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Hafenpolitischer Teil zu unverbindlich Bremer Hafenakteure kritisieren Koalitionsvertrag

Den Hafenakteuren in Bremen und Bremerhaven ist der hafenpolitische Teil im Koalitionsvertrag zu unverbindlich. Positiv bewertet die Hafenwirtschaft die Zusage, an der Vertiefung der Außenweser festzuhalten.
04.07.2019, 18:43 Uhr
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Bremer Hafenakteure kritisieren Koalitionsvertrag
Von Peter Hanuschke

„Die Häfen in Bremerhaven und Bremen sind Knotenpunkte unserer Wirtschaft und prägen die Identität des Zwei-Städte-Staates.“ Dass der hafenpolitische Teil im Koalitionsvertrag so eingeleitet wird, kommt bei der Hafenwirtschaft gut an. Dennoch blicken die Hafenakteure sorgenvoll in die Zukunft: Denn das grundsätzliche Bekenntnis zu den Häfen bleibe insgesamt im Koalitionsvertrag unverbindlich, kritisiert die Bremische Hafenvertretung (BHV).

Der Bremer Rhederverein bewertet es positiv, „dass der Koalitionsvertrag die Schifffahrt explizit erwähnt“. Offensichtlich sei der zukünftigen Regierung bewusst, „dass Bremen ein Schifffahrtstandort ist“.

Aus Sicht der BHV bleibt der Koalitionsvertrag etwa hinsichtlich der Erreichbarkeit der Häfen aber außerordentlich vage. „Natürlich wissen wir, dass die Probleme in der Infrastruktur im Wesentlichen vom Bund gelöst werden müssen, aber wir hätten uns gewünscht, dass die Koalition Notfallpläne erstellt, um bei auftretenden Problemen wie zurzeit mit der Lesumbrücke besser vorbereitet zu sein“, sagt BHV-Präsident Hans-Joachim Schnitger.

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Über allem stellt die Koalition die nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung der Häfen. Dabei will sie vor allem die Greenports-Strategie der Hafengesellschaft Bremenports weiter verfolgen. Allerdings gibt es Maßnahmen, die sie in diesem Zusammenhang darüber hinaus umsetzen will. So will die Koalition alles Erforderliche tun, um einen CO2-neutralen Betrieb der Häfen noch in dieser Legislaturperiode zu erreichen. Dazu gehört der Ausbau der Landstromversorgung – ein Weg, den Bremenports bislang nicht gehen wollte.

Die Nutzung der Landstromanlagen will die Koalition „verbindlich vorschreiben“ – zumindest da, „wo sie vorhanden ist“. Was genau damit gemeint ist, darauf gaben die drei Koalitionäre auf Nachfrage dieser Zeitung keine Auskunft. Heißt das, jedes Schiff, das an einer Kaje mit Landstromanlage liegt, muss sie künftig auch nutzen? Nur wenige Schiffe sind dazu überhaupt in der Lage. Und die Installation der Landstrom-Technik auf einem Schiff verursacht nach Angaben des Verbands Deutscher Reeder Kosten von 500.000 bis einer Million Euro. Oder bezieht sich das nur auf die Schiffe, die technisch dafür schon ausgerüstet sind?

Fragliches Häfen-Bekenntnis

Erfreulich ist für die BHV, dass sich die künftige Koalition positiv zu Investitionen in die Infrastruktur der Häfen in Bremen und Bremerhaven bekannt habe. Dieses Bekenntnis werde allerdings durch die bereits jetzt formulierten Festlegungen für die künftige Finanzpolitik massiv infrage gestellt. So seien in den zehn „prioritären Politikfeldern“ keine hafen- und wirtschaftspolitischen Projekte vorgesehen. „Dies lässt befürchten, dass die künftige Koalition den Ankündigungen in der Praxis keine Taten folgen lassen wird“, sagt Schnitger.

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Auf Unverständnis stößt bei der BHV auch die neue Ressortzuschneidung: Die BHV hatte gefordert, die Bereiche Wirtschaft, Häfen und Verkehr in einem Ressort zusammenzufassen. „Nun ist das Gegenteil dabei herausgekommen: Häfen und Wirtschaft werden getrennt und die Häfen werden in einem Ressort mit Wissenschaft und Justiz zusammengelegt. Drei Bereiche, die nichts miteinander zu tun haben“, sagt Schnitger. Gerade weil die Häfen von so elementarer Bedeutung für das Land Bremen seien, wollte die BHV, dass die hafenpolitische Entwicklung zur Chefsache gemacht wird.

Notwendigkeit weiterhin engen Dialog mit dem Senat zu führen

Gerade angesichts der vielen Unsicherheiten, die von der Koalitionsvereinbarung ausgehen, sieht die Bremische Hafenvertretung die Notwendigkeit, auch weiterhin den engen Dialog mit dem Senat zu führen. „Es ist gerade in den letzten Jahren gelungen, die Bedeutung der Bremischen Häfen auf vielfältige Art gemeinsam nach außen zu tragen. Wir setzen darauf, dass diese Kooperation auch in Zukunft erfolgreich fortgesetzt werden kann.“

Positiv bewertet die Hafenwirtschaft die Zusage, an der Vertiefung der Außenweser festzuhalten. Eine ebenso eindeutige Aussage vermisst die BHV aber bezüglich der Anpassung der Unterweser von Bremerhaven bis Brake. Ein Konflikt mit den niedersächsischen Nachbarn sei damit programmiert und schwäche die bisherige gute hafenpolitische Kooperation, sagt BHV-Geschäftsführer Klaus Platz. Ungelöst sei zudem die Frage nach einem notwendigen Schwerlastterminal am seeschifftiefen Wasser in Bremerhaven.

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Richtig findet die BHV, dass die Hafengruppe Bremen/Bremerhaven Universalhafen bleiben muss. Dazu passe aber wohl kaum die Forderung der Koalitionäre, den Umschlag von Waffen und Munition verhindern zu wollen. „Alle Güterarten und Transporte, die mit unseren Gesetzen im Einklang stehen, müssen auch umgeschlagen werden dürfen“, sagt Platz.

Aus für deutschflaggige Schiffe

Dass die Stärkung der maritimen Ausbildung als Ziel formuliert ist, kommt bei den Reederen gut an. Auch der Rhederverein unterstütze seit vielen Jahren die Ausbildung von Seeleuten und arbeitet eng mit der Hochschule Bremen zusammen. „Zu der von den Koalitionären beabsichtigten Stärkung des Standortes wäre ein elektronisches Schiffsregister am Amtsgericht Bremen sehr hilfreich.“ Dass sich der Vertrag für eine Deflexibilisierung der Schiffsverordnung ausspreche, wird kritisiert.

Denn dies würde nicht die deutsche Flagge stärken, „sondern im Gegenteil nahezu das Aus für deutschflaggige Schiffe im internationalen Seeverkehr bedeuten“. Insgesamt macht der Koalitionsvertrag aus Sicht des Rhedervereins den Eindruck, als könnten die Koalitionäre ruhig ein wenig mehr Vertrauen in das Verantwortungsbewusstsein der zumeist mittelständischen Unternehmen haben.

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