Wer kennt sie nicht, die Durchsagen im Verkehrsfunk, dass sich auf der Weserbrücke zwischen den Anschlussstellen Arsten und Hemelingen auf der Autobahn 1 wieder einmal der Verkehr staut. Das tut er derzeit an mehr als 300 Stunden im Jahr. Täglich befahren etwa 130.000 Fahrzeuge diesen Teil der A1, etwa 24 Prozent davon ist Schwerverkehr. Für 2030 erwarten die Verkehrsexperten gar 146.000 Fahrzeuge pro Tag.
Das Verkehrsaufkommen wiegt im wörtlichen Sinne schwer auf der Weserbrücke A1, erläuterten kürzlich Abteilungsleiter Jörn Kück und Baubevollmächtigter Sebastian Max von der Deges, der Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, die mit der Planung beauftragt ist, dem Beirat Obervieland. „Eine Sanierung ist dringend erforderlich, weil diverse Ermüdungsschäden in der Stahlkonstruktion der 1962 erbauten Strombrücke aufgetreten sind, auch ist die Strombrücke für die prognostizierte Verkehrsbelastung statisch nicht ausgelegt“, sagte Kück.
Spurrinnen in der Fahrbahn
Inzwischen seien extreme Spurrinnen auf Strom- und Vorlandbrücke ebenso aufgetreten wie erhebliche Schäden an den Leitplanken. Die vierte Spur ist derzeit gesperrt, ein Überholverbot für Lkw und Abstandsfahrgebote sind angeordnet. Doch daran werde sich nicht immer gehalten, konstatierte Kück.
Im vergangenen Jahr wurde daher die Auftragsvergabe für den Bau vorbereitet, im April erfolgte die Auftragsvergabe an eine Arbeitsgemeinschaft, gebildet aus der Strabag, Schachtbau Nordhausen und der Leonhard Weiss Bauunternehmung. Das Bauvolumen der Hauptbauleistung beträgt etwa 89 Millionen Euro. Die Gesamtbauzeit wurde mit vier Jahren, bis April 2028, veranschlagt.
Schadstoffe im Korrosionsschutz
„Die Maßnahme ist sehr aufwendig, da die Umsetzung bei laufendem Verkehr erfolgen muss“, sagte Max. Die Stahlbaumaßnahme sei zudem technisch höchst anspruchsvoll. So ist der Materialtransport schwerer Bauteile extrem aufwendig, da im Inneren der Stahlhohlkästen, die die Brückenkonstruktion bilden, nur kleinteilig gearbeitet werden kann. Zudem ist der Korrosionsschutz der Brücke mit Asbest und diversen weiteren Schadstoffen durchsetzt, die in der Konsequenz umfangreiche Arbeits- und Sicherheitsmaßnahmen nötig machen. Zu guter Letzt ist die Baulogistik unterhalb der Brücke extrem aufwendig, da hier die Herstellung eines Fähranlegers auf der Arster Seite erforderlich ist. Auf der Hemelinger Seite sei der Unterbereich der Brücke gut erreichbar.
Da zudem ein achtstreifiger Ausbau vorgesehen ist, müssten auch am Rand Einfädelungs-, Ausfädelungs- und Verflechtungsstreifen neu geplant werden. Im Zuge dieser Planungen seien außerdem Lärmschutzgutachten in Auftrag gegeben worden, deren Ergebnisse in die Planungen einfließen würden, versicherte Max.
Minimierung von Provisorien
Die Bauabschnitte würden in Reihenfolge der Dringlichkeit, der Verkehrsbelastung und der unkomplizierten Herstellung, bei der kein Wechsel der Richtungsfahrbahn innerhalb eines Abschnitts nötig wird, abgearbeitet. Außerdem spiele die Minimierung von Provisorien, insbesondere an Bauwerken, eine Rolle.
Der erste Bauabschnitt ist somit die Erneuerung der Weserbrücke auf einer Länge von sechs Kilometern. Für die Brückenkonstruktion stünden derzeit entweder eine Netzbogenbrücke oder eine Schrägkabelbrücke zur Diskussion. Im Mai haben die Arbeiten begonnen. Sie finden überwiegend unter der Brücke in den Brückenkästen statt.
Sperrungen ab Frühjahr 2025
Während der Arbeiten kommt es zu Behinderungen auf der Brücke. Ab April wird auf der Brücke eine der drei Richtungsfahrbahnen nach Osnabrück eingeschränkt, die Richtungsfahrbahnen nach Hamburg bleiben frei. Ab August kommenden Jahres ist der eigentliche, einschneidende Effekt geplant: Die drei Fahrbahnen plus Randstreifen in Fahrtrichtung Hamburg werden gesperrt. Die Arbeiten dauern etwa ein Jahr. Ab September 2026 wird die Baustellen-Situation gespiegelt. Dann werden bis Dezember 2027 die Richtungsfahrstreifen in Fahrtrichtung Osnabrück gesperrt. „Wir hoffen, dann ab Dezember 2027 die Baustelle bis April 2028 wieder zu räumen und alles schick zu machen, der Verkehr soll dann aber bereits wieder uneingeschränkt fließen können“, so Max.
Ewald Stehmeier (CDU) wollte wissen, warum die Weserbrücke nicht schon vor Jahren ersetzt wurde, da man bereits damals von dem schlechten Zustand wusste. „Wir reden über diese Sanierung bereits seit 20 Jahren. Was passiert, wenn die Brücke morgen bricht“, fragte er.
Deutschlandweites Problem
Max erläuterte, dass bei einer Stahlbrücke vier Gefährdungskategorien unterschieden würden. „Derzeit haben wir Schäden in der Kategorie eins und zwei, das sind die unkritischsten Schäden. Erst wenn wir einen Schaden in der Kategorie vier, beiden Trägern, haben, wird es kritisch.“ Es würden jetzt in engen Abständen Bauwerksprüfungen durchgeführt, denn ein Bruch würde sich vorher ankündigen, führte Max aus.
Das Problem mit maroden Brücken bestehe in ganz Deutschland. Der Bund wolle verhindern, dass von einem Tag auf den anderen eine Brücke, wie etwa im Sauerland geschehen, aus dem Verkehrsnetz genommen werden müsse, erläuterte Kück. „Hier wird der Bund nicht auf das Geld gucken, sondern, das Netz bestmöglich instand setzen“, so Kück. Ansonsten ginge der volkswirtschaftliche Schaden um ein Vielfaches über die 89 Millionen Euro Sanierungskosten hinaus. Die Sanierung halte voraussichtlich zehn bis 15 Jahre, so Kück. Dann werde ein Neubau fällig.