Abgesägte Stämme, Äste und Zweige, vor allem von Eichen, werden nah an den Ufern des Stadtwaldsees, der umgangssprachlich auch Unisee genannt wird, unter Wasser gebracht. Zusammen mit der Hochschule Bremen (HSB) unter der Leitung von Thomas Klefoth hat der Sportfischerverein Bremen am Unisee ein neues Naturschutzprojekt gestartet: Dazu zieht ein Motorboot die großen Bündel hinaus auf den See und lässt sie nah am Ufer versinken. Damit das Holz nicht wieder aufschwimmt, werden die Holzbündel oben mit Sandsäcken beschwert. „Nach etwa einer Woche hat sich das Holz mit Wasser vollgesogen und bleibt unten, die Sandsäcke sind nach etwa einem Jahr verrottet“, sagt Thomas Klefoth, „und das Holz wird erst nach rund 20 Jahren zersetzt sein.“
Baggerseen entstehen, wenn Bodensubstanz wie Kies, Lehm oder Ton benötigt wird. Große Mengen Erdmaterial wurden zum Beispiel in den 1970er-Jahren für den Bau der Autobahn 27 gebraucht - so entstand der heute unter Naturschutz stehende Kuhgrabensee im Blockland. Im Zuge von Sandentnahmen für den Autobahnbau, aber auch für den Bau der Universität wurde auch der Unisee gebaggert.
Wenig Lebensraum für Pflanzen und Tiere
„Solche Baggerseen sind oft tief und haben steile Ufer. Und weil nur wenig Licht bis in die Tiefe dringt, haben Wasserpflanzen und Wassertiere nur relativ wenig Lebensraum“, sagt Professor Thomas Klefoth von der HSB. „Äste und Zweige unter Wasser reichern deshalb die Artenvielfalt an: Ihre komplexen Strukturen bieten vielen Tieren Lebensraum, zum Beispiel als Verstecke für Fische oder für Wirbellose wie Krebstiere, Larven von Libellen oder Köcherfliegen“, sagt Claus Lumma, Referent für Gewässerschutz beim Sportfischerverein Bremen.
Die Aktion soll auch eine Art fördern, die derzeit als Highlight des Unisees gelten kann: den heimischen Edelkrebs, auch Europäischer Flusskrebs genannt, der vom Aussterben bedroht ist. Die wohlschmeckende Art wurde durch den naturfernen Ausbau von Gewässern und Wasserverschmutzung zurückgedrängt, vor allem aber setzte dem Edelkrebs ein Pilz, die sogenannte Krebspest, zu. Nordamerikanische Flusskrebsarten schleppten die Krankheit in Europa ein. „Zwar haben wir im Unisee auch den verwandten Kamberkrebs aus Nordamerika nachgewiesen, doch die Krebspest ist in diesem Gewässer bisher zum Glück nicht aufgetreten“, sagt Thomas Klefoth.
Immer weniger Äste fallen in den Unisee
An vielen Stellen ist der Unisee dicht mit Bäumen und Büschen bewachsen – so fallen immer wieder Äste und Zweige ins Wasser, doch angesichts der Strukturarmut des künstlichen Gewässers nicht genug – das Totholzprojekt reichert es entscheidend mit neuen Strukturen unter Wasser an. Da einige Bereiche des Unisees im Sommer intensiv als Badesee genutzt werden, eignen sich nur Stellen abseits der Erholungsnutzung für das Ausbringen von Totholz unter Wasser.
Mit Ausnahme eines Sees bei Stuhr ist das Vorhaben die erste Aktion dieser Art in Bremen, während in Niedersachsen schon zahlreiche künstliche Gewässer im Rahmen des Projekts „Baggerseen“ mit diesem Naturmaterial angereichert wurden. Mehr als 20 Anglervereine des Anglerverbands Niedersachsen beteiligen sich an dem Vorhaben, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und vom Bundesamt für Naturschutz (BFN) finanziert wird. Allerdings mahlen die Mühlen in Bremen besonders langsam: „Während das Projekt im benachbarten Niedersachsen zügig realisiert werden konnte, dauerte es in Bremen ein Jahr, bis die Genehmigung seitens der Wasserbehörde da war“, sagt Claus Lumma vom Bremer Sportfischerverein.
„Uns schwebt vor, die Zahl der Totholzbündel im Unisee von derzeit fünf auf hundert zu erhöhen“, sagt Thomas Klefoth. Und auch in den Bultensee und den Achterdieksee in Bremen sollen sie eingebracht werden.
Taucher dokumentieren das Projekt
„Der Beirat Horn-Lehe hat sich nachdrücklich für diese Aktion eingesetzt“, sagt Gudrun Stuck, Fraktionssprecherin der Grünen im Beirat, „wir wollen die Biodiversität in diesem Baggersee fördern und setzen uns auch für eine Erfolgskontrolle ein.“ Ein solches Monitoring wird im Wesentlichen darin bestehen, dass Taucher Fotos der neuen Unterwasserstrukturen machen werden. „Doch eine genaue Bestandsaufnahme der Tierwelt, die quantitative Daten liefert, ist schwierig“, sagt Fischereibiologe Thomas Klefoth, der als Nachfolger von Professor Heiko Brunken seit 2020 im Studiengang Ökologie und Naturschutz an der HSB tätig ist. Seine Arbeitsgruppe untersucht intensiv die Tierwelt Bremer Gewässer und hat bereits in 70 aquatischen Lebensräumen Krebskörbe aufgestellt, um den Edelkrebs und seine Verwandten aus Nordamerika nachzuweisen.

Die Mitglieder des Sportfischervereins Bremen bereiten die Sandgewichte vor.
„Baggerseen wie der Unisee unterliegen natürlichen Alterungsprozessen“, sagt Thomas Klefoth, „am Grunde setzt sich immer mehr Schlamm ab. Damit werden sie nährstoffreicher, und es kann zu Algenblüten kommen.“ So wurde auch in diesem Jahr im Unisee die giftige Burgunderblutalge nachgewiesen. „Vor allem durch die längeren Sommer bei erhöhten Temperaturen, bedingt durch den Klimawandel, können sich diese Blaualgen stark vermehren“, sagt Thomas Klefoth, „doch dieser Sommer war weniger heiß und recht niederschlagsreich – so hielten sich die Bestände der Burgunderblutalge in Grenzen.“