Das neue Johann-Jacobs-Haus, die historische Stadtwaage, das Essighaus – drei Projekte für das Balgequartier, die es in sich haben. Doch da ist ja noch das Kontorhaus am Markt. Auch dort wird es gewaltige Veränderungen geben. Erst dann freilich, wenn die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) ausgezogen ist. Die Behörde wechselt im Dezember ihren Standort und nimmt mit gut 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im neuen „Lebendigen Haus“ Platz, das zurzeit durch den Umbau des ehemaligen Lloydhofes am Ansgarikirchhof entsteht.
Vor diesem Wechsel ist nichts möglich im Kontorhaus, nicht das jedenfalls, womit der Umbau beginnt: In dem denkmalgeschützten Gebäude gibt es ein Hochparterre, das verschwinden soll. Der Aufwand dafür ist enorm und wird viel Lärm und Erschütterung bringen. Doch wer den „Handlauf zur Weser“ plant, wie der Unternehmer Christian Jacobs es tut, hat keine Alternative. Die erhoffte neue Durchlässigkeit zwischen Innenstadt und Schlachte, und dann ein Weg durch das Kontorhaus, der treppauf, treppab geht – unmöglich, ein Widerspruch in sich.
Das Kontorhaus ist 107 Jahre alt und besticht durch seine Wucht einerseits und den filigranen Elementen an der Fassade andererseits. Errichtet wurde es auf einem Grundstück, das prominenter kaum liegen kann – in direkter Nachbarschaft zum Marktplatz und dem Schütting, Sitz der Handelskammer. In seinen Anfängen diente das Gebäude als Bankhaus. Es gehörte der Disconto-Gesellschaft mit Hauptsitz in Berlin. Neben der Bank hatten in dem Haus auch diverse Firmen ihre Büros.
Von 1923 an waren dort die Allgemeinen Gas- und Elektrizitätswerke untergebracht. Nach dem Krieg zogen das Fernmeldeamt und die Stadtwerke ein. Kurz auch die Commerzbank. Später wurde die Telekom Eigentümerin, die das Haus schließlich an die Stadt verkaufte. Seit der Sanierung vor 20 Jahren, als die ehemaligen Innenhöfe in eine Einkaufspassage umgewandelt wurden, beherbergt das Kontorhaus Büros und Geschäfte. Es gab dort lange einen Friseur für die Prominenz der Stadt, ein Bistro mit gehobener Küche, die Touristen-Information der Bremer Touristik-Zentrale (BTZ) und das Spaghetti-Haus. Das ist Vergangenheit. Heute sind die meisten Flächen ungenutzt. Die Passage ist geschlossen.
Wie schon für das Essighaus haben sich nach Darstellung des Investors auch für das Kontorhaus bereits Interessenten gemeldet, die sich auf den 5500 Quadratmeter großen Büroflächen einquartieren wollen. Insgesamt stehen für die Vermietung rund 9000 Quadratmeter zur Verfügung. Auch an dieser Stelle in der Langenstraße soll es Gastronomie geben, innen und außen. Der genaue Platz dafür ist an der Stintbrücke, der kurzen Gasse zwischen Kontorhaus und Schütting.
Brüderlich teilen sich Bremen und Berlin die Kosten
So wie bei allen anderen Gebäuden im Großprojekt Balgequartier soll der Umbau des Kontorhauses Ende 2024 vollendet sein. An den Start gehen wird dort zu diesem Termin auch das geplante Stadtmusikantenhaus. Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) hatte früh mit dieser Idee geliebäugelt. Der entscheidende Schub für das Vorhaben kam im November durch die Zusage des Bundes, sich an den Kosten zu beteiligen. Aus Berlin fließen 4,9 Millionen Euro, Bremen muss den gleichen Betrag obendrauf packen.
Das Ausstellungshaus mit einem Mix aus Bildung und Unterhaltung wird sich auf zwei Geschosse verteilen. Kern ist eine rund 300 Quadratmeter große Halle mit Schautreppe. Sie soll für Inszenierungen im Kontext mit dem Märchen der Brüder Grimm genutzt werden. Eine Etage höher ist auf rund 800 Quadratmetern eine Erlebnisausstellung geplant. Seine Hauptpforte bekommt das Stadtmusikantenhaus in der Langenstraße. Gemietet wird es von der Stadt, über den Betreiber entscheidet eine Ausschreibung.