In vielen Fällen genügt ein Blick, und wer keine Maske trägt, setzt sie dann schnell auf. Die Kontrollstreifen des Ordnungsamtes auf dem Weihnachtsmarkt sind auch kaum zu übersehen. Mit leuchtender gelber Warnweste über einer blauen Uniform mit Dienstabzeichen drehen sie auch am vorigen verregneten späten Sonnabend zwischen den Verkaufsständen, Imbiss- und Glühweinbuden ihre Runden. Die Stadt ist voller Menschen, trotz des schlechten Wetters und Pandemie. Ab diesem Montag gilt 2G im Einzelhandel, es ist der letzte Öffnungstag ohne diese Einschränkung.
Wer in eine Unterhaltung vertieft ist, übersieht die Damen und Herren des Ordnungsamtes trotzdem schon mal. Fehlt dann die Maske oder schaut die Nase etwas zu auffällig oben drüber, gibt es eine freundliche Erinnerung. „Das genügt in den meisten Fällen“, sagt Gustav Weber, Einsatzleiter der Ordnungskräfte an diesem Abend. Fast alle Angesprochenen zerren dann schnell die Maske unter ihrem Kinn hoch oder greifen in die Tasche. Dass jemand gar keinen Mund-Nase-Schutz dabei hat, kommt so gut wie nie vor. Eine Dame ohne Maske zückt ein ärztliches Attest, dass sie offenbar von der Auflage befreit. „Die Leute begegnen uns insgesamt eher freundlich“, sagt Weber.

Fingerspitzengefühl ist gefragt: Wer gerade etwas isst oder trinkt, hat dann natürlich keine Maske auf. Untersagt ist es aber, sich mit Verzehr in der Hand ohne Maske über den Markt zu bewegen.
Nur in einem Fall innerhalb eines einstündigen Rundgangs zeigt ein junger Mann weniger Einsicht. Er läuft ohne Maske über den Markt. Als er die Streife sieht, dreht er schnell das Gesicht weg und ignoriert den Zuruf. Ein größerer Menschenpulk vor einem Glühwein-Stand verhindert eine erneute direkte Ansprache. Also umdrehen und hinterher. Eine Flucht vor dem Ordnungsamt ist das nicht, aber der junge Mann bleibt auch nicht stehen, als eine der Mitarbeiterinnen ihn erreicht. Statt der freundlichen Erinnerung gibt es jetzt „ein normenverdeutlichendes Gespräch“, wie es das Ordnungsamt formuliert. Danach ist die Maske dort, wo sie sein soll, aber ob sie nicht nach kurzer Zeit wieder in die Tasche wandert, wissen die Kontrolleure auch nicht. Sie schauen dem Mann noch kritisch nach, bis er zwischen den Besuchern verschwindet.
"Ich hätte den abgezettelt", kommentiert ein Polizist aus einer begleitenden Streife den Vorgang, das heißt: Personalienfeststellung, Anzeige wegen einer Ordnungswidrigkeit und bis zu 150 Euro Bußgeld. "Wenn wir den jetzt nochmal ohne Maske sehen, passiert das auch", sagt Weber. Dafür benötigt das Ordnungsamt auch nicht die Amtshilfe der Polizei. Jemanden festhalten, um bei Verstößen seine Identität zu klären, dürfen sie selbst. Aber Weber setzt auf das Fingerspitzengefühl seiner Mitarbeiter, die nicht sofort zu teuren Sanktionen greifen. "Das sparen wir uns für wirklich renitente Verweigerer auf."
Maskenpflicht nicht überall ausgeschildert
Außerdem räumt er ein, dass die Regelung der Maskenpflicht auf und rund um den Weihnachtsmarkt etwas verwirrend wirken kann. Die Verpflichtung gilt nach seinen Angaben auf dem Marktplatz, dem Domshof und an der Schlachte, auch in der Lloydpassage. Die Bredenstraße vom Marktplatz zur Schlachte zwischen Schütting und Kontorhaus gilt offiziell ebenfalls als Teil des Weihnachtsmarktes, hier also wieder Maskenpflicht. Die entsprechenden Hinweisschilder stehen aber erst ab Zugang zu Marktplatz und Schlachte. In der übrigen Innenstadt ist die Maske zudem derzeit nicht vorgeschrieben und damit darf man die separierten einzelnen Stände etwa auf dem Ansgarikirchhof ohne die Gesichtsbedeckung besuchen.
"Das weiß aber nicht jeder von den Ordnungskräften", sagt Justin Feldmann. Der junge Mann arbeitet im Grill-Imbiss vom Schlemmer-Roland, der am Ausgang der Lloydpassage zum Hanseatenhof steht. Was viele Mitarbeiter nach seinen Erfahrungen auch nicht wissen: Dass man die roten Bänder, mit denen man seinen 2G-Status auf dem Markt nachweist, in seinem Grill-Imbiss bekommen kann. "Wir machen das zusätzlich, weil hier sonst keine Ausgabestellen stehen." Aber immer wieder beobachte er Mitarbeiter des Ordnungsamtes, die fragende Passanten deswegen zum Marktplatz schicken. Schlecht fürs Geschäft. Feldmann hat sich mit einem Aufsteller beholfen, der nicht für seine Bratwurst, sondern die Nachweisbänder wirbt.
Zu den roten Bändern kursieren die ersten Geschichten, dass windige Geschäftemacher sie bereits ohne Impfnachweis, dafür aber gegen Bares abgeben. In Wirklichkeit sind die Bändchen natürlich kostenlos. Das Ordnungsamt weiß davon laut Weber nichts, auch darauf angesprochene Mitarbeiter des eigenen Ordnungsdienstes vom Weihnachtsmarkt haben derartiges bislang nicht beobachtet, die Polizeistreifen haben davon ebenfalls noch nichts gehört. "Dürfte für uns auch schwer zu kontrollieren sein. Sobald wir in Uniform auftauchen, wird sich so ein Verkäufer schnell aus dem Staub machen", schätzt ein Beamter.
Feldmann sagt, die Bänder seien einzeln nummeriert und sie müssten die Abgabe dokumentieren. "Das müsste eigentlich auffallen, wenn da größere Mengen in irgendeinem Schwarzmarkt verschwinden." Wenn die Geschichten stimmen, werden nach seiner Einschätzung einfach Fälschungen unter die Leute gebracht, aber weder Polizei noch Ordnungsdienst kontrollieren die Bänder. "Wie sollten wir das auch praktisch machen?", fragt Weber. Allein die Schausteller prüften, ob ihre Kunden die Bänder umhaben. "Aber da gucken wir ja auch nur kurz hin", sagt Feldmann. Er habe jedenfalls noch bei keinem Bändchen Nummer und Aufdruck genauer in Augenschein genommen.