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Hotspot der Artenvielfalt Bürgerinitiative Horner Spitze will Bebauung verhindern

Die Bebauung der Horner Spitze müsse aus sozialen und ökologischen Gründen verhindert werden – das finden die Mitglieder der Bürgerinitiative. Sie haben sich mit Beiratspolitikern auf dem Areal getroffen.
19.10.2023, 05:00 Uhr
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Von Maren Brandstätter

Die Ponygruppe ist gerade vorbei. Nach Hause gehen die Kinder deshalb aber noch nicht. Für die einen geht es aufs große Trampolin, für die anderen zum Sandhügel zu den Baggern und Förmchen. Heute ist es voll auf dem Vereinsgelände von Kinder, Wald und Wiese – voller als sonst. Und ausnahmsweise sind mehr Erwachsene als Kinder hier. Zehn von ihnen sind Stadtteilpolitiker aus Horn-Lehe und Schwachhausen. Sie wollen sich ein Bild von dem Gelände machen, das seit zwei Jahren immer wieder Thema in den Beiräten ist.

Der Weg zum Vereinsgelände ist zurzeit ein bisschen abenteuerlicher als üblich. Wer das Areal auf der Horner Spitze besucht, der passiert auf teils verschlammten Wegen Bauzäune, Bagger und Lastwagen, bevor er dorthin gelangt, wo die Ponys, Pferde und Ziegen des Vereins ihre Ställe haben. Der Grund für die Baumaßnahme ist die neue Fernwärmetrasse, die derzeit am Rand des Geländes verlegt wird. Damit nicht auch das übrige Refugium des Vereins dereinst zur Baustelle wird, hat sich die Bürgerinitiative (BI) „Horner Spitze“ gegründet. Die möchte verhindern, dass sich der benachbarte Technologiepark auf das Areal ausdehnt, so wie es im rot-grün-roten Koalitionsvertrag steht und wie es das Wirtschaftsressort gerade durch eine Machbarkeitsstudie prüfen lässt.

Rund 40 Mitglieder der BI flanieren heute mit den Beiratspolitikern über das vier Hektar große Gelände des Vereins. Unter ihnen Eltern, Naturschützer und Kleingärtner aus den umliegenden Parzellen. Sie alle bangen in doppelter Hinsicht um die Zukunft der Fläche, erzählt Sprecher Winfried Osthorst. Sowohl sozial als auch ökologisch. Zum einen müsse der Verein als einmalige Adresse für Naturpädagogik erhalten bleiben, zum anderen sei die Fläche von immenser Bedeutung für die Umwelt. Das bestätigt auch Martin Rohde, Geschäftsführer vom Bremer BUND. Das Gelände sei nicht nur ein Hotspot der Artenvielfalt, sondern diene einschließlich des Parzellengebiets auch als klimatisch wichtige Kaltluftschneise für Bremen, berichtet er der Besuchergruppe.

Die Sorge der BI geht aber noch über die potenzielle Bebauung des Vereinsgeländes hinaus. Da dafür eine extrem teure Bahnunterführung gebaut werden müsste, sei es unwahrscheinlich, dass es den Planern lediglich um die vier Hektar von Kinder, Wald und Wiese gehe, sagt Osthorst. Die Vermutung der BI sei vielmehr, dass perspektivisch auch die angrenzenden Kleingärten dem Technologiepark weichen sollen. Auch Inka Godau-Krmek glaubt, dass die Stadt eine solche Salami-Taktik plant. Ihre Tochter Mia ist mindestens zweimal pro Woche im Verein aktiv und sorgt sich schon jetzt, wo sie alle bleiben sollen, wenn hier eines Tages der Technologiepark erweitert werden sollte. Kinder, Wald und Wiese biete den Kindern und Jugendlichen neben dem Naturerleben ein hohes Maß an Freiheit fernab starrer Vereinsstrukturen und sei dabei auch für wirtschaftlich schwächere Familien bezahlbar, betont Godau-Krmek.  

Aus dem Schwachhauser Beirat sind Vertreter der Grünen-, SPD-, FDP- und Linken-Fraktion unter den Besuchern. Der Beirat hatte sich Anfang des Jahres bereits mehrheitlich gegen die Pläne der Wirtschafts- und der Umweltsenatorin ausgesprochen. Zwar gehöre das Areal planungsrechtlich nicht zu Schwachhausen, die Auswirkungen einer Bebauung würden jedoch auch hier massiv zu spüren sein, hatte der Beirat seinen Beschluss begründet. Schließlich käme ein Großteil der Kinder und Jugendlichen, die das Angebot des Vereins nutzen, aus Schwachhausen. Klaus-Peter Land (Grüne) gehörte seinerzeit zu den Fürsprechern des Beiratsbeschlusses. Der Wert des Areals für die Naturpädagogik und auch für die Natur selbst sei immens, sagt er. Etwas Vergleichbares gebe es im Stadtteil kein zweites Mal.

Im Horn-Leher Beirat, in dessen Beritt die Horner Spitze liegt, waren die Stimmen zu den Plänen des Wirtschaft- und des Umweltressorts bislang zurückhaltender. Heute sind Mitglieder der SPD- und der Grünen-Fraktion vor Ort, um sich ein detailliertes Bild von dem viel diskutierten Areal zu machen. Während die Grünen seinerzeit einen Antrag im Duktus der Schwachhauser Stellungnahme verabschieden wollten, war das Gros des Beirats dafür, erst einmal abzuwarten. Eine gute Entscheidung, findet Paul Ditter (SPD). Das Vereinskonzept gefällt ihm gut, sagt er. Trotzdem halte er es für verfrüht, sich für oder gegen die Pläne der Ressorts auszusprechen, bevor die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie vorliegen. Sein Parteikollege Robert Dorn ist derselben Ansicht. Großen Grund zur Sorge sehe er für den Verein Kinder, Wald und Wiese allerdings nicht. Er halte die Kosten-Nutzen-Rechnung für eine Erweiterung des Technologieparks an dieser Stelle für fraglich, sagt er. Deshalb gehe er tendenziell davon aus, dass der Verein an seinem jetzigen Standort bestehen bleiben könne.

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