Es sollte ein schöner Nordsee-Urlaub in ihrer Heimat Schortens bei Wilhelmshaven werden. Doch auf der Rückreise nach Baden-Württemberg war es für Marion Grießer schlagartig vorbei mit der Entspannung. Komplett aufgelöst habe sie am vergangenen Freitag am Bremer Hauptbahnhof gestanden. "Ich war so am Boden", sagt sie rückblickend. Flüge fielen aus, Züge sammelten Minute um Minute an Verspätung. Die 58-Jährige war mittendrin – und ihre Katze Sweety ohne Betreuung allein zu Hause.
Eigentlich war Grießers Rückflug am Donnerstagabend mit Eurowings von Bremen nach Stuttgart fest gebucht. Aus gesundheitlichen Gründen setzt sich Grießer nach eigenen Angaben für die lange Fahrt in den Urlaub nicht mehr selbst ans Steuer. Die kurze Distanz von Schortens nach Bremen wollte sie dennoch mit dem Leihwagen bestreiten. Doch kurz vor der Abfahrt habe sie gegen 16 Uhr auf einmal eine E-Mail mit einer knappen Information bekommen: Ihr Flug wurde annulliert.
Katze bereitet Kopfzerbrechen
Glück für die Urlauberin, dass sie im Veranstaltungsmarketing eines großen Unternehmens arbeitet, das auch ein eigenes Reisebüro betreibt. Ihre Kollegin habe umgehend einen Flug für den nächsten Tag gebucht, die Leihwagen-Firma die Rückgabefrist anstandslos verlängert, ihre Schwester einen Übernachtungsplatz angeboten.
Kopfzerbrechen habe Grießer nur ihre Katze Sweety zu Hause bereitet. Am Freitagmorgen hätte der Katzensitter ein letztes Mal nach ihr schauen können, ab dann wäre das Tier auf sich gestellt gewesen. Einige Telefonate später erklärte sich die Tochter eines Freundes bereit, sich notfalls noch einmal um Sweety zu kümmern.
- Sehen Sie auch unser Video zum Thema: Bahnchaos in Bremen – Kaputtes Stellwerk sorgt für Frust bei Reisenden
Zwar hatte Grießer die großflächige Stellwerksstörung am Bremer Hauptbahnhof umgangen, als sie sich am Freitagnachmittag auf den Weg zum Flughafen machen wollte. Doch genau dort drohte ihr neues Ungemach. Ob es die weltweite IT-Störung oder andere Gründe waren: Marion Grießer erhielt am Freitag um 14 Uhr nach eigenen Angaben exakt die gleiche Nachricht wie am Vortag. Ohne Angabe von Gründen sei auch ihr neuer Flug annulliert worden.
Der Verdacht, dass dies mit der Technikpanne beim Sicherheitsdienstleister Crowdstrike zusammenhängt, liegt nahe, denn: Die Fluggesellschaft sei zu diesem Zeitpunkt weder telefonisch erreichbar gewesen, noch habe das Buchungsportal auf der Internetseite funktioniert. "Da wurde ich panisch", sagt die 58-Jährige. Ihr "Engel" im Reisebüro habe ihr geraten, zum Bremer Hauptbahnhof zu fahren und es von da aus zu probieren. Sie besorgte Grießer ein Zugticket und die machte sich auf den Weg zum Bahnhof.
Um 17.45 Uhr stand die Pforzheimerin pünktlich am Gleis, der Zug allerdings nicht. Erst um 18.30 Uhr rollte er nach zahlreichen Gleiswechseln schließlich ein. Da dämmerte Grießer bereits: Mit dem Flughafen-Zubringer in Stuttgart könnte es knapp werden. Sicher war sie sich darin, als der Zug erst bei Bonn und schließlich auch vor Koblenz noch einmal zum Stehen kam.
Eine Odyssee nimmt ein Ende
Mit einer Verspätung von 100 Minuten kam sie schließlich nachts in Stuttgart an. Eine letzte Möglichkeit, nach Hause zu kommen, bot sich um 2.03 Uhr mit der S-Bahn. Nach einem Polizeieinsatz auf der Fahrt wegen einer Schlägerei kam die 58-Jährige schließlich um 3.15 Uhr in Pforzheim und um 3.40 Uhr zu Hause an.
"Das war ein Tag, der mir meinen Urlaub genommen hat", ärgert sich Grießer, betont aber im selben Atemzug, dass ja niemand etwas für die Verspätungen und Ausfälle könne. Eine Erstattung und die Übernahme der Mehrkosten hat sie mithilfe ihrer Kollegin bei der Fluggesellschaft beantragt. Den Ärger über die schlechte Informationspolitik von Deutscher Bahn und Eurowings überwiegt dabei aber vor allem ein Gedanke: "Was machen Leute, die kein Handy oder eine Behinderung haben?" Auf dem Hinflug sei eine Seniorin im Rollstuhl dabei gewesen. Sie hätte diese Art von Rückreise garantiert nicht meistern können, ist sich Grießer sicher.