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Huckelrieder Deichschart Radfahrverbot soll Lage entspannen

Rings um den Huckelrieder Deichschart am Werdersee sind täglich gefährliche Situationen zu beobachten, die sich zwischen Radfahrern und Fußgängern abspielen. Nun hat eine Anwohnerin ein Verbotsschild erkämpft.
30.03.2023, 05:00 Uhr
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Radfahrverbot soll Lage entspannen
Von Karin Mörtel

Da hätte es beinahe gekracht: Im letzten Moment drückt sich die Frau mit ihrem Hund an der Leine in eine Hecke am Wegesrand, sonst hätte der wild klingelnde Radfahrer sie womöglich angefahren. Situationen wie diese hat Bettina Gienapp am Huckelrieder Deichschart schon häufig gesehen und auch selber erlebt.

Sie wohnt in der Nachbarschaft und geht regelmäßig auf dem Deich rings um den roten Kiosk am Werdersee spazieren. Ende Juni vergangenen Jahres, so berichtet sie, habe es ihr gereicht mit den rücksichtslosen Radfahrern auf dem Weg oberhalb des Deichschartes.

Auseinandersetzungen zwischen Radfahrern und Fußgängern

"Da hat mich ein Radfahrer sogar angerempelt, weil ich ihm aus seiner Sicht offenbar zu wenig Platz gemacht hatte", so Gienapp. Und Platz sei nun einmal Mangelware auf dem recht schmalen Weg entlang der Grundstücke, die direkt an den Deich angrenzen.

Als ihr kurz darauf eine Nachbarin auch noch von einer Ohrfeige berichtet habe, die eine Passantin von einem aufgebrachten Radfahrer erhalten habe, habe sie beschlossen, zu handeln.

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Als Ergebnis ihres Engagements stehen nun seit wenigen Tagen Schilder, die Radfahrern die Fahrt über den schmalen Weg verbieten.

Viel Betrieb rings um den Kiosk am Werdersee

Das Thema ist keineswegs neu: In den vergangenen Jahren wurde auch im Beirat Neustadt häufiger diskutiert, wie der parallel verlaufende Weg vor dem roten Kiosk für Fußgänger und die Kiosk-Kundschaft sicherer werden kann angesichts der vielen Radfahrer, die dort vorbeifahren.

Weil auch auf diesem Weg, der unterhalb des Deichschartes verläuft, Beinahunfälle keine Seltenheit sind. Denn der Weg am Werdersee wird nicht nur von Radwanderern und Erholungssuchenden, sondern auch von vielen Pendlern aus dem Umland und dem Bremer Süden mit dem Fahrrad genutzt.

Zunächst wollte Gienapp zum Schutz der Fußgänger daher erreichen, den direkt vor dem Deichschart und Kiosk verlaufenden Weg für den Radverkehr sperren zu lassen und den oberen Weg dann ausschließlich für Radfahrer freizugeben. Doch in der zuständigen Umweltbehörde wurde dieser Vorschlag umgehend abgelehnt.

Behörde: Weg am Wasser ist breit genug

"Das können wir nicht genehmigen, dafür ist der Weg am Wasser mit etwa fünf Metern zu breit, das haben wir auf vielen anderen Fuß- und Radwegen nicht", sagt Iris Bryson aus der Umweltbehörde dazu. Theoretisch also reichlich Raum, damit sich alle Menschen – auch bei recht viel Betrieb – gegenseitig ausweichen könnten.

Eine gewisse Gefahrenlage direkt vor dem Kiosk werde durchaus gesehen, heißt es aus der Umweltbehörde dazu. Aber die reiche nicht aus, um einen Weg dieser Breite für den Radverkehr komplett zu sperren.

"Wenn alle gegenseitig Rücksicht nehmen mag das ja sein", gibt Gienapp zu bedenken. Sie wolle auch keineswegs alle Radfahrer schlecht machen, "aber es gibt einige, die dort einfach nur in hohem Tempo durch wollen – und dabei andere Menschen gefährden."

Aus ihrer Sicht hat der Radverkehr außerdem in den vergangenen Jahren an dieser Stelle durch die zahlreichen Neubaugebiete stark zugenommen. Zusätzlich sind immer mehr Menschen auf E-Bikes unterwegs. "Dadurch ist das Tempo stark gestiegen", so Gienapp.

Radfahrverbot für Weg über dem Deichschart durchgesetzt

In einem zweiten Anlauf hat Gienapp dann im Spätsommer ein Radfahrverbot für den oberen Weg beantragt. Über 100 Unterschriften hatte sie zu diesem Zweck in der Nachbarschaft gesammelt, um ihrem Anliegen Nachdruck zu verleihen. Mit Erfolg, immerhin einige Monate später stehen die Schilder nun an ihrem Platz.

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"Dort ist der Weg wirklich sehr schmal und die Gefahr dadurch viel höher, dass etwas passiert, daher können wir es dort vertreten, Verbotsschilder aufzustellen", begründet Iris Bryson aus der Umweltbehörde die Entscheidung. Zumindest für die kommenden vier Jahre wird es wohl dabei bleiben.

Mit Deichumbau soll weitere Verbesserung kommen

Danach steht die Ertüchtigung des Deichs an dieser Stelle an. Und in diesem Zuge würden die Wege dann ohnehin so geplant, "dass wir eine grundsätzliche Verbesserung der Situation erreichen", kündigt Bryson an.

Bettina Gienapp ist zunächst froh, "dass Fußgänger jetzt wenigstens oben am Deich unbehelligt laufen können". Als Radgegnerin will sie sich aber deswegen nicht verstanden wissen: "Ich bin selbst mit dem Rad unterwegs und finde gut, dass die Radwege immer mehr ausgebaut werden. Aber das darf nicht zulasten der Fußgänger gehen."

Zur Sache

Gesetzliche Grundlage ist das Naturschutzgesetz

Der Grünzug am Werdersee zwischen Dammacker und Deichschart gehört zu den öffentlichen Grünanlagen der Stadt. Gesetzliche Grundlage für die Nutzung solcher Grünflächen ist der Gemeinbrauch, der im Bremischen Naturschutzgesetz verankert ist. Heißt im Klartext: Jeder Mensch, der die Grünanlage betritt oder auf dem Fahrrad befährt, muss sich so verhalten, dass er keinen anderen Menschen gefährdet oder stört.

Radfahren ist zulässig, Radfahrer müssen sich aber unterordnen, langsam und umsichtig fahren. Gegenseitige Rücksichtnahme ist oberstes Gebot. Denn die Grünanlagen dienen laut Umweltbehörde in erster Linie der Erholung und seien keine öffentlichen Verkehrsflächen.

Dass das in der Realität nicht immer so gelebt wird, ist auch in der Behörde unbestritten. Dennoch sei es nur an Stellen sinnvoll, Verbote zu verhängen, wo extreme Gefahrensituationen erwartbar seien.

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