Der bevorstehende Neuzuschnitt mehrerer senatorischer Behörden sorgt hinter den Kulissen für Ärger. Bei den Linken, die in Kürze das Wirtschaftsressort übernehmen werden, gibt es die Befürchtung, dass beim Umbau vollendete Tatsachen geschaffen werden, bevor der neue Senat Mitte August ins Amt kommt. Nach Informationen des WESER-KURIER ist die designierte Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) in dieser Sache bereits beim künftigen Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) vorstellig geworden.
Bei ihren Koalitionsverhandlungen hatten sich SPD, Grüne und Linke darauf verständigt, ein weiteres Senatsressort zu schaffen – nicht zuletzt, um die Gewichte der drei Koalitionspartner im Landeskabinett besser austarieren zu können. So schlug die Geburtsstunde des Ressorts „Häfen, Wissenschaft, Justiz“ – drei Themenfelder, die nicht viel miteinander zu tun haben. In der Verwaltung setzen deshalb nun größere Umbauarbeiten ein. Denn um die Pläne mit Leben zu erfüllen, muss unter anderem die Häfen-Abteilung aus dem bisherigen Senatsressort „Wirtschaft, Arbeit und Häfen“ herausgelöst werden. Es geht dabei um rund 60 Beschäftigte. Insgesamt arbeiten in der alten Behörde rund 300 Menschen.
An dieser Stelle kommt Tim Cordßen ins Spiel. Der SPD-Mann war bisher Pressesprecher des Wirtschaftsressorts und ein enger Vertrauter des im Juni ausgeschiedenen Wirtschaftssenators Martin Günthner (SPD). Cordßen soll einen Karrieresprung machen und Staatsrat im neuen Ressort „Häfen, Wissenschaft, Justiz“ werden, also die Nummer zwei hinter der künftigen Senatorin Claudia Schilling (SPD) aus Bremerhaven. Nach Wahrnehmung der Linken bringt sich Cordßen an seinem alten Arbeitsplatz zu offensiv in die Neugestaltung der Behördenlandschaft ein.
Vogt will gute Leute halten
Er habe diverse Mitarbeiter des Wirtschaftsressorts – auch solche außerhalb der Hafenabteilung – ermuntert, sich um eine Versetzung ins künftige Haus Schilling zu bemühen. Eine solche Absetzbewegung gerade von besonders qualifizierten Mitarbeitern ist natürlich nicht im Sinne von Kristina Vogt. Die künftige Wirtschaftssenatorin ist bestrebt, gute Leute zu halten und nicht an benachbarte Senatsressorts zu verlieren.
Aus ihrem Unmut über Cordßens mutmaßliche Aktivitäten macht Vogt keinen Hehl. Sie gehe davon aus, sagte die designierte Senatorin dem WESER-KURIER, dass jede Veränderung bei „Stellen, Personal oder Haushaltsmitteln“ im Wirtschaftsressort erst nach der Wahl des neuen Senats „im Einvernehmen mit mir“ vorgenommen wird. Klar sei, dass sowohl das bisherige Wirtschafts- als auch das künftige Häfen-Ressort funktionsfähig sein müssten. „Aber das kann nicht zulasten des einen Ressorts gehen, sondern muss fair gelöst werden“. Der angehende Häfen-Staatsrat Cordßen mag sich zum Abwerbe-Vorwurf nicht äußern. Grundsätzlich sei klar, so Cordßen, dass der Umbau mehrerer Senatsressorts „ein Höchstmaß an Transparenz und vertrauensvollen Miteinanders erfordert“.
Während Kristina Vogt für die Interessen ihrer künftigen Behörde streitet, sind manche Kritiker der örtlichen Rüstungsindustrie gespannt, welches Verhältnis die Linken-Politikerin mit den Bremer Militärtechnikherstellern pflegen wird. 2012 gehörte sie als Fraktionsvorsitzende der Linken in der Bürgerschaft zu den Herausgebern des Buches „Rüstungsstandort an der Weser“, in dem die regionale Wehrtechnikbranche kritisch unter die Lupe genommen wird. Künftig wird Vogt auch für die Arbeitsplätze in diesem Wirtschaftszweig zuständig sein.
„Das wird ein interessanter Spagat“, ahnt Ekkehard Lentz vom Bremer Friedensforum. Natürlich könne man Rüstungsexporte aus der Hansestadt nicht sofort beenden. Doch gewisse Fortschritte bei der Reduzierung sollte man unter der Ägide der Linken doch erwarten, findet Lentz. Kristina Vogt gibt sich unbefangen. Sie werde zwar „sicherlich keine Rüstungsmessen eröffnen“, habe ansonsten aber keine Berührungsängste. Entscheidungen über Wehrtechnik-Exporte fielen ohnehin nicht in Bremen, sondern in Berlin und Brüssel.