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Bremer Sportfischer wollen mehr Fischvielfalt Kleine Wümme: Platz für Laich

Claus Lumma vom Sportfischer Verein Bremen hat eine Idee, wie man mehr Fische in der Kleinen Wümme ansiedeln könnte. In der Behörde wird sein Vorschlag bislang jedoch kritisch betrachtet.
14.03.2022, 08:00 Uhr
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Von Maren Brandstätter

Es könnte mehr Leben in der Kleinen Wümme geben – so sieht es jedenfalls Claus Lumma, vom Sportfischer-Verein Bremen (SFV). Und eine Idee, wie das funktionieren könnte, hat er auch: künstliche Kiesbänke, die in mehreren Abschnitten der Kleinen Wümme angelegt werden. Damit könne man diverse Fischarten dabei unterstützen, sich dort dauerhaft anzusiedeln, sagt er. Meerforelle, Schlammpeitzger und Steinbeißer nennt Lumma als Beispiele. Sie alle seien selten, wurden vom SFV aber bereits in der Kleinen Wümme gesichtet. „Die Renaturierung durch Kiesbänke wäre ein sinnvolles Projekt für die Bioderversität der Kleinen Wümme“, betont Lumma. „Wir als Verein würden uns personell und finanziell an so einer Maßnahme beteiligen.“

Als Schwerpunktgebiet für die Renaturierung schlägt der SFV den Abschnitt der Kleinen Wümme im Rhododenron-Park vor. Dort habe der Verein das Angeln verboten, und die Tiere hätten somit ihre Ruhe, erklärt Lumma. Der Gesamtabschnitt der Kleinen Wümme, die der SFV von der Stadt gepachtet hat, reicht von der Autobahn 27 in Höhe der Müllverbrennungsanlage bis zum Rhododendron-Park.

Gute Erfahrungen mit Kiesbänken

Thomas Klefoth hält ebenfalls viel von Kiesbänken. Er ist Professor für Fischereibiologie an der Hochschule Bremen und hat in Kooperation mit dem SFV im vergangenen Jahr ein Artenschutzprojekt im Stadtwaldsee geleitet. Künstliche Kiesbänke seien eine klassische Renaturierungsmaßnahme, mit der im Allgemeinen gute Erfahrungen gemacht werden, sagt er. Entscheidend für die Fische seien dabei die Sauerstoffeinschlüsse zwischen den kleinen Kieselsteinen. Die benötigten sie zum Laichen, und zudem dienten diese Zwischenräume Kleinstlebewesen als Rückzugsort.

In der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde wird Lummas Vorschlag indes kritisch gesehen. „Kiesbänke machen in der Kleinen Wümme keinen Sinn, da es sich bei ihr nicht um ein Laichgewässer handelt“, sagt Mitarbeiterin Martina Völkel. Seltene Fische, wie die Meerforelle, verirrten sich höchstens gelegentlich dorthin. Zudem seien Kiesbänke in diesem Fall keine nachhaltige Maßnahme, sagt sie. Da die Kleine Wümme kaum Strömung habe, wäre der Kies etwa nach einem Jahr wieder von feinem Sediment überzogen.  

Erhöhte Fließgeschwindigkeit

Diese Prognose teilt Lumma nicht. Durch die Kiesbänke entstehe ein kurvigerer Wasserverlauf, mit dem sich die Fließgeschwindigkeit erhöhe, sagt er. Auch daran, dass sich die seltenen Fischarten lediglich in die Kleine Wümme verirrten, glaubt der Gewässerschutzreferent des SFV nicht. „Die Fische wollen diese Gewässer als Laichhabitat erschließen“, sagt er. „Die schwimmen nicht zufällig in das Gewässer und probieren ihr Glück.“ 

Neben fehlenden Laichplätzen haben die Fische in der Kleinen Wümme laut Lumma noch ein weiteres Problem: Mischwassereinleitungen. Infolge dieser Einleitungen komme es in der Kleinen Wümme regelmäßig zum Fischsterben, und die Sedimentablagerungen belasteten das Gewässer zudem dauerhaft, kritisiert Lumma. Besonders gut lasse sich das im Abschnitt unterhalb der Achterstraße beobachten.

Mischwasser unvermeidbar

In einem Mischsystem gelangen Regen- und Abwasser gemeinsam über die Kanalisation in die kommunale Kläranlage, erklärt Martina Völkel. Mischwasser, das von den Pumpwerken bei starkem Regen nicht mehr zur Kläranlage gefördert werden kann, werde über Entlastungssammler oder Pumpen in Rückhaltebecken geleitet. Seien die voll, komme es zwangsläufig zur Einleitung des überschüssigen Mischwassers in die Gewässer. „Dies ist bei Kanalisationen im Mischverfahren unvermeidlich, um eine Überflutung der Siedlungsflächen zu vermeiden“, sagt Völkel. In Bremen falle der Anteil an Mischwassereinleitungen mit rund 5,3 Prozent aber vergleichsweise gering aus, betont sie. Die rechtlich zulässige Jahresentlastungsrate liege bei 13,3 Prozent.

Völkel berichtet allerdings auch, dass an der Gütemessstation der Kleinen Wümme nach solchen Einleitungen regelmäßig Sauerstoffdefizite registriert würden. Obwohl die Mischwasserbehandlung in Bremen dem Stand der Technik entspreche, bestehe angesichts dieser wiederkehrenden Beeinträchtigungen noch weiterer Handlungsbedarf, sagt sie. Ein Ansatz sei dabei, die vorhandene Infrastruktur noch besser auszunutzen. So sei etwa das Pumpwerk in Findorff aufgestockt worden, wodurch sich die jährlich eingeleitete Mischwassermenge bereits um rund 20.000 Kubikmeter verringert habe. 

Thema im Umweltausschuss

Eine Verringerung reicht aus Lummas Sicht aber keineswegs aus, um die Fischbestände in der Kleinen Wümme nachhaltig zu stabilisieren. Er erwartet von der Stadt, dass die Einleitungen künftig komplett unterbleiben, um der EU-Wasserrahmenrichtlinie gerecht zu werden. Deren Zielsetzung ist ein „guter ökologischer Zustand“ in allen Gewässern der Europäischen Union bis spätestens 2027.

Auf Unterstützung für seine Pläne mit der Kleinen Wümme hofft Lumma jetzt aus dem Beirat Horn-Lehe. Der hat das Thema auf die Tagesordnung des Umweltausschusses gesetzt, der an diesem Montag, 21. März, um 18 Uhr online tagt. Die Zugangsdaten lassen sich im Internet über die Homepage des Horn-Leher Ortsamts (www.ortsamt-horn-lehe.bremen.de) abrufen.

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