Noch ist er nicht zu spüren, der Hauch des Frühlings, wie er in einer italienischen Kanzonette besungen wird. Trotzdem hat dieser Ort mitten in der Stadt etwas Magisches, findet Hellena Harttung, Leiterin des Ortsamtes Mitte/Östliche Vorstadt. Diese Meinung teilen wohl viele Bremerinnen und Bremer, wenn sie denn den etwas verschwiegen gelegenen Platz kennen. So manch eine oder einer mache hier am Theaterberg mit Vorliebe mit Butterbrot und Thermoskanne Mittagspause, weiß die Ortsamtsleiterin. Spätestens in einem Vierteljahr dürfte hier der Hauch des Frühlings in der Luft liegen, dann nämlich, wenn die Magnolienbäume wieder in voller Blüte stehen und die Flanierenden, die auf den terrassenförmig angeordneten Bänken Platz genommen haben, mit einer Wolke roséfarbener Blüten umhüllen. Dass das Areal Theaterberg getauft wurde, hat seinen Grund, bis 1944 stand Bremens riesiges Stadttheater hier. Nachdem eine Brandbombe in das damals 100 Jahre alte Gebäude hineingefallen war, ließ Bürgermeister Wilhelm Kaisen den Musentempel nicht wieder aufbauen, sondern abreißen.
Doch in der Corona-Pandemie hat sich hier eine lebendige Freiluft-Kultur etabliert. Kurzerhand wurde der Theaterberg in Theatergarten umbenannt. Das Theater Bremen gab hier eine Rossini-Oper, auch die Theatertruppe des Blaumeier-Ateliers spielte hier, genauso wie die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen mit Iiro Rantala, dem finnischen Allround-Talent am Flügel, der mit Leichtigkeit durch alle musikalischen Standards hüpft, von Jazz über Folk und Swing bis hin zur Klassik. Mehr von alldem, wünscht sich Hellena Harttung, die in ihrem früheren Berufsleben Kulturfrau bei den Blaumeiers war.
Wunsch nach Belebung der Wallanlagen
Dass die Kultur dem Theaterberg und damit den gesamten Wallanlagen künftig weitere Impulse geben möge, das ist ihr Wunsch. Konkret: Dass es hier in der Sommersaison weitergehen möge. Gut vorstellen könne sie sich hier auch ein Freiluft-Kino, sagt sie. Generell gelte es, eine stärkere Verbindung zum Wall-Boulevard herzustellen, mit Sichtachsen behutsam für mehr Durchlässigkeit zu sorgen, immer in enger Abstimmung mit dem Landesdenkmalpfleger. Immerhin handelt es sich bei dem Landschaftspark um ein Gartenkulturdenkmal.
Wenn über eine Ansiedlung von Gastronomie nachgedacht wird, ist es Harttung ganz wichtig, dass der Wall und besonders der Theaterberg kostenfrei zugängliche Orte bleiben. Eine Machbarkeitsstudie zu weiteren Belebungsansätzen der Wallanlagen läuft zurzeit. Noch ein erfreulicher Punkt aus Harttungs Sicht: Dass der Spielplatz der Kita Walljunioren in Höhe der Bischofsnadel nach Monaten der Verzögerung nun endlich langsam Form annimmt.
Leerstände in der Innenstadt
Weiter geht's über die inzwischen einspurige Straße am Wall zugunsten der großzügig geplanten Radpremium-Route über die Bischofsnadel weiter zum Domshof. Der Blick streift ein weiteres Geschäft, in dessen Schaufenster das Schild "Räumungsverkauf" hängt, der Dessous-Laden Iselin Crass Slips and Styles. Die Ortsamtsleiterin führt das auch auf die generelle Krise des Einzelhandels zurück: "Die Menschen bestellen immer mehr im Internet". Das kommt für sie selbst indes nicht in die Tüte. Der boomende Online-Handel, ein Phänomen, das auch den Einzelhandel in der Bremer City trifft.
Hellena Harttung ist eine entschiedene Verfechterin für eine Mischnutzung nicht nur, aber auch und gerade rund um den zentralen Platz im Herzen der Stadt. Seit Jahren wird um die zukünftige Gestaltung des Domshofes gerungen. Wohnen in der Innenstadt sei ein ganz wichtiger Baustein für die Belebung der City, mit einer guten Mischung der Mieterklientel, zwischen sozialverträglichem und höherpreisigem Mietniveau, betont die Ortsamtsleiterin. Doch durch die hohen Quadratmeter-Preise, die hier aufgerufen werden, ist das, allen Projektplanungen zum Trotz, noch Zukunftsmusik. Ein städtebaulicher Wettbewerb soll es nun richten, der in der ersten Jahreshälfte Klarheit bringen soll. Eines steht für Harttung fest: Dieser Platz müsse vieles können. Wichtig sei nicht zuletzt seine Funktion als öffentlicher Versammlungsraum.
Herausforderung Domshof
Der Domshof bleibt also eine Herausforderung, auch im gerade begonnenen Jahr. Auch für ihn ist in Harttungs Augen die Belebung durch Kultur ein wichtiger Faktor. Wie das geht, hat die Hochschule für Künste mit der Sommerbespielung "Open Space" in den letzten Jahren vorgemacht. Nach kleineren Anfängen, gefolgt von einem Großprojekt wurde dem "Open Space" in der vergangenen Sommersaison wieder weniger Platz eingeräumt. Sollte die Hochschule doch in das Gebäude der vormaligen Bremer Landesbank einziehen, verspricht sich die Ortsamtsleiterin auch einen Belebungseffekt für den Domshof, vorausgesetzt, dass sich das Gebäude generell weiter öffne, sagt sie.

Der Neptunbrunnen ist ein Blickfang auf dem Domshof. Um die Umgestaltung des Platzes wird seit Langem gerungen.
Von zentraler Bedeutung ist für Harttung auch die geplante Fahrradgarage unter dem Domshof. In den stillgelegten, rund 3300 Quadratmeter großen, ehemaligen Bunkeranlagen soll definitiv ein Fahrradparkhaus kommen. Das müsste allerdings bis in die späten Abendstunden geöffnet haben, damit auch das Konzertpublikum der Glocke es nutzen könne, so die Ortsamtsleiterin. Und sie denkt schon weiter: Wenn einmal das Gelände rund um den neuen Zentralen Omnibusbahnhof fertiggestellt sei, dann könnte der Radweg von dort in die City auch komfortabler gestaltet werden. Als Pluspunkte am Domshof wertet sie die Markthalle 8 und die Tatsache, dass in das Barmer-Gebäude schon bald das Kaufhaus "Made in Bremen" einziehen wird. Das sitzt bislang noch als Zwischennutzer in der historischen Stadtwaage, einen Katzensprung entfernt vom Marktplatz.
Vorzeigequartier Balge-Viertel
Der Weg führt weiter am Dom und am Postkarten- oder heute würde es eher Instagram-Motiv heißen, des Weltkulturerbes Bremer Rathaus vorbei in das Quartier, das für Hellena Harttung Vorzeige-Charakter hat: Ins Balge-Quartier. Dass Christian Jacobs sich die Entwicklung des Quartiers auf die Fahnen geschrieben habe und hier in diesem Maße investiere, findet sie großartig. "Ich bin besonders gespannt auf das Stadtmusikantenhaus", sagt Harttung mit Blick auf das inzwischen leergezogene Kontorhaus.

Im Balge-Quartier in der Innenstadt geht gegenwärtig so manches voran.
Für die Ortsamtsleiterin ein großer Pluspunkt: Der Zugang zum Kontorhaus soll nach dem Umbau ebenerdig und damit barrierefrei sein. Das Essighaus in seiner alten Form ist inzwischen abgerissen, hier soll, wie berichtet, ein dreigliedriger Bau mit Büro- und Geschäftsräumen entstehen, der sich, wenn er denn mal fertig ist, mit einer Gastronomie in Richtung Kleine Waagestraße öffnen soll. Schon jetzt gehört der Platz zwischen der Rückseite der Stadtwaage und dem mehrstöckigen Johann-Jacobs-Haus im Frühjahr/Sommer unter Sonnenschirmen für viele zu den Lieblingsplätzen fürs Kaffeesieren. Wie überhaupt das Haus mit der Klinkerfassade aus dänischem Backstein eine Aufwertung für die Obernstraße sei, sagt Harttung.