen danach auszusuchen, dass stets etwas blühe, „ist eine hohe Kunst“, sagt Schumacher. Und Michael Kinder stellt sich schon jetzt den „Wow-Effekt“ vor, den die Blütenpracht bei den Insekten haben werde – und bei den Menschen, die das Biotop dann später besuchen.