Die Ecke hat ihre Tücken. An der Abbiegung vom Herdentorsteinweg zur Straße am Wall, vor dem Kundenzentrum der SWB, wissen weder Fußgänger noch Radfahrer so richtig, wo sie lang müssen. Durch die dortige Baustelle geht es nicht mehr geradeaus. Ein Schild erlaubt das Radfahren unter dem eigentlich als Fußgängerzone gedachten Walldach. Das habe bereits für einen Unfall gesorgt, wie Holger Schmidt, Geschäftsführer des Restaurants Medio am Wall, berichtet. Vertreter der City-Initiative, der Handelskammer und des Einzelhandels haben sich am Donnerstag an der Stelle getroffen, um ihre Sicht der Dinge darzustellen. Es wird deutlich: Die Baustelle am Herdentorsteinweg erregt die Gemüter.
Das Verkehrsressort habe die Baumaßnahme am Herdentor politisch motiviert vorgezogen, ist sich Jan-Peter Halves, Geschäftsführer der City-Initiative, sicher. "Jetzt beginnt die gute und wichtige Phase des Einzelhandels", sagt Halves, aber die Arbeiten mitten in der Herbst- und Adventzeit behindern den Handel. Auf einer koordinierenden Sitzung Anfang des Jahres sei der Innenstadtwirtschaft noch vom Verkehrsressort versichert worden, dass es keinen Umbau des Herdentorsteinweges in diesem Jahr gebe. Gerade vor dem Hintergrund der vorgesehenen Abrissarbeiten der früheren Harms-Immobilie schien diese Aussage sehr nachvollziehbar.
Für "überflüssig" hält Bernhard Reinfelder vom Windsor-Store am Wall die Baumaßnahme am Herdentorsteinweg. Die rasenden Fahrradfahrer sorgen seiner Aussage nach für gefährliche Situationen und verschrecken Kunden. "Das sind unhaltbare Zustände", sagt Stefan Storch, Vertreter der Wall-Werbegemeinschaft, dazu. Es gebe keine klare Verkehrsführung. Olaf Orb von der Handelskammer spricht von einem "Stresstest für die Innenstadt". Mit Blick auf weitere Baustellen wie bei der abgerissenen Immobilie Harms am Wall, an der Discomeile und am Gewoba-Gebäude empfiehlt er mit Nachdruck, dass die Situation nicht überreizt werden dürfe.
"Das ist realer Kundenverlust"
Ein weiteres Argument der Vertreter der City-Initiative ist, dass es sinnvoll gewesen wäre, erst die Zukunft des Parkhauses Mitte zu klären und abzuwarten, in welcher Dimension das geplante Projekt von Unternehmer Kurt Zech in die Innenstadtstruktur eingreife. Die alternativen Standorte für möglichen Ersatzparkraum für das Parkhaus seien bisher nicht bestimmt. Erst wenn die Ersatzparkflächen bekannt seien, könne man sinnvoll die Verkehrsinfrastruktur anpassen. Laut Olaf Orb habe das Parkhaus-Mitte derzeit bereits einen Rückgang von zehn Prozent weniger Fahrzeugen. "Das ist realer Kundenverlust", so Orb.
Wenig Verständnis für die Kritik gibt es in den zuständigen Behörden. "Das ganze Verfahren ist mit der Handelskammer, dem Beirat sowie den öffentlichen Trägern wie Feuerwehr und Polizei koordiniert und abgestimmt worden", sagt Jens Tittmann, Sprecher der Bremer Verkehrs- und Baubehörde. Er könne nicht verstehen, dass von der City-Initiative und den Einzelhandelsvertreter nun Kritik geäußert werde, weil nicht nur der Grund für die Baumaßnahme, sondern auch der Zeitpunkt abgesprochen seien. Sonst werde immer gemeckert, wenn die Behörde zu lange brauche, um Arbeiten umzusetzen. Nun gebe es die Möglichkeit, eine Maßnahme schneller anzugehen und es sei auch wieder nicht richtig. Laut mehreren Verkehrsexperten sei es sogar sinnvoller, die Bauarbeiten am Wall und am Herdentorsteinweg zeitgleich und gemeinsam zu machen. Es sei mit der Handelskammer abgestimmt, dass die Arbeiten vor dem Start des Weihnachtsgeschäfts im November fertig gestellt sind, damit sie den Handel nicht beeinflussen. Am wichtigsten sei laut Tittmann allerdings: Es gehe hier um eine Maßnahme, um die Verkehrssicherheit am Herdentor, dem zentralen Zubringer für die Innenstadt, zu erhöhen. Dafür gebe es eine politische Beschlusslage.
Dass die Situation für Fußgänger und Radfahrer an der Ecke Wall/Herdentorsteinweg nicht ganz optimal ist, räumt Martin Stellmann, Sprecher des Amtes für Straßen und Verkehr (ASV), ein. "An der Ecke soll nachgebessert werden", sagt Stellmann. Die Anordnung dafür sei bereits raus. Eine eindeutigere Wegweisung durch Schilder sowie zusätzliche gelbe Pfeile und Piktogramme auf dem Weg solle die Fahrradfahrer um die Baustelle herum, an der Steinhäuser-Vase in den Wallanlagen vorbei, wieder auf den Herdentorsteinweg führen.