Letztlich wurden dem Angeklagten Telefonmitschnitte zum Verhängnis. Sie überzeugten das Gericht davon, dass der 23-jährige Bremer in seinem Heimatland Pakistan einen Mord in Auftrag gegeben hat. Fünf Jahre und ein Monat Haft wegen Anstiftung zum versuchten Mord lautete das Urteil gegen den Mann.
Zweimal war im Juli 2019 in der pakistanischen Stadt Gujranwala auf ein Wohnhaus geschossen worden. Am 5. Juli um 2 Uhr nachts sollen es acht Schüsse gewesen sein, gute zwei Wochen später, am 23. Juli, weitere vier. Verletzt wurde dabei niemand, doch die Kugeln durchschlugen Mauern und Fenster des Gebäudes, in dem ein Cousin einer Studentin aus Bremen mit seiner Familie lebt.
Die Ehe der jungen Bremerin mit dem Angeklagten liefert den Hintergrund der angeklagten Tat. Die 21-Jährige wollte sich von ihrem Mann trennen, was innerhalb ihrer wie seiner Familie offenbar auf wenig Verständnis stieß. Allein ihr in Pakistan lebender Cousin hielt zu ihr. Deshalb, und das hielt das Gericht am Ende der Verhandlung für bewiesen, beauftragte der Angeklagte einen Verwandten in Pakistan, auf das Haus dieses Cousins zu schießen.
Zuvor hatte er laut Staatsanwaltschaft den Vater des Cousins angerufen und ihm mit der Ermordung seines Sohnes gedroht. Der Plan für den Mord sei schon fertig. Wenn der Cousin nicht den Kontakt zu der in Bremen lebenden Cousine abbreche, werde es auf beiden Seiten große Zerstörungen geben.
Doch die Studentin ließ sich nicht einschüchtern, ging stattdessen zur Polizei und zeigte ihren Mann an. Dort erzählte sie die ganze Geschichte. Auch, dass er ihr gedroht habe, sie umzubringen, falls sie nicht zu ihm zurückkomme. Mehrfach soll sich der Mann zu den Anschlägen in Pakistan bekannt haben. Nicht nur seiner Frau gegenüber, sondern auch gegenüber deren Mutter, die ebenfalls in Bremen wohnt.
Die Familie schweigt
Was die Vermutung nahelegte, dass die Zeugenaussage der beiden Frauen vor Gericht den Angeklagten schwer belasten würden. Doch dazu kam es nicht. Nicht nur die Ehefrau, sondern auch deren Eltern, also Schwiegermutter und Schwiegervater des Angeklagten, gelten als dessen Familienangehörige und müssen deshalb vor Gericht nicht aussagen. Von diesem Zeugnisverweigerungsrecht machten alle drei Gebrauch. Die Schwiegereltern des 23-Jährigen untersagten dem Gericht darüber hinaus die Verwertung ihrer Aussagen, die sie bei der Vernehmung durch die Polizei gemacht hatten.
Die Ehefrau dagegen hatte nichts gegen die Verwertung ihrer früheren Angaben. Und so hörte das Gericht die Aussagen der Studentin dann doch, wenn auch nur über Bande aus dem Munde der Polizistin, die sie vernommen hatte. Bei der Polizei hatte die 21-Jährige von einer Zwangsheirat erzählt und davon, dass sie unter dem enormen Druck ihrer Familie stehe. Von einer unglücklichen Ehe war die Rede, eingefädelt nur, um den Aufenthalt des Mannes in Deutschland zu sichern.
Zur Sprache kam auch, dass sie ihren Mann schon einmal angezeigt hatte. Weil er ihr mit einer Tasse ins Gesicht geschlagen haben soll. Auf diese Anzeige reagierte der 23-Jährige mit einem scheinbaren Suizidversuch. Er schluckte eine Handvoll Tabletten. Wie der Notarzt feststellte, handelte es sich dabei aber um Vitamin-Tabletten. Nach dem Vorfall hätten sich dann wohl beide Familien zusammengesetzt, berichtete die Polizistin. Ergebnis dieser Beratungen: Die Ehefrau zog die Anzeige zurück.
Nach einer völlig missratenen Reise nach Pakistan zur Familie ihres Mannes dann der endgültige Schlussstrich: Zurück in Bremen reichte die 21-Jährige die Scheidung ein und zog zurück zu ihren Eltern. Ihr Noch-Ehemann habe darauf mit Beschimpfungen und Bedrohungen reagiert, erzählte die Frau der Polizei. So massiv seien seine Verfolgungen gewesen, dass sie vor Gericht eine Gewaltschutzverordnung erwirkte.
Die Eskalation des Geschehens bis hin zu den Schüssen in Pakistan wurden durch Sprachnachrichten, Chatverläufe und mitgeschnittene Telefonate dokumentiert. Als besonders verfänglich erwies sich dabei für den Angeklagten ein Drohanruf bei dem Cousin seiner Frau in Pakistan. Vor Gericht versuchte der 23-Jährige, dies herunterzuspielen. Er habe dem Cousin mit den Schüssen nur Angst machen wollen, damit dieser seine Frau in Ruhe ließe. Aber niemand sollte dabei verletzt werden, beteuerte er. Sein Anwalt plädierte deshalb auf eine Verurteilung wegen versuchter Nötigung mit einer Haftstrafe unter drei Jahren.
Doch diese Version nahm das Gericht dem Angeklagten nicht ab. Sondern es bezog sich stattdessen auf ein weiteres Telefonat, in dem es um einen dritten Anschlag ging: Zweimal habe es nicht geklappt, aber beim dritten Mal müsse es nun gelingen, forderte darin der Angeklagte. Für das Gericht der Beleg, dass es eben doch um eine Anstiftung zum versuchten Mord ging.