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Energierversorgung Weißer Dampf über Hemelingen

Das neue Blockheizkraftwerk im Hemelinger Hafen ist fertiggestellt. Im Probetrieb spuckt das Kraftwerk weiße Wolken in den Himmel. Wann es allerdings an das Netz geht, ist offen.
23.11.2022, 18:00 Uhr
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Weißer Dampf über Hemelingen
Von Christian Hasemann

Aufmerksamen Beobachtern wird es aufgefallen sein: Aus den drei Schloten des neuen Gaskraftwerks der SWB im Hemelinger Hafen ist in dieser Woche weißer Dampf gequollen. Geht das 140 Millionen teure Kraftwerk trotz der angespannten Lage auf dem Gasmarkt an das Netz?

Die Frage lässt sich nicht mit einem eindeutigen Ja oder Nein beantworten. Was Passanten und Autofahrer sehen konnten, sind lediglich Zeugnisse eines Testbetriebs. "Wir sind im Prozess der Abnahme", erklärt SWB-Pressesprecher Friedhelm Behrens. Dazu gehöre auch ein 72-stündiger Probetrieb – daher der Dampf in dieser Woche.

Effizientes Kraftwerk

In dem Kraftwerk, ein sogenanntes Blockheizkraftwerk, soll künftig Gas verbrannt werden. Dadurch entstehen Hitze und Dampf, der die Turbinen antreibt, und daraus wird Strom gewonnen. Die Abwärme wiederum möchte die SWB in das Fernwärmenetz einspeisen. Strom- und Wärmeerzeugung sind also aneinandergekoppelt. Darum gelten Blockheizkraftwerke als energieeffizient. Dennoch sollten sie nur eine Überbrückungstechnologie bis zum vollständigen Umstieg auf erneuerbare Energien sein.

Mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und dem Ausbleiben der russischen Gaslieferungen steht diese Brückentechnologie unter Druck. Erdgas ist Mangelware und teuer, und damit steigt auch der Erzeugerpreis pro Kilowattstunde Strom und Wärme.

Für den Probetrieb werde derzeit normales Erdgas verwendet, erklärte Behrens. Ob und wann das Kraftwerk am Hemelinger Hafen, das eigentlich Ersatz für das benachbarte Kohlekraftwerk sein sollte, an das Netz geht, konnte Behrens nicht sagen. "Mindestens über den Winter hinaus wird es keinen Regelbetrieb geben und solange die Gefahr einer Gasmangellage besteht." Die Leistungen des Kraftwerks würden derzeit deswegen auch nicht am Markt angeboten. Die SWB bleibt also erst einmal auf den Baukosten sitzen.

Experten gehen davon aus, dass die eigentliche Herausforderung für Deutschland erst im kommenden Jahr richtig beginnt. Derzeit sind die Füllstände der Gasspeicher beinahe bei der Maximalkapazität. Je nach Wetterlage und abhängig von Im- und Exporten könnten die Speicherstände im Frühjahr nach Angaben der Bundesnetzagentur bei etwas 50 Prozent oder niedriger liegen. Sollten die Speicher leer sein, wird es schwer, die Speicher bis zur Heizperiode 23/24 wieder bis zum Höchststand zu füllen. Es ist also kaum planbar, wann das Kraftwerk im Hafen an das Netz gehen könnte.

Wasserstoff noch keine Alternative

Wasserstoff als Alternative für Erdgas im Hemelinger Kraftwerk steht ebenfalls nicht kurzfristig zur Verfügung. "Aber wir verfolgen weiter, ob die Anlage für den Wasserstoffbetrieb geeignet ist", sagt Behrens. Dafür müssten Komponenten umgebaut oder getauscht werden. Grundsätzlich habe der finnische Hersteller der Turbinen gesagt, dass ein Betrieb mit Wasserstoff möglich sei. "Aber letztlich haben wir mit Wasserstoff dasselbe Problem. Wo kriegen wir ihn her?"

In den kommenden Wochen werde wegen des Probebetriebs immer mal wieder weißer Dampf, tatsächlich Wasserdampf und Kohlenstoffdioxid, aus den Schloten dringen. Anfang kommenden Jahres soll dann die Endabnahme sein.

Baubeginn für das Kraftwerk war 2020. Nach SWB-Angaben sollen durch das Kraftwerk circa 550.000 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden, sobald das benachbarte Kohlekraftwerk vom Netz geht. Das Kraftwerk hat eine elektrische Leistung von 104 Megawatt und eine thermische Leistung von 93 Megawatt.

Die Turbinen des finnischen Herstellers Wartsilä haben umgerechnet pro Motor eine Leistung von annähernd 16.000 PS. Das entspricht rund 150.000 PS für das gesamte Blockheizkraftwerk. Anders als die bisherigen Kraftwerke hat das Gaskraftwerk einen geschlossenen Kühlwasserkreislauf und keine Durchlaufkühlung und heizt damit nicht das Weserwasser auf. Die elektrische Leistung soll künftig rechnerisch für 150.000 Haushalte reichen.

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