Kurz vor 11 Uhr: Vor den Toren der Unteren Rathaushalle macht sich schon etwas Unruhe breit. Und das liegt nicht an den Touristen, die sich mit den Bremer Stadtmusikanten fotografieren wollen. Nein, die Besucher, die schon ein wenig ungeduldig wirken, warten auf den Start zur traditionellen Weihnachtsausstellung der Kunsthandwerker. Bis zum 22. Dezember ist die Ausstellung täglich von 11 bis 19 Uhr geöffnet. Und es deutet viel darauf hin, dass es die Traditionsausstellung zum letzten Mal geben könnte.
Es gibt viel zum Bestaunen in der Unteren Rathaushalle. 30 Kunstschaffende präsentieren ihre besten Stücke: von Keramik, über Glas bis hin zu Kunstdrucken, Kleidung, Teppiche und Lederwaren. "Den Markt gibt es seit über 50 Jahren", weiß Frauke Alber. Sie stellt ihre Keramik aus und ist Teil der Bürgerinitiative, die sich für den Fortbestand der Nutzung für Bürger in den Hallen einsetzt.
Maßgeblich an der Entstehung war Michael Harjes in 1969 beteiligt. "Es hat mit sechs Kunsthandwerkern angefangen, die an zwei bis drei Tagen ausgestellt haben. Über die Jahre ist das gewachsen, bis die ganze Halle genutzt wurde", weiß Tobias Harjes, Sohn des Hauptinitiators. Er stellt Metallkunst aus. "Damals stand ich als 15-Jähriger mit einem großen Gong draußen und habe auf die Ausstellung aufmerksam gemacht", erinnert sich der 66-Jährige. Es seien jedes Jahr nicht nur neue Kunsthandwerker hinzugekommen, sondern auch immer mehr Gäste hätten ihren Weg in die Halle gefunden.

Bernd Lichtenstein präsentiert seine Kunst aus Glas auf der Weihnachtsausstellung der Bremer Kunsthandwerker.
"Täglich besuchen uns zwischen 2000 und 4.000 Gäste", schätzt Harjes. Die Symbiose mit dem Weihnachtsmarkt direkt vor der Tür würde die hohen Besucherzahlen begünstigen. Doch es könnte bald Schluss sein: "Es soll bekanntlich ein Weltkulturerbe-Informationszentrum entstehen", sagt Alber. Das ist, wie berichtet, bereits seit einigen Jahren in Planung. 2025 soll es mit dem Umbau losgehen. Die Umnutzung der Räume steht in starker Kritik – nicht nur seitens der Kunsthandwerker, sondern auch seitens vieler Bremerinnen und Bremer. "Es gibt keinen passenden Ersatzraum, um die Tradition fortzuführen", bedauert Alber.
In den Kirchengemeinden dürften sie ihre Stücke nicht verkaufen. "Beim Focke-Museum dürfen wir nur den Außenbereich nutzen", sagt Alber. Es laufe darauf hinaus, dass die Künstler ab dem kommenden Jahr sich nicht mehr gebündelt an einem Ort präsentierten. "Jeder kämpft dann für sich und muss sich seinen Raum suchen", führt Albers aus. Die Halle als "Ort der Würdigung" würde verschwinden und für den Tourismus Platz machen.
So weit müsse es nicht kommen, darin sind sich Alber und Harjes einig. Die Untere Rathaushalle könnte doch künftig beides vereinen: ein Informationszentrum für Touristen und eine Halle für die Bürger, in der weiter Ausstellungen möglich wären – im vorderen Bereich der museale Charakter, im hinteren Teil wechselnde Ausstellungen und eben der Kunsthandwerkermarkt.

Martin Wilmes präsentierte seine Kunst aus Holz seit nunmehr 23 Jahren auf dem Markt in der Unteren Rathaushalle.
"Die Halle ist als Markt gedacht, um ins Gespräch zu kommen", sagt etwa Bernd Lichtenstein, der als Aussteller, seit 25 Jahren Glas-Kunst präsentiert. Und Harjes findet: "Aus der Halle könnte noch mehr gemacht werden, wenn die Stadt den Ort als zentralen Platz bewerben würde." Gespräche mit Vertretern der Stadt hätten vor allem ein Gefühl bestärkt: "Es wird über die Köpfe der Bürger hinweg entschieden", fasst Martin Wilmes, der als Kunsthandwerker seine Holzarbeiten präsentiert.
"Mit dem Aus des Marktes stirbt auch das Wissen der Kunsthandwerker", findet Alber. Noch aber habe sie die Hoffnung, dass es den Kunsthandwerkermarkt auch im kommenden Jahr noch gebe, nicht ganz aufgegeben.