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Alternativer Sport Warum auf der Rennbahn Zielgenauigkeit gefragt ist

Auf der Bremer Galopprennbahn kehrt mit neuen Sportangeboten Leben ein. Nötig sind unter anderem der richtige Schwung, Stand und Ehrfurcht.
18.11.2021, 10:49 Uhr
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Warum auf der Rennbahn Zielgenauigkeit gefragt ist
Von Christian Hasemann

Und es hat "Pling!" gemacht: Ein Golfer hört schon am Klang beim Abschlag, ob er den Ball gut getroffen hat. Der Autor dieser Zeilen ist ganz sicher kein guter Golfer, hat sich aber dennoch als Jedermanngolfer auf der Galopprennbahn versucht. Neben Golfen für Jedermann oder- frau gibt es noch weitere Angebote für Menschen aus der Nachbarschaft auf der Rennbahn.

"Hier sollen alle Golfen, die nicht gewusst haben, dass sie in ihrem Leben noch mal Golfen", beschreibt Uwe Rathgeber die Schlagrichtung seine Projekts auf der Rennbahn. Senioren könnten hier im westlichen Teil des Rennbahngeländes gemeinsam mit ihren Enkeln spielen. "Wir haben auch mehrere Projekte mit der Oberschule Sebalsbrück gemacht", erzählt Rathgeber.

Die Oberschule hat auf dem östlichen Teil des Geländes eine Draußenschule aufgebaut. Das Jedermann-Golf und die Schule sind also quasi Nachbarn – allerdings durch ein paar hundert Meter und einen Wasserlauf getrennt. Und überhaupt: vor tief fliegenden Irrgängern von Journalisten brauchen die Schüler keine Angst haben. Das Golfspiel beschränkt sich auf einen kleinen mit weißen Pfosten markierten Bereich, ein Neunloch- oder gar Achtzehnlochparkours zu spielen, ist beim Jedermann-Golf nicht möglich.

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Auf dem von der Wirtschaftsförderung Bremen (WfB), die das städtische Grundstück im Auftrag der Stadt verwaltet, gepachteten Teilstück  der Galopprennbahn ist vor allem das Üben von Abschlägen möglich. "Auch bei Schnee und Dunkelheit", wie Rathgeber betont. Zukünftig soll aber noch mehr möglich sein. "Wir werden noch zwei richtige Bahnen anlegen", kündigt Rathgeber an, der seine Platzreife an selber Stelle auf der inzwischen geschlossenen Golf Range gemacht hat. Unter Umständen könnte noch eine dritte Bahn folgen. "Dann hätte man eine Kompaktanlage, wo jeder vernünftig lernen kann." Schon jetzt können Besucher auf Grünflächen das Chippen und Pitchen – das sind Schläge für eher kurze Distanzen – lernen.

Hecken auf die Rennbahn

Beim Antritt zum Abschlag erklärt Rathgeber worauf es ankommt: hüftbreit hinstellen, den linken Arm gestreckt lassen, ausholen und beim Schlag durchschwingen. Es macht zwar mehr "Plock" statt "Pling", aber immerhin: Der Ball fliegt in einer flachen Kurve etwa 50 Meter weit in Richtung einer Baumgruppe hinter der der künftige Weg über die Rennbahn geplant ist.

Der Architekt aus Schwachhausen sehe gerne noch mehr Leben auf der Rennbahn. Damit meint er nicht nur mehr Golfer. "Ich finde es ganz wichtig, dass hier Leben herrscht, aber dabei auch die Natur erhält", sagt er. Neben dem Spielbereich der schwingenden und schlagenden Sportler sollen Wiesen als Blühstreifen erhalten bleiben. "Und im hinteren Bereich wollen wir möglichst viel der Natur überlassen." Statt der weißen Pfosten könnten dort Weißdornhecken gepflanzt werden. 

Zukünftig sollen mehr Menschen aus den umliegenden Quartieren zur Driving-Range, also der Abschlagstelle, gelockt werden. "Ich will dafür sorgen, dass die Leute Golf spielen, die das noch gar nicht kannten", so Rathgeber. Hürden gibt es für Interessierte erst einmal nicht: Sie können Schläger und Bälle vor Ort ausleihen. Der Beitrag für die regelmäßige Teilnahme beschränkt sich derzeit überdies auf wenige Euro. Eines gibt es aber dann doch, was Interessierte mitbringen sollten, meint Rathgeber: "Ehrfurcht". Gefährlich sei es beim Golf, sich selbst zu sagen: "Jetzt kann ich es."

Neue Mitgolfer kann Rathgeber gut gebrauchen, denn bisher zahlt er die Pacht aus eigener Tasche. "Es soll sich schon selbst tragen, ich wollte nicht bis ans Ende der Welt Geld rein stecken", sagt Rathgeber, der auch die Pflege in Eigenregie übernimmt. Gewinn soll die Anlage allerdings nicht abwerfen.

Bogenschießen mit Intuition

In sicherer Nähe braucht es ebenfalls ein gutes Auge und Konzentrationsfähigkeit. Dort üben Bogenschützen beim intuitiven Bogenschießen mit traditionellen Langbögen ihre Fertigkeiten. Seit Mai bieten Christine Sellschopp, Maren Kleine-Tebbe und Andrea Overesch Seminare für Gruppen und Familien an. "Ab Mai ging es richtig los", erzählt Christine Sellschopp. Im Inneren Zirkel der Rennbahn geht es dabei nicht um das Zielen über ein Visier, wie beim Sportschießen. "Wir zielen nicht über das Auge, sondern über das intuitive Wissen, so ähnlich wie ein Basketballer, der einen Ball auf den Korb wirft." Der Schwerpunkt liege außerdem auf dem achtsamen Bogenschießen. "Bogenschießen ist mehr, als ein Ziel zu treffen. Es ist die Ruhe, das In-sich-sein", sagt Sellschopp weiter. Viel Wert werde daher auf den Gesamtablauf gelegt.

Besondere Fähigkeiten brauche es für das Bogenschießen nicht, so Sellschopp. "Wir sagen so ab neun Jahren und nach oben gibt es eigentlich keine Grenze." Sehr gerne bieten die drei Frauen Seminare für Familien an. "Aber es kommen auch immer mehr Betriebsausflüge."

Sellschopp begrüßt die Pläne, die Galopprennbahn mit Leben zu füllen. "Ich kann mir hier ganz viel vorstellen: Hood-Training, einen Boule-Platz, eine Picknick-Wiese oder auch eine Half-Pipe oder einen Basketballplatz." Neben Angeboten zum Teilnehmen sollte es viele Bereiche geben, wo Besucher einfach so hingehen könnten. Für diese kleinteiligen Angebote verzichten die drei Frauen auf eine Idee. "Einen Bogen-Parcours wird es hier nicht geben, denn das würde die Möglichkeiten für andere Angebote einschränken", sagt Sellschopp. Das sei etwas, was sie nicht wolle. "Das würde die Öffnung des Geländes für die Menschen aus den umliegenden Stadtteilen verhindern."

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