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Fußgänger gefährdet? Petition gegen Radfahren in den Wallanlagen

Sollen Radler weiterhin durch die Wallanlagen fahren dürfen? Nein, findet eine Bremerin und hat eine Petition dagegen auf den Weg gebracht. An deren Erfolg muss jedoch aus mehreren Gründen gezweifelt werden.
30.06.2022, 05:00 Uhr
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Petition gegen Radfahren in den Wallanlagen
Von Ralf Michel

Eine Bremer Bürgerin fordert, das Radfahren in den Wallanlagen zu verbieten, und hat sich deshalb an den Petitionsausschuss der Bürgerschaft gewandt. Die Radler würden mit hoher Geschwindigkeit  von der Kreuzung Wall/Ostertor in die schmalen Wege der Wallanlagen fahren und dort aufgrund ihrer Fahrweise die Fußgänger behindern und gefährden, argumentiert die Frau. Während Weltstädte wie New York es schafften, ihren Central Park als Erholungsort im Gegensatz zum lebendigen Zentrum zu vermarkten, müssten Spaziergänger in den Wallanlagen ständig den Radverkehr im Auge haben.

„Die Wallanlagen Bremen stehen als älteste öffentliche Grünanlage der Stadt seit 1978 unter Denkmalschutz", heißt es in der Petition der Bremerin. Tatsächlich gebe es in diesem garten- und kunsthistorischen Gartendenkmal viel zu entdecken, sofern man dafür die Ruhe und Muße hätte. Mit der sei es aber wegen des Radverkehrs nicht weit her. Und es dürfte in dieser Hinsicht eher noch schlimmer werden, fürchtet die Verfasserin der Petition. Denn mit der Realisierung des Wallrings und der Fahrradbrücke werde der Radverkehr in den Anlagen zunehmen, weil die Verbindung vom Wallring zur Expressstrecke Richtung Uni/Horn über die Bischofsnadel nicht geklärt sei. Im Plan sei hier ein Abzweig im rechten Winkel eingezeichnet. "Wie der Höhenunterschied überwunden werden soll, kann ich mir nicht vorstellen."

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In ihrer Petition präsentiert die Bremerin auch gleich einen Vorschlag, wie das Problem aus ihrer Sicht zu lösen wäre: "Anstatt durch die Wallanlagen zu fahren, könnten die Radfahrer durch die Contrescarpe geführt werden und so zusätzlich die kleine Wallbrücke beim Präsident-Kennedy-Platz entlasten."

Am Freitag, 1. Juli, wird sich der Petitionsausschuss der Bürgerschaft in Form einer öffentlichen Anhörung dieses Themas annehmen und entscheiden, wie damit weiter umgegangen wird. Wie alle Petitionen wurde auch diese sechs Wochen lang veröffentlicht, fand bislang allerdings insgesamt lediglich elf Unterzeichner. Was für das Verfahren aber keine Rolle spiele, betont Claas Rohmeyer (CDU), Vorsitzender des Petitionsausschusses. "Für uns macht es keinen Unterschied, wie viele Zeichner eine Petition hat, sie werden alle gleich ernst genommen." Im Ausschuss wird nach der Anhörung über die Petition abgestimmt, dann ein Abschlussbericht für die Bürgerschaft verfasst, wo die Angelegenheit abschließend behandelt wird.

Keine Sondernutzung

Dass dieser Vorstoß Erfolg haben wird, darf allerdings bezweifelt werden. Die zuständige Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau, Maike Schaefer, verweist in ihrer Stellungnahme auf das Bremische Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz. Das sieht in Paragraf 29 den sogenannten „Gemeingebrauch“ von öffentlichen Grünanlagen vor, der im Kern aussagt, dass alle Benutzer sich in Grünanlagen so zu verhalten haben, dass kein anderer gefährdet, geschädigt oder in seiner Erholungssuche gestört wird. Das rücksichtsvolle Radfahren in Grünanlagen sei keine Sondernutzung, sondern stelle "eine Nutzung im Sinne des Gemeingebrauchs dar und ist damit zulässig".

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Ziel ihres Hauses sei es, das Miteinander von Radfahrenden und zu Fußgängern zu verbessern, betont Schaefer. Hierzu wurde schon 2020 gemeinsam mit dem ADFC die Kampagne „fahr runter“ initiiert, die die gegenseitige Rücksichtnahme aller Verkehrsteilnehmer als Ziel hat. In Zusammenarbeit mit dem ADFC soll nun in einer weiteren Öffentlichkeitskampagne darauf hingewiesen werden, dass die Nutzung der öffentlichen Grünanlagen in Bremen durch Fußgänger und Radfahrer bei gegenseitiger Rücksichtnahme zu erfolgen hat.

In den Plänen für "Centrum Bremen 2030+" ist eine Maßnahme enthalten, mit der eine Radverkehrsverbindung zwischen Kennedyplatz und der Fahrradroute Wallring entwickelt werden soll, erläutert die Senatorin. Im Handlungskonzept zur autofreien Innenstadt werde die Sensibilität der Wallanlagen als denkmalgeschützte Grünanlage benannt sowie das Ziel formuliert, Konflikte zwischen Fußgängern und Radfahrern zu vermeiden. Und damit nicht genug: In einer Machbarkeitsstudie wird laut Schaefer untersucht, ob eine Lösung innerhalb der Wallanlagen gefunden werden kann oder die Umfahrung über die Contrescarpe ertüchtigt werden soll. "Damit wird dem Anliegen der Petentin entsprochen, die vorhandenen Konflikte zukünftig zu lösen."

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Denkmalpflege hat keine Bedenken

Der Denkmalschutz hat nichts gegen Radler in den Wallanlagen. "Wir stehen zu der getroffenen Regelung und wollen das Radfahren in den Wallanlagen nicht verbieten", sagt Landeskonservator Georg Skalecki. Die Wege seien befestigt und litten nicht unter der Radnutzung, und auf der Hauptroute zur Bischofsnadel gebe es getrennte Wege, die das ungestörte und ungefährdete Flanieren für Spaziergänge möglich machten. Ansonsten gehe man von gegenseitiger Rücksichtnahme aus. "Insofern hat die Denkmalpflege nichts gegen eine rücksichtsvolle Nutzung der Wallanlagen auch durch Radverkehr."

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