„Wo das Nadelkraut sich in Gewässern breitgemacht hat, überwuchert es in kürzester Zeit alles: Es bildet dichte Matten aus und beschattet damit den Wasserkörper so sehr, dass andere Pflanzenarten und die gesamte Wasserfauna darunter leiden“, sagt Karin Hobrecht. Die Vegetationskundlerin und Landschaftsökologin hat den Auftrag das Nadelkraut zu kartieren. Die Ergebnisse bestimmen auch das weitere Vorgehen.
Das Nadelkraut ist eine invasive Wasserpflanze, die ursprünglich aus Neuseeland und Australien stammt und bei Aquarien- und Gartenteich-Besitzern beliebt ist. „Leider ist ihr Verkauf in Deutschland, anders als zum Beispiel in England, immer noch nicht verboten“, sagt Karin Hobrecht, „und sie wird sogar in Gartenfachgeschäften oft als besonders geeignete Wasserpflanze angepriesen, weil sie die Gewässer schnell begrünt.“ Doch eben darin liegt ihre Gefahr: „Das Nadelkraut bleibt auch im Winter grün und kann im Frühjahr schneller mit der Fotosynthese anfangen als andere Wasserpflanzenarten“, führt Karin Hobrecht aus. „Dann baut sie schnell bis zu 20 Zentimeter dichte Matten auf, unter denen nichts mehr wächst.“ Das Nadelkraut, das sich vor allem ungeschlechtlich über Sprossteile vermehrt, bildet zudem eine Landform mit dickfleischigen Blättern aus, die Austrocknung gut verträgt, sowie eine Wasserform mit filigranen, flachen Blättern.
Schwerpunkt im Bremer Süden
An der aquatischen Form, die bis zu drei Meter tief ins Wasser vordringen kann, bilden sich die namengebenden nadelförmigen Spitzen. Die ausgeprägte Fähigkeit, seine Eigenschaften so zu verändern, dass sie den herrschenden Umweltbedingungen angepasst sind, verschafft dem Kraut gegenüber anderen Wasserpflanzen Konkurrenzvorteile. Zudem werden die leicht abbrechenden Sprossteile im Wasser oder durch Wind verbreitet oder bleiben im Gefieder von Wasservögeln wie Enten hängen – entsprechend hat sich das Nadelkraut in Mitteleuropa breitgemacht und bedroht inzwischen das Gewässer-Leben zum Beispiel in Bremerhaven oder Schleswig-Holstein. Ihr Schwerpunktvorkommen im Bremer Raum ist der südliche Bereich des Parks links der Weser, wo sie Teiche wie Gräben besiedelt.
Im Auftrag der Hanseatischen Naturentwicklung (Haneg) kartiert Karin Hobrecht die Vorkommen des Nadelkrauts schwerpunktmäßig im Park links der Weser. „Mittels einer Häufigkeitsskala schätze ich, wie stark das Nadelkraut eine Fläche bedeckt“, sagt Hobrecht, die von Juni bis September die Flächen abgeht. „Um als Kartiererin nicht noch zur Ausbreitung des Nadelkrauts beizutragen, fange ich an Standorten an, wo Vorkommen bekannt sind. Danach müssen Schuhe, Kleidung und Harke gründlich gereinigt werden“, sagt Karin Hobrecht. Besonders bei der Wasserform des Nadelkrauts bestehe Verwechslungsgefahr mit dem Wasserstern, einer heimischen Pflanzenart. „Deshalb setze ich eine Harke ein, um Blätter und Sprosse genauer untersuchen zu können, und teilweise muss ich eine Lupe verwenden, um das Nadelkraut sicher zu bestimmen“, sagt sie. Die Landform sei hingegen besonders an trocken gefallenen Ufern gut sichtbar.
Nadelkraut ist an weiteren Standorten zu finden
„Der Klimawandel, der warme Winter und heiße, trockene Sommer mit sich bringt, scheint das Nadelkraut zu begünstigen, das zu einer bedrohlichen Monotonisierung von Gewässern führt“, sagt die Vegetationskundlerin. Und auch die Abflachung von Gewässerufern, die oft aus Naturschutzgründen vorgenommen wird, fördert die Art: „Damit entstehen Pionierstandorte, an denen sich das Nadelkraut besonders leicht ansiedeln kann“, sagt Karin Hobrecht. So findet die invasive Art zum Beispiel am Stuhrer Verbindungsgraben, der eine Grenze im Park links der Weser bildet und an dem die Ufer abgeflacht wurden, besonders günstige Bedingungen.
Das Nadelkraut ist jedoch auch bereits in den Kladdinger Wiesen präsent, die südlich an den Park links der Weser angrenzen, und auch in einem Stauteich in Brokhuchting nachgewiesen. „Es besteht die Gefahr, dass es sich dort in das Naturschutzgebiet ausbreitet“, sagt Hobrecht. Deshalb werden zusätzlich zu ihren Begehungen von Land aus inzwischen auch Boote eingesetzt, um eventuelle Vorkommen, zum Beispiel am Sodenmattsee oder in Brokhuchtinger Gewässern, zu erfassen.
Gräben mit großer Bedeutung für den Naturschutz
Sollte sich das Nadelkraut weiter in Bremer Gewässern breitmachen, kann dies katastrophale Folgen haben: Im Hollerland zum Beispiel fließen Gräben, die eine europaweite Bedeutung für den Naturschutz haben, weil in ihnen Seltenheiten wie der Schlammpeitzger oder die Grüne Mosaikjungfer in großen Beständen leben – Arten, die europaweit ihre bedeutendsten Vorkommen im Bremer Raum haben.
„Wir müssen das Nadelkraut unbedingt bekämpfen, um Schlimmeres zu verhindern“, sagt Karin Hobrecht. Deshalb wird Aquarien- und Gartenteichbesitzern dringend abgeraten, das Kraut zu kaufen und es in ihren Becken oder Teichen einzusetzen. „Und wer es schon im Aquarium oder im eigenen Teich hat und es loswerden will, sollte es auf keinen Fall in der Natur entsorgen“, mahnt Karin Hobrecht.