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Horner Spitze Geplanter Ausbau des Bremer Technologieparks stößt auf Widerstand

Spannungen in Bremen: Der geplante Ausbau des Technologieparks Horner Spitze sorgt für Unmut. Bürger und Verbände fürchten um die Umwelt und die lokale Kaltluftschneise.
22.03.2025, 05:00 Uhr
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Von Maren Brandstätter

Wenn überhaupt, war es zuletzt bei der Vorstellung der Polizeireform derart voll bei einer Beiratssitzung. Mehr als 100 Bürger sowie Vertreter von Initiativen und Verbänden waren am vergangenen Donnerstag im Horner Gemeindesaal erschienen, um sich auf den aktuellen Stand zur Zukunft der „Horner Spitze“ zu bringen. Und um zu unterstreichen, dass sie eine mögliche Erweiterung des Technologieparks auf dem Areal für indiskutabel halten. Zu welchem Ergebnis die Machbarkeitsstudie gekommen ist, die vor drei Jahren in Auftrag gegeben worden war, ließen sich Politiker und Zuhörer von Simone Geßner vom Wirtschaftsressort berichten.

Das Areal südlich der Bahntrasse ist der Machbarkeitsstudie zufolge als Standort für weitere Unternehmen überaus geeignet. Das Gutachten prognostiziert „hohe regionalwirtschaftliche Effekte“ im Falle einer Erweiterung des Technologieparks in diese Richtung. Die würde im günstigsten Fall 17,4 Millionen Euro kosten, im ungünstigsten 24,4 Millionen. Die Bahnunterführung für die Erschließung über die Lise-Meitner-Straße ist dabei mit rund 5,6 Millionen Euro eingerechnet. Dem gegenüber stünden rund 610 neue Arbeitsplätze, was für die Stadt perspektivisch ein Plus von 500.000 bis 700.000 Euro pro Jahr bedeuten würde, berichtete Geßner.

Klimatische Bedeutung als Kaltluftschneise

Zur klimatischen Bedeutung der Horner Spitze als Kaltluftschneise erklärte sie, dass sich deren Qualität durch eine Bebauung verschlechtern würde und man sich daher um eine Ausgleichsfläche bemühen müsse. Um einschätzen zu können, wie groß genau die Beeinträchtigung der Kaltluftfunktion sein würde, müssten konkrete Angaben zu Gebäudestellungen und -höhen vorliegen, so Geßner. Das sei allerdings erst im Rahmen einer Bauleitplanung möglich.

Dem ansässigen Verein Kinder, Wald und Wiese, der sein Areal auf der Horner Spitze räumen müsste, könne das Ressort eine 5500 Quadratmeter große Fläche auf dem Gelände des „Alten Campingplatzes“ in Nachbarschaft des Vereins „Kinder- und Jugendwelt am Unisee“ anbieten und würde sich mit 240.000 Euro an den Kosten für den Umzug beteiligen. Die Kleingärten rund um die Horner Spitze seien von den Ausbauplänen ausdrücklich nicht betroffen. Auf Grundlage der Machbarkeitsstudie soll laut Geßner im nächsten Schritt eine gemeinsame Beschlussfassung im Senat erfolgen. Aktuell gehe man davon aus, dass sich die zuständigen Gremien bis Mitte des Jahres mit der Angelegenheit befasst haben werden. Die eigentliche Entwicklung der Horner Spitze würde etwa sieben bis acht Jahren dauern, berichtete sie.

Fragezeichen in ökologischer Hinsicht

Die Resonanz aus dem Beirat auf die Erweiterungspläne war geteilt. Die Grünen waren von den Lösungsansätzen zum ökologischen Ausgleich und für den Verein Kinder, Wald und Wiese absolut nicht überzeugt. „Wir werden gegen die Bebauung stimmen“, betonte Fraktionssprecherin Gudrun Stuck. Auch Manfred Steglich (BSW) sprach sich gegen die Pläne aus. Diese seien ökologisch unverantwortlich, wirtschaftlich fragwürdig und friedenspolitisch bedenklich, da zu befürchten sei, „dass die Bebauung vor allem dem Bremer Raumfahrt- und Rüstungskonzern OHB zugutekommen könnte“. Paul Ditter (SPD) appellierte indes an die Kritiker, Vertrauen in das Gutachten zu haben. Der Beirat habe Antworten auf seine Fragen bekommen, nun sei es eine Abwägungsfrage, welche Faktoren die höhere Priorität hätten. Claus Gülke (CDU) zeigte sich zufrieden, dass die Kleingärten erhalten bleiben sollen und eine Ersatzlösung für den Verein Kinder, Wald und Wiese gefunden worden sei. Dennoch blieben einige Fragezeichen in ökologischer Hinsicht. Im nächsten Schritt sei nun erst einmal eine Rückkopplung mit den Bürgerschaftsfraktionen angezeigt. Philipp Eilers (FDP) betonte, dass die geplante Erweiterung alternativlos sei, wenn man nicht riskieren wolle, dass perspektivisch Arbeitsplätze verlorengehen.

Wir müssen neue Technologien hierher kriegen – deshalb brauchen wir jeden Quadratmeter für Gewerbeflächen.
Volker Stahmann (SPD)

Seitens der Zuhörer lag der Fokus indes klar auf dem Erhalt der Horner Spitze. „Eine Unterbrechung der Kaltluftschneise wäre nicht auszugleichen,“ betonte Ulf Jacob vom Bündnis für eine lebenswerte Stadt. In Zeiten des Klimawandels könne eine Zerstörung dieser Grünfläche daher nicht hingenommen werden. Das Bündnis kritisiere außerdem die fachlich ungenügende Stadtklimaanalyse in der Machbarkeitsstudie. Dieter Mazur vom BUND äußerte unter anderem Zweifel an der Darstellung der Wirtschaftlichkeit einer Erweiterung. Im Gewerbegebiet Horn-Lehe West liege zudem ein riesiges Gelände brach, das seiner Ansicht nach als alternative Erweiterungsfläche geprüft werden könnte. Die Lösungsangebote des Gutachtens für Umwelt, Klima und Verein seien nicht akzeptabel, kritisierte er. „Sie planen, als gäbe es kein Morgen mehr.“

Wir haben die verdammte Pflicht, keine Verschlechterung mehr zuzulassen.
Ralph Saxe (Grüne)

Auch zwei Vertreter aus der Bremischen Bürgerschaft saßen unter den Zuhörern. Volker Stahmann (SPD) argumentierte entschieden für die Ausbaupläne. Im Land Bremen gebe es lediglich in Bremerhaven ein weiteres Gewerbegebiet, das ähnlich wertvoll sei, wie die Horner Spitze, betonte er. „Wir müssen neue Technologien hierher kriegen – deshalb brauchen wir jeden Quadratmeter für Gewerbeflächen.“ Ganz anders sah es Ralph Saxe (Grüne). Er pochte auf die Einhaltung des Hitzeaktionsplans, den der Senat vor einem halben Jahr beschlossen hatte. „Wir haben die verdammte Pflicht, keine Verschlechterung mehr zuzulassen“, mahnte er. Er wolle gewiss nicht kategorisch alle Gewerbegebiete verhindern, „aber hier geht es nicht, weil sich die Lebensbedingungen dadurch verschlechtern würden“.

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