Ist das Kunst – oder kann das weg? So ungefähr lautete die Frage zu dem Backsteinturm an der Domsheide, mit der sich Planer, Politiker und Anwohner in der Vergangenheit oft beschäftigt haben. Der Dreh- und Angelpunkt für Bus und Bahnen in der Innenstadt soll umgestaltet werden. Dazu gab es einen langen Beteiligungs- und Auswahlprozess, aus dem zwei Umbau-Varianten hervorgegangen sind. Unter anderem sollen sogenannte Flüstergleise durch ein „Masse-Feder-System“ verlegt werden.
Der Kirkeby-Turm in der Mitte des Verkehrsknotenpunktes in der Innenstadt steht seit Dezember 2019 unter Denkmalschutz. Das hatte Landeskonservator Georg Skalecki seit Langem vor und schließlich umgesetzt. Dennoch sei es möglich, den Turm des 2018 gestorbenen dänischen Künstlers Per Kirkeby auf dem Areal zu verschieben. Was in den Behörden aber bislang niemand getan hatte: Kontakt zur Familie des Malers und Architekten aufzunehmen.
Dies hatte auch Bausenatorin Maike Schaefer (Grüne) bemerkt. Weil sie die Sicht der Kirkebys laut eigenen Aussagen doch sehr interessierte, setzte sie einen Brief auf. Ihr Ehemann, der dänischen Sprache mächtig, übersetzte das Schreiben, das schließlich seinen Weg nach Dänemark nahm. Der Kontakt war hergestellt. Behördensprecher Jens Tittmann teilt dem WESER-KURIER nun mit, die Familie habe ihr Okay gegeben hat. „Wir haben die Rückmeldung bekommen, dass wir den Turm im Umfeld verschieben dürfen“, sagt Tittmann.
Genau das sieht eine der Varianten für den Umbau auch vor. Insgesamt waren es 14 verschiedene Planungsideen, von denen nun zwei Vorschläge übrig geblieben sind. Diese werden aktuell in „verkehrsplanerischer und städtebaulicher Hinsicht“ weiter ausgearbeitet, so Tittmann. Die beiden Vorschläge unterscheiden sich im Wesentlichen in der Anordnung der Haltestellen. Eine Variante sieht vor, dass An- und Abfahrten zwischen Konzerthaus und Postgebäude gebündelt werden. Die andere geht von einer Verlegung der Haltestellen der Linien 4, 6, 8, 24 sowie 25 von ihrem bisherigen Haltepunkt etwa 50 Meter weiter in Richtung Wilhelm-Kaisen-Brücke aus.
Noch allerhand Technik im Boden
Doch bei dem prägnanten Backsteinturm zwischen den Haltestellen gibt es weitere Faktoren zu beachten. Im Inneren des Kunstwerkes befindet sich neben einer Wendeltreppe, einer Toilette und dem ehemaligen Arbeitsplatz der Verkehrsmeister der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) noch allerhand Technik und ein Brunnen im Boden. „Von dort aus werden die Weichen gesteuert“, sagt BSAG-Sprecher Andreas Holling. Mittlerweile läuft zwar alles digital und automatisiert ab, die Schaltkästen mit den Steuergeräten brauchen ihren Platz. „Die Technik ist wichtig, muss aber nicht genau an diesem Ort sein“, sagt Holling. Konkret bedeutet das: Technik und Turm können an einen neuen Platz umziehen.
Bleibt noch der historische Brunnen im Boden. „Nein, den haben wir noch nicht im Detail begutachtet“, sagt Landeskonservator Skalecki. Das Bauwerk unter dem Backsteinturm sei aber „auf jeden Fall prüfenswert“ und werde auch genau untersucht. Der Leiter des Landesamtes für Denkmalpflege geht davon aus, dass wenn der Kirkeby-Turm tatsächlich versetzt werden müsste, auch eine Lösung für den Brunnen gefunden werden kann.
Was auf jeden Fall an dem zentralen Umsteigepunkt für Bus und Bahn kommen wird, sind neue, leise Gleise. Flüstergleise heißen sie im Fachjargon. Dahinter steckt ein sogenanntes Masse-Feder-System. Vereinfacht erklärt, werden laut der BSAG die neuen Schienen abgefedert, damit sie Schall und Erschütterungen durch die anfahrenden und stoppenden Straßenbahnen nicht an die Umgebung weitergegeben werden. Derzeit liegen die Gleise auf einer Betonplatte.
„Das werden wir entkoppeln“, kündigt BSAG-Sprecher Holling an. In einer Beton-Wanne werden Schraubfedern (wahlweise auch Kunststoff) eingebaut, die die Stöße auf einer darauf liegende Platte abfangen. Das alles soll dazu führen, dass es in dem Konzerthaus Glocke und im Landgericht wesentlich ruhiger wird. „Der Schall soll minimiert oder gar eliminiert werden“, betont Holling. Um dieses System einzubauen, ist ein größerer Aufwand erforderlich – so muss zum Beispiel tiefer in die Erde gearbeitet werden als bei einer standardmäßigen Erneuerung von Gleisen.