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Essensausgabe am Hauptbahnhof Ehrenamtliche fühlen sich von Bremer Behörden nicht wertgeschätzt

Seit Wochen darf der Kältebus der Johanniter kein Essen am Bremer Hauptbahnhof verteilen. Der Fall hat eine Grundsatzdebatte über die Essensausgabe vor Ort ausgelöst. Wie es nun weitergehen soll.
01.09.2023, 05:00 Uhr
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Ehrenamtliche fühlen sich von Bremer Behörden nicht wertgeschätzt
Von Kristin Hermann

Der Frust bei den Bremer Johannitern sitzt tief. Seit Anfang Juni können sie nicht mehr mit ihrem Kältebus vor dem Hauptbahnhof stehen, um Essen und Getränke an Wohnungslose zu verteilen. Wie und wo es weitergeht, ist nach wie vor unklar. Weil sie in der sogenannten Sicherheitszone für Rettungsfahrzeuge registriert wurden, hatten sie von den Behörden ein Platzverbot erteilt bekommen – inklusive Bußgeldandrohung (wir berichteten). Daraufhin war aufgefallen, dass der Hilfsorganisation zudem eine Sondernutzungserlaubnis für den Bereich fehlt. Ohne Übergangsfrist mussten die Ehrenamtlichen ihr Angebot nach elf Jahren vorläufig einstellen.

Das Platzverbot hatte für teils harsche Kritik von der Opposition gesorgt und zusätzlich Wellen geschlagen, weil festgestellt worden war, dass keiner der Träger oder Anbieter der mobilen Essensausgaben auf dem Bahnhofsvorplatz über eine solche Nutzungserlaubnis verfügt. Alle anderen Träger, wie etwa die Suppenengel, dürfen jedoch nach wie vor ihrer Tätigkeit nachgehen. "Es besteht kein Konkurrenzkampf untereinander und wir pflegen ein gutes Miteinander. Wir wundern uns jedoch sehr, warum einige Anbieter dort weiter stehen dürfen, während wir zum Stillstand gezwungen sind. Ich wünsche mir da eine Gleichbehandlung", sagte Florian Hensel, Dienststellenleiter vom Bremer Ortsverband der Johanniter.

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Um über die Zukunft der Essensausgaben zu diskutieren, wollten die Innen- und Sozialbehörde einen Runden Tisch einberufen. Dieser wurde vor wenigen Tagen veranstaltet. Neben verschiedenen Behördenvertretern waren mehrere bekannte Träger anwesend. Einige private Vereine und Initiativen, die ebenfalls im Bahnhofsumfeld tätig sind, wurden nach Informationen des WESER-KURIER nicht eingeladen. "Man hatte den Eindruck, die Behörde weiß gar nicht, wer dort überhaupt vertreten ist und Hilfe leistet, obwohl alle Angebote im Sozialstadtplan aufgelistet sind", sagte einer der Teilnehmenden im Anschluss.

"Wir werden Bremen nicht nur für Touristen herrichten können"

"Es war schwer zu erkennen, was das Ziel des Gespräches ist", sagte Karin Altenfelder, Landesdiakoniepastorin und Vorständin der Diakonie Bremen. Die Diakonie vertritt als Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege die Interessen ihrer Mitglieder, von denen mehrere im Bereich des Hauptbahnhofes aktiv sind. "Es gibt viele Ehrenamtliche inner- und außerhalb der Diakonie, die die Not der Menschen sehen, sich engagieren und damit Aufgaben übernehmen, die eigentlich Sache der Kommune sind", sagte Altenfelder. Sie vermisse derzeit eine Wertschätzung dieser Arbeit und beobachte die Tendenz, Obdachlose sowie Unterstützer aus dem Bahnhofsumfeld zu verdrängen, zunehmend mit Sorge. „Die Menschen lassen sich nicht vorschreiben, wo sie leben. Sie wollen teilhaben. Wir werden Bremen nicht nur für Touristen herrichten können."

Von der zuständigen Innen- und Sozialbehörde hieß es, man wolle die Situation am Hauptbahnhof weiter entzerren. Dafür sollen die Hilfsangebote in einem größeren Bereich verteilt werden, anstatt sie alle auf dem Bahnhofsplatz zu bündeln. Dazu gehöre perspektivisch auch, Angebote in den Stadtteilen zu entwickeln, sofern dort Bedarf bestehe. Wie das konkret aussehen soll und was das für die Standorte der Träger künftig bedeutet, ist indes noch unklar und konnte bei dem Treffen nicht vereinbart werden. "Ich vermisse die Verantwortung der Behörde, sich zielgerichtet um diese Problematik zu kümmern. Bremen hat das verpasst – und das kocht gerade über", kritisierte Altenfelder.

Kältebus will am 10. September wieder starten - Standort noch unklar

Mit den Johannitern hatte man in den vergangenen Wochen über mehrere Alternativen zum Bahnhofsplatz gesprochen, als Favorit galt dabei der Platz "Auf der Brake" Richtung Diskomeile. Das Kältebusteam hat nach eigenen Angaben seit mehreren Wochen zwei Anträge bei der Behörde eingereicht: einen für den Bahnhofsplatz und einen für "Auf der Brake". "Wir planen seit Wochen, am 10. September wieder rauszufahren, und man hatte uns zugesichert, dass das klappt", sagte Kältebus-Teamleiterin Karin Stelljes. Einen Bescheid bekommen hätten die Johanniter bisher aber nicht. "Wir brauchen Planungssicherheit und müssen die Auflagen kennen, um uns entsprechend vorzubereiten", so Stelljes. Vor einigen Wochen hatten kurzzeitig etwa Auflagen wie die Vorhaltung von Mehrweggeschirr und Toiletten im Raum gestanden.

Die Sondernutzungserlaubnis für die Johanniter ist nach Angaben der Sozial- und Innenbehörde noch im Genehmigungsverfahren. Sie soll zunächst auf zwei Monate befristet sein, um zu schauen, ob die Lösung sowohl für die beteiligten Behörden als auch für die Johanniter geeignet ist. Für die Johanniter sei das alles andere als zufriedenstellend. "Wir benötigen einen verlässlichen Platz", forderte Stelljes.

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