Es ist still geworden um die Bremer Innenstadt. Nach einer Zeit der Fachforen, Investorengespräche und Bürgerinformationen wird in der Öffentlichkeit allenfalls noch punktuell diskutiert und nicht mehr im großen Zusammenhang aller geplanten Projekte. Das ist schade, denn bei so einem wichtigen Zukunftsthema reicht es nicht, wenn nur in den kleinen Zirkeln der Politiker und Beamten an Ideen gefeilt wird. Vor einem Jahr waren in der Bürgerschaft die Ergebnisse eines Werkstattverfahrens vorgestellt worden, doch wer hat je wieder davon gehört? Zugegeben, die Vorschläge waren teilweise etwas krude, der Ansatz nicht zielgerichtet genug, es wurde aber immerhin ein Prozess angestoßen. Fortsetzung? Keine.
Die Stadt gehört der Stadt und nicht den Investoren. Höchste Zeit deshalb, sich auf einen Rahmen zu verständigen, damit es am Ende nicht wie in der Überseestadt läuft, wo zu spät nachjustiert wurde. Bremen muss dafür allerdings erst einmal wissen, was es will. Wie soll die Innenstadt der Zukunft aussehen, außer dass sie frei von Autos ist und wieder stärker bewohnt wird? Gar nicht lange her, dass daran gedacht wurde, ein großes Einkaufszentrum zu bauen. Ein glückliches Scheitern, kann man heute sagen. Seitdem sich der Einzelhandel nach und nach ins Internet verabschiedet, taugen solche Konzepte nicht mehr. Doch was stattdessen? Ratlosigkeit.
Dass die Dynamik, die im vergangenen Jahr zu spüren war, verloren gegangen ist, hat auch damit zu tun, dass die Treiber fehlen. Für den ehemaligen Bausenator Joachim Lohse war die Innenstadt keine Herzensangelegenheit. Sein Staatsrat Jens Deutschendorf kannte sich in Bremen nicht aus. Er war ein politisches Leichtgewicht, die Investoren nahmen ihn nicht ernst. Und die heute noch amtierende Senatsbaudirektorin? Sie bleibt gerne im Ungefähren. Selbst als der spektakuläre Libeskind-Entwurf für das Sparkassengelände am Brill diskutiert wurde, duckte Iris Reuther sich weg.
Ein Ausfall ist in dem Zusammenhang auch die zuständige Ortsamtsleiterin. Hellena Harttung hat nicht das Format ihrer Vorgänger. Sie ist oft schlecht informiert, verfügt offenbar nicht über die Netzwerke, die notwendig sind, um mitzumischen. Guter Wille und Engagement allein sind nicht genug.
Dem eigenen Geldgeber in die Suppe spucken
Der City-Initiative schließlich fehlt die Durchschlagskraft. Das Bündnis der Kaufleute flankiert nur, es geht nicht voran, was wohl auch damit zu tun hat, dass es zur Hälfte vom Senat finanziert wird. Wer spuckt seinem Geldgeber schon in die Suppe? Gemeckert wird allenfalls wegen Kleinigkeiten. Dabei gäbe es gute Gründe für substanzielle Kritik, weil in der Innenstadt auch abseits des großen Plans der Investoren viel angepackt werden müsste. Beispiele sind der Domshof und die Anbindung des Walls.
Hinzu kommt, dass es an den zwei wichtigsten Stellen der Innenstadt nicht vorangeht. Zum einen sind das die Pläne von Kurt Zech. Der Bremer Unternehmer, sonst ein Tausendsassa, dem vieles gelingt, hat offensichtlich unterschätzt, wie komplex die City ist. Er wollte mit seinen Um- und Neubauten ursprünglich im Jahr 2021 fertig sein, eine Ankündigung, die verwegen war und jetzt Makulatur ist.
Mit dem Parkhaus Mitte sollte alles anfangen. Zech hat das Gebäude gekauft und will es abreißen lassen. Er besitzt den Schlüssel zur Neuentwicklung, kann ihn aber nicht umdrehen. Zu viele lose Enden, zu viele Unwägbarkeiten in der Nachbarschaft des Parkhauses, die in das Großprojekt einbezogen werden soll.
Karstadt dürfte kein Hindernis sein. Zech ist Eigentümer der Immobilie, er kann damit zwar nicht machen, was er will, weil sie unter Denkmalschutz steht und der Mieter auch ein Wörtchen mitzureden hat. Das Haus steht aber immerhin zur Verfügung. Anders ist es mit dem Kaufhof-Gebäude. Sollte Zech dort nicht wie geplant zum Zuge kommen, indem er kauft oder sich mit dem bisherigen Eigentümer zusammenschließt, können er und die Stadt alles andere vergessen. Der Kaufhof ist untrennbar mit dem Parkhaus verbunden. Bleibt das eine, kann das andere nicht weg.
Stillstand auch am zweiten wichtigen Ort, dem Sparkassengelände. Nachdem der Senat die Libeskind-Pläne kassiert hat, könnten die neuen Eigentümer das Areal jetzt erst einmal liegen lassen. Das wäre fatal, weil es keine Chance mehr gäbe, die City und das angrenzende Stephaniviertel endlich enger zu verzahnen.
So türmt sich ein Problem auf das andere. Für die Innenstadtplanung sollte deshalb dringend eine neue Struktur geschaffen werden. Aktuell wirkt Bremen überfordert.