Wenn Wasserflächen und Sumpf neben trockenen Sandhügeln liegen, prallen Natur-Extreme aufeinander: Im Wasser quaken Grünfrösche, und in der Luft sausen Großlibellen umher, während wenige Meter weiter die Sonne auf nackten Sandboden fällt und die Entwicklung von Grabwespen und Wildbienen vorantreibt. Der neue Naturerlebnisbereich Huchtinger Fleet im Park links der Weser bietet beide Lebensräume in enger Nachbarschaft zueinander, doch dazwischen ist Platz für blütenreiche Uferstauden und Naturwiesen, die nur selten gemäht werden.
Auf einem rund zwei Kilometer langen Rundweg lässt sich die gesamte Vielfalt des Naturerlebnisbereichs erkunden. Zur Einweihung hatte der Verein Park links der Weser eingeladen. Mitarbeiter führten auf Bohlen- und Sandweg durch die neue Attraktion im Bremer Süden. Gegenüber vom Vereinshaus, am Ende des Hohenhorster Wegs, verläuft ein Grasweg über eine Wiese mit neu gepflanzten Linden. „Dieses Stück Grünland haben wir zusätzlich gekauft, damit man ohne Umwege auf den Naturerlebnispfad gelangt“, sagt Heinrich Welke, erster Vorsitzender des Vereins Park links der Weser, „und weil die Wiese nur selten gemäht wird und wir an einigen Stellen Wildblumen ausgesät haben, konnten sich Teilbereiche zu einem kleinen Insektenparadies entwickeln.“ Das Naturerlebnis beginnt also bereits hier: Schmetterlinge wie Tagpfauenaugen, Ochsenaugen oder Dickkopffalter sind ebenso wie Hummeln auf Nektarsuche.

Mitarbeiter des Parks links der Weser freuen sich, dass der Rundweg fertiggestellt ist.
Düne als Lebensraum für Wildbienenarten
Gleich hinter der Wiese breitet sich eine schmale, kleine Düne aus, auf der die Vegetation nur schütter wächst und offene, sandige Stellen freilässt. „Beim Ausheben der Teiche haben wir das anfallende Bodenmaterial verwendet, um diese Dünenstruktur zu schaffen – sie bietet vor allem zahlreichen Wildbienenarten neuen Lebensraum“, sagt Heinrich Welke. Solche Biotope brauchen allerdings auch Pflege in Form von Gehölzbeseitigung, denn die ersten Birken sind schon da.
Und hinter der kleinen Düne liegen die ausgebaggerten Teiche in Nachbarschaft zum Huchtinger Fleet. Pflanzliche Seltenheiten wie die Krebsschere wachsen darin, himmelblau blüht an den Rändern das Sumpf-Vergissmeinicht, doch von den Rändern her dringt auch eine äußerst unerwünschte Pflanze in den Teichen immer weiter vor: „Das Nadelkraut stammt aus Australien und Neuseeland und wurde wohl von Goldfischhaltern oder Aquarianern in die Teiche eingeschleppt“, sagt Kirsten Köster, die im Park links der Weser die Verwaltung macht. „Das Nadelkraut breitet sich immer weiter aus und ist nur sehr schwer zu bekämpfen“, sagt sie. Weil die Art heimische Süßwasser-Lebewesen verdrängen kann, wurde es in Deutschland 2013 auf die schwarze Liste invasiver Arten gesetzt.

Gelbe Teichrosen blühen auf den Stillgewässern.
Beliebter Aussichtshügel
Doch noch blühen Gelbe Teichrosen und Schwanenblume in den neu geschaffenen Stillgewässern und Flachwasserzonen am Huchtinger Fleet, und zwischen Röhrichten aus Schilf und Rohrkolben haben sich blütenreiche Stauden mit Blutweiderich und Mädesüß entwickelt, die zahlreiche Insekten anlocken. Nah am Huchtinger Fleet bietet ein Aussichtshügel am Heulandsweg eine wohl einmalige Aussicht auf den Bremer Dom vor weiter Wiesen- und Weidelandschaft, auf der Pferde grasen. Leider ist der Standort auch als Picknickplatz von Leuten beliebt, die wenig Rücksicht auf Umwelt und Natur nehmen: An einem Feld-Ahorn wurde die Rinde mit Messern abgeschält und am Boden liegt Müll herum – wo in diesem Naturidyll wenige Meter weiter sogar der Eisvogel gebrütet hat.
Mäusebussarde kreisen in der Luft, in den Gräben schwimmen ohne Scheu vor Menschen zwei Nutrias umher, und wer sich genügend Zeit lässt, kann im neuen Naturerlebnisbereich die Nähe der Großstadt bald vergessen. Denn der Park links der Weser hat eher den Charakter einer Kulturlandschaft mit Grünlandflächen, eingestreuten Waldinseln sowie hochwüchsigen Brachen aus Schilf.
Ideal für biologische Vielfalt
Da der Naturerlebnisbereich Huchtinger Fleet an einem Grenzbereich liegt, in dem die flache Marsch in die hügelige Geest übergeht, ist er ideal, um biologische Vielfalt zu schaffen. Die Planungen reichen bis ins Jahr 2003 zurück, als die Planungsgruppe Grün Vorschläge für den Naturerlebnisbereich ausgearbeitet hat. Nachdem seitens des Umweltressorts Finanzmittel aus der Abwasserabgabe bereitgestellt wurden, konnte es dann im Jahre 2009 mit der Umsetzung losgehen: das Huchtinger Fleet renaturieren, Teiche ausbaggern, Dünen gestalten und nicht zuletzt Wege und Stege anlegen, um die gesamte Lebensraumvielfalt erlebbar zu machen. Doch es dauerte bis zum Jahre 2018, bis auch ein Restbereich nördlich des Fleets neu gestaltet werden konnte, weil die Wiesen langfristig an einen Landwirt verpachtet waren.
Der Naturerlebnisbereich Huchtinger Fleet hat sogar sein Maskottchen: eine Holzskulptur, die unmittelbar unter einer Wildbirne steht. „Die Kettensäge-Künstlerin Ragna Reusch hat den Park-Drachen Hedu geschaffen, der von Kindern gern zum Klettern benutzt wird“, sagt Kerstin Köster.