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Aktion gegen Leerstand Bremer Neustadt: Initiative will verlassenes Altenheim beleben

Genug Platz wäre da für gemeinschaftliches Wohnen und Selbsthilfewerkstätten, findet eine Initiative aus der Bremer Neustadt. Aber nur, wenn leer stehende Gebäude und Wohnungen endlich genutzt werden können.
18.01.2024, 05:00 Uhr
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Bremer Neustadt: Initiative will verlassenes Altenheim beleben
Von Karin Mörtel
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"Es ist ein Unding, dass so ein großes Haus schon fast ein Jahr ungenutzt leer steht", sagt Alexandra Schmiedke. Die Neustädterin meint damit das seit März 2023 verlassene Altenheim am Kirchweg, das nach der Insolvenz des Betreibers nicht mehr weitergeführt werden konnte. "Viele Menschen suchen händeringend nach bezahlbarem Wohnraum, Geflüchtete müssen in Metallzelten leben, und auf der anderen Seite stehen ganze Gebäude oder viele einzelne Wohnungen leer – das ist bitter", sagt Schmiedke.

Die Frau ist Teil der Initiative Zwigako – Zwischen Gastfeld- und Kornstraße, in der sich Menschen aus der Neustadt zusammengeschlossen haben, die genau daran etwas ändern wollen. Ein gemeinschaftliches Wohnprojekt schwebt der Gruppe vor. Eine geeignete Immobilie haben sie aber noch nicht gefunden. Gleichzeitig haben die Mitglieder das Ziel, gegen den Leerstand im Stadtteil vorzugehen. 

Warum hat die Initiative vor Weihnachten demonstriert?

Sichtbar in Erscheinung getreten ist die Gruppe erstmals kurz vor Weihnachten: Mit Plakaten haben sie vor dem Altenheim am Kirchweg gegen den dortigen Leerstand demonstriert und auf ihr Anliegen aufmerksam gemacht. Symbolisch hatten sie an diesem Tag auch gleich schon mal Umzugskartons, Pflanzen und Kuscheltiere mitgebracht. Die Botschaft: "Wir sind bereit zum Einzug."

Die Gruppe geht davon aus, dass die Zimmer der ehemaligen Heimbewohner nahezu sofort bezugsfertig wären. Bei anderen Räumen rechnen sie damit, dass sie noch an die Bedürfnisse der Wohngruppe angepasst werden müssten. Platz für öffentliche Veranstaltungen wäre nach ihrer Ansicht ebenfalls reichlich vorhanden. "Und im Keller würden wir schauen, ob wir da so etwas wie Selbsthilfewerkstätten oder weitere Angebote für die Gemeinschaft umsetzen könnten", sagt Initiativen-Mitglied Johann Bergmann.

Wie stellt sich die Initiative ihr Wohnprojekt vor?

Etwa 30 Mitglieder hat die Initiative bereits. Die Altersspanne reicht von knapp 30 bis weit mehr als 70 Jahren, auch einige Kinder sind über ihre Eltern mit dabei. Nicht alleine leben müssen, sich gegenseitig solidarisch unterstützen und jedem die Privatsphäre zugestehen, die er oder sie braucht – so wünschen sie sich das Zusammenleben.

Als Selbsthilfeprojekt sei eine Holz- und Metallwerkstatt denkbar. Dort könnte dann auch für Ausbesserungsarbeiten am Haus gewerkelt werden, so Bergmann. Was genau möglich sei, müsse aber erst eine Begehung der Immobilie zeigen.

Die Grundhaltung der Initiativen-Mitglieder ist vorsichtig und optimistisch zugleich: "Einige von uns waren schon in anderen Initiativen engagiert, um Wohnprojekte umzusetzen", sagt Bergmann. Doch die Erfahrung habe gezeigt: "Finanzstarke Investoren bekommen fast immer den Zuschlag."

Wie stehen die Chancen der Gruppe auf eine Nutzung des Altenheims?

Die Hoffnung der Initiative ist nun, dass ein karitativer Eigentümer bei der Nutzung seiner Immobilie da anders agiert. Denn das verlassene Altenheim gehört dem Verein für Innere Mission. Und dort zeigt man sich der Initiative gegenüber gesprächsbereit. 

"Unser Vorstand hat während der Einzugs-Performance vor dem Haus gute Gespräche mit der Initiative gehabt, und wir haben signalisiert, dass man mit Ideen gerne auf uns zukommen kann", sagt eine Sprecherin des Vereins. Bis es zu einer langfristigen Nachnutzung komme, sei beispielsweise denkbar, "das Haus kurzzeitig für spezielle Aktionen wie eine Chorprobe zu öffnen", so die Sprecherin. Man werde dann von Fall zu Fall entscheiden, was machbar sei.

Der Wunsch nach einer dauerhaften Nutzung durch die Initiative als Wohngruppe sei aber noch nicht angekommen, heißt es beim Verein für Inneren Mission. Das wundert wiederum Alexandra Schmiedke: Auch die Hulsberg-Genossenschaft habe dem Verein bereits Interesse signalisiert und sogar schon das Haus besichtigt.

"Es sollte angekommen sein, dass Menschen dort ein langfristiges Wohnprojekt umsetzen wollen", so die Sprecherin der Neustädter Initiative. Und wenn schon nicht auf Dauer, dann doch wenigstens so lange, bis eine andere Nutzung gefunden sei. "Leerstand ist die schlechteste aller Optionen", findet Schmiedtke.

Was sagt der Beiratssprecher zum Thema Leerstand?

"Ich finde es richtig, auch von Bürgerseite darauf aufmerksam zu machen, dass Leerstand in der Neustadt ein Problem ist", sagt Johannes Osterkamp (Grüne) zu dem Anliegen der Initiative. Der Sprecher des Neustädter Beirates hat ebenfalls den Eindruck, dass nicht nur etliche Wohnungen, sondern auch einige Gewerbeimmobilien leer stehen oder stark untergenutzt sind. "Wenn eines knapp ist im Stadtteil, dann ist es Raum – jeder Leerstand ist daher einer zu viel."

Bremenweit scheint das Problem weniger groß zu sein. Insgesamt habe Bremen eine geringe Quote an nutzbarem Wohnraum, der dem Mietmarkt entzogen sei, teilte kürzlich ein Mitarbeiter aus der Baubehörde mit. Die Leerstandsquote in Bremen liege derzeit bei 1,7 Prozent. 

Was sind die Pläne des Vereins für Innere Mission?

"Wir spüren das große Interesse im Stadtteil, dass das Altenheim nicht länger leer stehen soll", sagt eine Sprecherin der Inneren Mission. Und genau das sei auch der erklärte Wille des Vereins. "Von außen kann niemand sehen, was im Hintergrund läuft, aber da passiert ganz viel und wir bemühen uns um eine schnelle Nachnutzung", versichert sie. Der Verein hoffe, schon bald mitteilen zu können, wie es mit der Immobilie weitergeht.

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