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Grüne ärgern sich über Senat Kritik an Essensangebot in Bremer Mensen

Die Grünen haben beim Senat angefragt, aus welchen Betrieben das Fleisch kommt, das in den Mensen des Studierendenwerks angeboten wird. Die Antwort liegt jetzt vor. Jan Saffe findet sie enttäuschend.
01.07.2019, 18:18 Uhr
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Kritik an Essensangebot in Bremer Mensen
Von Ralf Michel

Die Grünen haben sich in einer Anfrage an den Senat erkundigt, welches Fleisch in den Mensen des Studierendenwerks auf den Teller kommt. Von welchen Betrieben stammt das Fleisch, und unter welchen Bedingungen werden die Tiere in diesen Betrieben gehalten? Die Antwort liegt jetzt vor, aber Jan Saffe findet sie enttäuschend. „Genauso gut hätte der Senat schreiben können, dass es ihn nicht interessiert, wie die Tiere gehalten werden oder ob die Tierhaltung Auswirkungen auf das Klima hat“, sagt der ernährungspolitische Sprecher der Grünen. Und ärgert sich über den Duktus der gesamten Antwort. „Das klingt wie: Lass uns doch in Ruhe mit solchen Fragen.“

Fleisch oder Fischgerichte gehören zum festen Angebot der Mensen von Bremens Universitäten und Fachhochschulen. Doch weder auf der Website des Studierendenwerks noch an den Ausgabestellen in den Mensen seien Hinweise über die Herkunft der Tiere und deren Haltung zu finden, sagen die Grünen. Dabei sei dies für viele Studenten durchaus ein Kriterium. Per Anfrage an den Senat bemühten sich die Grünen um diese Informationen. Weitgehend erfolglos. Die Frage nach den Betrieben, von denen die Mensen ihr Fleisch beziehen, beantwortete der Senat mit den Namen der Händler. Faktisch nicht falsch, den von denen bezieht das Studierendenwerk ja tatsächlich die Ware. „Aber uns ging es natürlich nicht um die Zwischenhändler, sondern um die Höfe, von denen das Fleisch stammt“, ärgert sich Saffe.

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Auch zur Frage nach den Bedingungen, unter denen die Tiere gehalten wurden, kamen statt konkreter Angaben etwa zu Qua­dratmeterzahlen oder Auslaufflächen lediglich allgemeine Aussagen: Die Fleischproduktion sei ein komplexer Prozess mit umfangreichen gesetzlichen Regelungen. Diese Vorgaben würden eingehalten.

In dieselbe Richtung zielt die Senatsantwort auf die Frage, wie oft in den Mensen Fleisch mit der Kennzeichnung „aT“ (artgerechte Tierhaltung) angeboten wird: Wegen der unklaren Begrifflichkeit könne jede Form der Tierhaltung als artgerecht bezeichnet werden, sofern nicht gegen gesetzliche Vorgaben verstoßen werde. Trotzdem wird der Senat an dieser Stelle auch konkret. Das Studierendenwerk stehe in Kontakt zur Vermarktungsgesellschaft „Artgerecht“. Bislang scheiterte die Zusammenarbeit jedoch an den benötigten Fertigungsstufen, an der kurzfristigen Verfügbarkeit größerer Mengenbedarfe und vor allem am Preis, der bis zu 150 Prozent über dem für konventionell produzierte Ware liege.

Zudem beziehe das Studierendenwerk „in geringen Mengen“ Schweinefleisch eines Anbieters aus Schleswig-Holstein, der Fleisch ohne Antibiotika oder andere chemische Zusätze liefere. Beispiele, die bewiesen, dass sich das Studierendenwerk sehr wohl mit diesem Thema auseinandersetze, betont Christina Selzer, Sprecherin der Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz. Gleiches gelte für die Frage nach der Transparenz. Die Grünen hatten sich erkundigt, ob es Planungen gibt, den Studierenden künftig Hinweise über Herkunft und Aufzuchtbedingungen der in den Mahlzeiten verarbeiteten Tiere zu liefern. Dies werde im Zuge der derzeitigen Neustrukturierung des Einkaufs des Studierendenwerks geschehen, heißt es in der Senatsantwort. Dieser Prozess werde bis 2021 abgeschlossen sein. Auch das Agrarpolitische Bündnis Bremen (ABB) hat sich dieses Themas angenommen. „Billigfleisch runter vom Teller – auch in Uni- und Hochschulmensen“ ist ein offener Brief des ABB an die künftige neue Regierungskoalition aus SPD, Grünen und Linke überschrieben. Der für Schulen, Kitas und Krankenhäuser bereits umgesetzte „Aktionsplan 25“ für eine gesunde Ernährung in der Gemeinschaftsverpflegung müsse auch von der neuen Landesregierung konsequent finanziell und personell unterfüttert umgesetzt werden, fordert das Bündnis. Vor allem aber müssten die Ziele des Aktionsplanes auf die Mensen von Universität und Hochschulen erweitert werden. „Es kann nicht sein, dass in der Mensa der Universität, aber auch in den meisten Hochschulmensen, fast nur Billigfleisch verarbeitet wird“, sagt ABB-Sprecher Peter Bargfrede. Auch das Studierendenwerk Bremen habe eine Verantwortung für das Wohl der Tiere und den klimaschädlichen ­Folgen eines zu hohen Fleischkonsums aus der intensiven Tierhaltung. „Laut Vereinten Nationen ist die agrarindustrielle Tierhaltung für rund 15 Prozent der von Menschen ver­ursachten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich.“

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Eine grundsätzliche Reduzierung des Fleischkonsums in den öffentlichen Kantinen und Mensen bringt in diesem Zusammenhang Jutta Draub-Ketelaar vom Verein Sozialökologie ins Spiel, der zum ABB gehört. Begleitet werden sollte dies von Kampagnen wie etwa einem wöchentlichen „Klima-Teller“, mehr vegetarischen und veganen Angeboten sowie mehreren fleischfreien Tagen in der Woche. Bremen könne in dieser Hinsicht bundesweit eine Vorreiterrolle übernehmen.

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Zur Sache

Für Studierende zählt
der Genuss – und der Preis

Zum Ernährungsverhalten der Studierenden in Bremen nennt der Senat Zahlen. Laut einer Sozialerhebung des Deutschen Studierendenwerks, allerdings aus dem Jahr 2016, war 57 Prozent der befragten Studierenden in Bremen eine gesundheitsorientierte Ernährung wichtig. Für 76 Prozent zählte vor allem der Genuss. 52 Prozent gaben an, dass für sie vorrangig der Preis wichtig sei, ethische Kriterien spielten für 21 Prozent eine Rolle. Auf die Frage an Studierende, die maximal zweimal pro Woche in der Mensa essen, warum sie dies nicht häufiger tun, befanden neun Prozent, dass die Informationen über die verwendeten Lebensmittel unzureichend seien. Die Ergebnisse der Befragung in Bremen waren laut Senat seinerzeit nahezu ­deckungsgleich mit denen aus der Befragung im gesamten Bundesgebiet.

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