Eigentlich sollte es nun mit dem Auslaufen vieler Corona-Auflagen wieder losgehen mit dem uneingeschränkten Sportvergnügen in Bremens Turnhallen. Doch der Krieg in der Ukraine macht aus der Heinz-Thiele-Halle in Blockdiek eine Unterkunft für Kriegsflüchtlinge – nicht zum ersten Mal.
Die jüngste Sitzung des Stadtteilbeirats Osterholz sollte eigentlich ganz unter dem Schwerpunkt Sport laufen, doch die aktuellen Ereignisse bestimmten auch auf unterster politischer Ebene das Geschehen. Ganz aktuell erreichte Ortsamt und Beirat vor der Sitzung die Nachricht, dass die Heinz-Thiele-Halle als Notunterkunft für ukrainische Kriegsflüchtlinge genutzt werden soll.
Betroffenheit über Krieg
Seit vergangenen Sonntag betreibt die Johanniter-Unfall-Hilfe die Notunterkunft an der Mühlheimer Straße. Schon am Sonntag sind die ersten 38 geflüchteten Menschen eingetroffen, es folgten weitere Ukrainer an den folgenden Tagen. 20 ehrenamtliche Hilfskräfte versorgen die Menschen, darunter vor allem Frauen und Kinder, vor Ort mit dem Nötigsten. Nach Angaben der Johanniter herrsche ein bedrückendes Schweigen in der Halle. Die Geflüchteten sollen nach Angaben der Johanniter nur für kurze Zeit in der Halle untergebracht werden. Die Hilfsorganisation spricht in diesem Zusammenhang von ein bis wenige Tage, bis sie einen Platz in einer regulären Unterkunft bekommen können.
"Ich glaube, dazu gibt es keine Alternative", so Ortsamtsleiter Ulrich Schlüter, dem die Betroffenheit über den Krieg sichtlich anzumerken war, über die Nutzung der Halle als Notunterkunft. Einer Ansicht, der sich der Beirat und auch die Sportvereine anschlossen. Mit einem einstimmigen Beschluss erklärten sich Ortsamt und Beirat bereit, die Halle für die Unterbringung zur Verfügung zu stellen.
Gleichzeitig sollen die zuständigen senatorischen Behörden für einen Ausgleich von ausfallenden Übungszeiten für Kitas, Schulen und Vereinen sorgen. Des Weiteren bittet der Beirat, auch künftig das Ortsamt sowie das Quartiersmanagement Blockdiek über die Modalitäten einer Belegung zu unterrichten.
Der letzte Satz ist ein Hinweis darauf, dass das übliche Beteiligungsverfahren mit Ortsamt und Beirat nicht durchgeführt wurde – das verdeutlicht wie dringend die Sozialbehörde nach Unterbringungsmöglichkeiten sucht.
Die Heinz-Thiele-Halle ist nicht zum ersten Mal eine Notunterkunft für Kriegsflüchtlinge. Schon 2015/2016 fanden hier Kriegsflüchtlinge aus Syrien eine befristete Behelfsunterkunft, die eigentlich als zumindest mittelfristig sanierungsbedürftig gilt. Es gab außerdem Gedankenspiele, die Halle ganz abzureißen, diese wurden dann allerdings nicht mehr weiterverfolgt. Mit dem Beginn der Corona-Epidemie war dann schnell wieder Schluss mit Sport in der Halle.
Aufruf zu Toleranz
In einem zweiten Beschluss zum Ukraine-Krieg fordert der Beirat die Bewohner in Osterholz auf, russischsprachige Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht zu diskriminieren. In Osterholz lebten 4800 Menschen, die sowohl aus der russischen Föderation, aber auch aus der Ukraine und den dortigen Nachbarländern wie Polen, Rumänien und Slowakei stammen.
In dem Beschluss heißt es, dass das Ortsamt erste Informationen erhalten habe, dass Frauen, die russisch sprächen, aber auch Kinder, die in Osterholz zur Schule gingen, auf ihre russische Herkunft angesprochen und diskriminiert würden. Und weiter: "Wir fordern daher die Mitbürgerinnen auf, die hier lebenden Menschen mit russischen Wurzeln nicht für das Verhalten und Handeln von Herrn Putin in Haftung zu nehmen. Dies gilt insbesondere auch für jene Bürgerinnen und Bürger aus der russischen Föderation, die, wie wir aus unseren Medien erfahren, auch auf die Straße gehen, um gegen den Krieg in der Ukraine zu demonstrieren."