"Das ist reinste Comedy" und "klarer Fall für eine Nachbesserung" – die Kommentare einiger Büroangestellter, die ihre Mittagspause auf dem Gehweg verbringen, fallen deutlich aus: Die Verkehrsführung auf dem jüngst freigegebenen Teilstück Am Wall halten sie für einen "Scherz". Dort herrscht seit wenigen Tagen wieder freie Fahrt, die Umgestaltung der Auto- und die Einrichtung der Fahrradspur als Premiumrouten-Teilstück zwischen Bürgermeister-Smidt-Straße und Herdentorsteinweg scheint abgeschlossen zu sein. Vorläufig.
Das vermuten Kolleginnen und Kollegen aus benachbarten Büros, die in Höhe der Wallmühle Position bezogen haben. Sie applaudieren allen Autofahrern, die rechtzeitig die Kurve kriegen, um nicht an der quer verlaufenden Bordsteinkante zu landen. Viel gibt es nicht zu klatschen. Die meisten landen versehentlich auf der Radspur und müssen rückwärts rangieren, um über eine schraffierte Fläche auf ihre Fahrspur zu gelangen. Links gibt es an dieser Stelle bereits eine Hochpflasterung, die Fahrräder und Autos trennen soll. Wie am Altenwall.
An der Ampel in der Nähe der Wallmühle endet die neue Radspur, Rad- und Autospur kreuzen sich. Radler müssen auf die linke Straßenseite wechseln, wo die Premiumroute in Richtung Herdentor weiterführt. Und die Autos, die von der Bürgermeister-Smidt-Straße in Richtung Herdentor fahren, müssen auf die rechte Seite schwenken.
Das Amt für Straßen und Verkehr (ASV) bestätigt den Eindruck: "Augenscheinlich fahren vor allem Pkw, die aus der Ansgaritorstraße kommen, unbeabsichtigt auf die neue Fahrradspur auf – obwohl Fahrradpiktogramme angebracht wurden", stellt ASV-Sprecherin Andrea Voth fest. Zwei Richtungsschilder geben per Pfeil die richtige Route vor, trotzdem ziehen reihenweise Autos auf der falschen Seite an ihnen vorbei: rechts auf die Radspur. Hier soll so schnell wie möglich mit einem oder mehreren weiteren Schildern nachgesteuert werden. Zumindest für Autofahrerinnen und Autofahrer, die aus der Ansgaritorstraße, also im spitzen Winkel nach rechts auf den Wall einbiegen, sei die Beschilderung schlecht zu erkennen, räumt Voth ein. Offenbar gilt das auch für das Radlerpiktogramm.
Nicht nur die neue Beschilderung sorgt offenbar für Verwirrung. "Teilweise sind auch noch Schilder vorhanden, die entfernt werden müssen: Hier halten wir aktuell Rücksprache mit unseren Auftragnehmern", sagt Andrea Voth. Die Beschilderung für die Parkplätze, rechts an der Auffahrt zum Wall, zum Beispiel. Sie liegen jenseits der Radspur und können eigentlich schon jetzt nicht mehr ohne Regelverstoß angesteuert oder verlassen werden. Die großflächige Fahrbahnmarkierung und die Schilder sprechen eine klare Sprache. Alsbald sollen hochgepflasterte Trennelemente auch dort baulich für eindeutige Verhältnisse sorgen. Derzeit kreuzen zahlreiche Autos regelwidrig die große Sperrfläche, die einen, um von der Fahrrad- auf die Autospur zu gelangen, die anderen auf dem Weg von der Auto- auf die Fahrradspur.
Momentan herrsche "ein Übergangszustand, der teilweise verwirrend auf Verkehrsteilnehmende wirken kann – dies wird sich aber voraussichtlich nach weiteren Anpassungen zeitnah auflösen", sagt Andrea Voth. "Wie stets bei derartig gravierenden Eingriffen" beobachte das ASV das Geschehen "engmaschig und gemeinsam mit der Polizei". Bei Bedarf reagiere man flexibel, etwa mit weiteren Piktogrammen und "gegebenenfalls Rotmarkierungen", sagt Voth. "Die Erfahrung zeigt: Voraussichtlich nach zwei bis drei Tagen tritt ein Gewöhnungseffekt auf, und die Lage entspannt sich."